Seehofer oder Ude: Wer erobert Bayern?

Der Kampf scheint entschieden: Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) kann fest davon ausgehen, dass er seinen Posten nach der Landtagswahl am kommenden Sonntag behalten darf – möglicherweise sogar wieder mit einer absoluten Mehrheit im Rücken.

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Von Christoph Trost

Schließlich hatte die CSU in jüngsten Umfragen bis zu 6 Prozentpunkte Vorsprung – und zwar vor allen vier anderen derzeit im Landtag vertretenen Parteien zusammengenommen. Seehofer aber kämpft bis zum Schluss – und wirkt dabei alles andere als gelassen und entspannt.

Zuletzt beim TV-Duell mit seinem Herausforderer Christian Ude (SPD) am vergangenen Mittwoch: Da war der Regierungschef längst nicht so souverän, wie das viele von ihm erwartet hatten. Während Ude streckenweise beherzt in die Offensive ging, wirkte Seehofer nervös und gereizt wie seit Langem nicht. Seehofer ist ein erfahrener Wahlkämpfer, wie er auch gern selbst betont.

Doch diesmal steht er vor der größten Herausforderung seiner Karriere: Er ist der Hauptverantwortliche für das Abschneiden der CSU bei der Landtagswahl, die er deshalb schon vor langer Zeit zur „Mutter aller Schlachten“ ausgerufen hat. Schafft er nach dem CSU-Desaster vor fünf Jahren die Rückkehr zur Alleinherrschaft, wird er als Held gefeiert werden.

Sollte er aber verlieren und die CSU müsste nach mehr als fünf Jahrzehnten Vorherrschaft im Freistaat tatsächlich in die Opposition, wird das wohl das Ende seiner Karriere sein. Vor zwei Jahren, als der populäre Münchner Oberbürgermeister Ude seinen Hut in den Ring warf, da hätte der CSU genau das gedroht: Damals lagen die Christsozialen in Umfragen zeitweise hinter dem von Ude angestrebten Dreierbündnis mit Grünen und Freien Wählern.

46 Prozent geben an, noch unentschlossen zu sein

Das ist gefühlt eine Ewigkeit her. Und doch warnt Seehofer seine Partei seit Monaten immer wieder eindringlich vor Siegesgewissheit. Denn er weiß: Immer mehr Menschen entscheiden sich erst kurz vor der Wahl, ob und wen sie wählen. In einer aktuellen Umfrage gaben sage und schreibe 46 Prozent an, noch völlig unentschlossen zu sein. Der Blick von Seehofer, Ude und Co. richtet sich vor allem auf diese Gruppe.

Welche Seite schafft es, diese Unentschlossenen zu überzeugen? Und: Welche Partei schafft es am besten, die eigenen Anhänger zu mobilisieren? Das sind die zentralen Fragen kurz vor der Wahl. Unvergessen ist in der CSU, wie es vor fünf Jahren lief: Da hatte keine einzige Umfrage den Absturz von mehr als 60 auf nur noch 43,4 Prozent auch nur annähernd befürchten lassen. Das werde sich diesmal nicht wiederholen, betonen führende Christsoziale.

Denn die Stimmung in Bayern ist in diesem Wahlkampf wieder eine ganz andere. Auch Christian Ude gibt nicht auf – obwohl es den Umfragen zufolge sehr unwahrscheinlich ist, dass er die Staatskanzlei erobern kann. Wobei in allen Rechenspielen die FDP eine wichtige Rolle einnimmt: Schaffen die Liberalen den Wiedereinzug in den Landtag, dann ist praktisch ausgeschlossen, dass die Opposition Schwarz-Gelb überflügelt.

Anderseits lag die CSU zuletzt bei 47 bis 48 Prozent – und würde die FDP damit überhaupt nicht brauchen. Ude hat im Wahlkampf gleich mehrere Schwierigkeiten: Erstens kann er nicht mit einem klaren rotgrünen Alternativprojekt aufwarten, sondern er bräuchte zum Regieren immer die Freien Wähler – und die wollen sich nicht auf eine Wunschkoalition festlegen. Zweitens geht es den meisten Bayern nicht schlecht, weshalb die Argumentation, warum ein Wechsel her muss, etwas schwieriger ist.

Und drittens hat Seehofer der Opposition reihenweise Wahlkampfthemen weggeschnappt: Die Studiengebühren wurden abgeschafft, der sanfte Donauausbau wurde beschlossen – beides seit Jahren Kernforderungen der Opposition. Seehofer hat die CSU bei beiden Themen zur Umkehr gezwungen.

Die polarisierenden Themen fehlen den Sozialdemokraten

Einerseits kann Ude deshalb genüsslich behaupten, dass noch keine Opposition so erfolgreich gewesen sei wie die aktuelle – weil die CSU schon vor der Wahl deren Forderungen umsetze. Andererseits fehlen der Opposition damit einige polarisierende Wahlkampfthemen. Ein Thema hat zuletzt Seehofer gesetzt: mit seiner knallharten und penetrant vorgetragenen Forderung nach einer Pkw-Maut für Ausländer.

Und da ist interessant: Nach einer aktuellen Umfrage bezweifelt die Mehrheit der Bayern und sogar die Mehrheit der CSU-Anhänger, dass auf Seehofers vollmundige Worte Taten folgen werden und er die Maut durchsetzen kann. Dem CSU-Ergebnis schadet das aber offenbar ebenso wenig wie die Affäre um Vetternwirtschaft im Landtag, von der vor allem CSU-Politiker betroffen waren: In genau dieser Umfrage lag die CSU bei 48 Prozent.