Gegenzölle erheben? USA und EU auf Crashkurs

Von Birgit Marschall
Die USA steuert in der Handelspolitik seit Jahren einen Konfrontationskurs gegenüber der EU. Die neuen US-Strafzölle drohen den Zollstreit jetzt aber weiter zu eskalieren. Brüssel will aber erst mal abwarten.  Foto: Adobe Stock
Die USA steuert in der Handelspolitik seit Jahren einen Konfrontationskurs gegenüber der EU. Die neuen US-Strafzölle drohen den Zollstreit jetzt aber weiter zu eskalieren. Brüssel will aber erst mal abwarten. Foto: Adobe Stock

Die Bundesregierung und die EU-Kommission setzen trotz der angekündigten neuen US-Importzölle auf europäische Waren vorerst weiter auf Deeskalation im Handelsstreit mit den USA. Außenminister Heiko Maas (SPD) sei zunächst falsch interpretiert worden, erklärte ein Sprecher des Ministers. Maas wolle keine unmittelbare Gegenreaktion der Europäischen Union, sondern soll lediglich auf mögliche Sanktionen der EU gegen US-Produkte hingewiesen haben, die in einigen Wochen nach einer Entscheidung der Welthandelsorganisation WTO anstehen könnten. Ähnlich äußerten sich dann auch Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) und EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström.

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Scharfe Kritik an den US-Strafzöllen kam hingegen von Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU): „Dass unsere Landwirte in einen Streit um Flugzeugsubventionen hineingezogen werden und Leidtragende sind, ist für mich nicht hinnehmbar“, erklärte sie. „Wenn sich die Zollspirale nun dreht, dann werden auch die Verbraucher in den USA im wahrsten Sinne den Preis dafür zahlen.“ Deutschland habe daher stets eine Verhandlungslösung befürwortet und tue dies auch weiterhin. „Naiv sind wir aber nicht.“ Den USA solle sich darüber im Klaren sein, dass sich die Bundesregierung schützend vor die deutschen Bauern stellen werde. „Handel darf nicht nur einseitige Nachteile haben oder einseitige Vorteile.“

Schlichter der WTO hatten der US-Regierung zuvor das Recht zugesprochen, Strafzölle von bis zu 100 Prozent auf europäische Waren im Wert von 7,5 Milliarden Dollar (umgerechnet 6,8 Milliarden Euro) zu erheben. Grundlage ist ein WTO-Urteil von Mai 2018, mit dem der Streit über staatliche Subventionen für den europäischen Flugzeugbauer Airbus nach fast 15 Jahren zugunsten der USA ausgegangen war. Die Europäische Union ihrerseits hatte allerdings in einem ähnlichen Verfahren wegen unerlaubter US-Subventionen für den Airbus-Konkurrenten Boeing vor der WTO ebenfalls Recht bekommen. Sie erwartet zu Jahresbeginn 2020 einen Schlichterspruch über die Höhe erlaubter Sanktionen der EU gegen die USA.

Bei der Einfuhr von Flugzeugen wollen die USA vom 18. Oktober an eine zusätzliche Abgabe von 10 Prozent erheben, bei zahlreichen anderen Produkten wie Käse, Wein, Butter, Olivenöl und Kaffee wurde ein zusätzlicher Strafzoll von 25 Prozent verhängt. Die US-Regierung erklärte, bewusst nicht zu den maximal möglichen Strafzöllen von 100 Prozent gegriffen zu haben, um Raum für weitere Gespräche zu lassen. „Wir erwarten, mit der Europäischen Union in Verhandlungen zu treten, um diese Probleme in einer Weise zu lösen, die amerikanischen Arbeitern helfen wird“, erklärte der Handelsbeauftragte Robert Lighthizer.

Für die Bundesregierung und die EU besteht zwischen einer unmittelbaren Gegenreaktion und höheren EU-Zöllen nach dem erwarteten WTO-Schlichterspruch ein gravierender Unterschied: Mit einer direkten Reaktion würde sie den Handelsstreit weiter eskalieren, mit einer Reaktion auf Grundlage der WTO-Entscheidung dagegen lediglich die Interessen Europas wahren.

Entsprechend äußerte sich Wirtschaftsminister Altmaier. „Ich bedauere die Ankündigung der USA im WTO-Airbus-Fall, Zölle erheben zu wollen“, sagte Altmaier gegenüber unserer Zeitung. „Schon bald könnte die Europäische Union ebenfalls die Handhabe für Sanktionen haben“, warnte er. „Wir werden uns jetzt eng mit der Europäischen Kommission austauschen und gemeinsam das weitere Vorgehen abstimmen.“

Außenminister Maas hatte zuvor beklagt, die USA gingen weiter „den Weg der Konfrontation“. Die EU werde nun reagieren müssen und nach der Genehmigung durch die WTO wohl ihrerseits Strafzölle erheben. Europa sei aber nach wie vor dazu bereit, mit den USA gemeinsame Regeln für Subventionen in der Luftfahrtindustrie auszuhandeln, sagte Maas gegenüber der Funke Mediengruppe. „Noch besteht die Chance, weiteren Schaden von der Weltwirtschaft abzuwenden. Denn von offenem und fairem Handel profitieren alle.“

Trump hatte die WTO-Entscheidung begrüßt. „Das war ein großer Sieg für die Vereinigten Staaten“, sagte er. „Die WTO ist viel besser zu uns, seit ich Präsident geworden bin.“ EU-Handelskommissarin Malmström hatte die von den USA geplanten Strafzölle hingegen als „kurzsichtig und kontraproduktiv“ bezeichnet. Birgit Marschall