St. Goarshausen

Seit Tagen im Ausnahmezustand: Helfern sieht man Strapazen an

200 Einsatzkräfte kontrollierten die Bergfahrt von 92 Schiffen am Freitag. Hier wird die Bewegung des Havaristen bei der Passage gemessen.
200 Einsatzkräfte kontrollierten die Bergfahrt von 92 Schiffen am Freitag. Hier wird die Bewegung des Havaristen bei der Passage gemessen. Foto: Jens Weber

Auch viele Tage nach der Havarie eines mit Schwefelsäure beladenen Tankers herrscht in St. Goarshausen sichtbar der Ausnahmezustand.

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St. Goarshausen. Auch viele Tage nach der Havarie eines mit Schwefelsäure beladenen Tankers herrscht in St. Goarshausen sichtbar der Ausnahmezustand.

Auf dem Parkplatz nahe der Rheinfähre stehen dicht an dicht Polizeiwagen, entlang der Bundesstraße 42 Feuerwehr- und Sanitätsfahrzeuge. „Wir sind nach wie vor mit rund 200 Einsatzkräften damit beschäftigt, die möglichst gefahrenfreie Bergung des Schiffes vorzubereiten“, sagt Günter Kern, Landrat des Rhein-Lahn-Kreises und Einsatzleiter.

Helfer traurig und enttäuscht beim Gedanken an immer noch vermisste Bootsmänner

Kern stehen wie allen anderen ehren- und hauptamtlichen Helfern, die seit Tagen im Lagezentrum und auf dem Rhein mit dem Schiffsunfall zu tun haben, die Strapazen ins Gesicht geschrieben. Sie alle sind traurig und enttäuscht, dass sie die beiden vermissten Besatzungsmitglieder wohl nicht mehr lebend finden werden.

Sie alle sind aber entschlossen und zuversichtlich, dass die Bergung des großen Tankschiffs reibungslos gelingt. Dies ist das Ziel aller, dafür arbeiten sie hart und konzentriert.

Polizeihubschrauber mit Wärmebildkamera kontrolliert, ob Tankschiff dicht hält

Über dem havarierten Schiff kreist ein Polizeihubschrauber. „Er ist mit einer empfindlichen Wärmebildkamera ausgerüstet“, sagt Helmut Oberle, Leiter der Wasser- schutzpolizei Rheinland-Pfalz. „Wir erfahren durch Kontrollmessungen, ob sich die Temperatur der Fracht verändert und die Schwefelsäure chemisch reagiert.“

Politiker machen sich Bild von der Situation

Mittags macht sich Bundesverkehrsstaatssekretär Klaus-Dieter Scheurle (CSU) an der Unglücksstelle ein Bild von der Lage. Er spricht von einem „furchtbaren Unglück in einer wohl ziemlich einmaligen Dimension“.

Nachmittags dann fährt eine kleine Gruppe von Journalisten mit dem Motorschiff „Wirbeley“ direkt am Havaristen vorbei. Mit an Bord: Ministerpräsident Kurt Beck, der sich aus nächster Nähe einen Eindruck von der Katastrophe verschafft. Die „Wirbeley“ gleitet ganz langsam dicht an der 110 Meter langen „Waldhof“ vorbei.

Binnenschiffer froh über Ende der langen Zwangspause

Auf der anderen Seite passieren zeitgleich Frachtschiffe in Abständen von 500 Metern wie an einer Schnur die Unglücksstelle. Zwei Kapitäne winken den Journalisten zu. Die Binnenschiffer sind nach Tagen der Zwangspause froh, dass für sie endlich wieder so etwas wie Alltag beginnt.

Doch zur Normalität ist es noch ein weiter Weg. Denn lediglich 92 Schiffe können bis Sonnenuntergang flussaufwärts fahren, die Talfahrt bleibt gesperrt. „Der starke Schraubenstrom würde den Havaristen treffen“, erklärt Oberle, der in seiner 33-jährigen Berufserfahrung einen Unfall solchen Ausmaßes noch nicht erlebt hat. „Ich kann mich nicht erinnern, dass die Schifffahrt jemals so lange gesperrt war“, sagt der Chef der Wasserschutzpolizei.

Experten von Mammoet sollen helfen – waren auch bei der Hebung der „Kursk“ dabei

In St. Goarshausen soll am Wochenende Johann Pastoor eintreffen, Experte des weltweit renommierten Bergungsunternehmens Mammoet. Die Vorbereitungen zur Hebung des Schiffs treten spürbar in die entscheidende Phase. „Ich hoffe, es kommt zu einem guten Ende“, sagt Kern und blickt auf die Uhr. Wieder ist ein Tag vorbei. za