Stockholm

Schweden macht Grenzen dicht

Am Bahnhof des Kopenhagener Flughafens Kastrup müssen alle Zugreisende in Richtung Schweden ihre Pässe zeigen.  Foto: dpa
Am Bahnhof des Kopenhagener Flughafens Kastrup müssen alle Zugreisende in Richtung Schweden ihre Pässe zeigen. Foto: dpa

Die Schwedin Monika Engström hatte die Grenze zwischen Schweden und Dänemark eigentlich schon fast vergessen. Seit vielen Jahren fährt die Hotelangestellte täglich mit der S-Bahn von Südschweden über die Öresundbrücke nach Kopenhagen zum Arbeiten. Der Großraum Kopenhagen und die schwedische Region Schonen um Malmö sind in den vergangenen 15 Jahren dank der Öresundbrücke zu einem Lebensraum zusammengewachsen. Er war das Paradebeispiel grenzenloser europäischer Integration. Insgesamt passieren täglich rund 95 800 Menschen den Öresund.

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Von unserem Korrespondenten André Anwar

Damit ist nun erst mal Schluss. Zu der halbstündigen Bahnfahrt dürften laut Zugbetreiber bis zu 50 Warteminuten hinzukommen. Im Bahnhof des Kopenhagener Flughafens Kastrup stellt der Däne Henrik Droob mürrisch Schilder mit der Aufschrift „Bitte Pässe bereithalten“ am Bahnsteig auf. Eigentlich müsse man die EU-Außengrenzen abdichten und nicht die innerhalb der EU, findet er. Schon am ersten Tag der Wiedereinführung von flächendeckenden Passkontrollen müssen sämtliche Zugreisende von Dänemark nach Schweden zunächst aussteigen und das Gleis über Rolltreppen wechseln. Ein Zaun auf dem Bahnsteig verhindert das direkte Umsteigen. In Schleusen begutachten rund 150 Kontrolleure streng die Ausweise und fotografieren sie.

Die Schwedin Eva, die auch zur Arbeit pendelt, sagt: „Das wird täglich unglaubliche Probleme bringen. Ich konnte tagelang nicht schlafen, weil ich nicht weiß, ob ich mit all den Staus jeden Tag nach Dänemark zur Arbeit pendeln will. Ich pendle seit 14 Jahren, aber das wird zu viel.“ Kopenhagens Bürgermeister Frank Jensen warnt: „Diese Grenzkontrollen verschlechtern die wirtschaftliche Lage in unserer Region.“

Die rot-grüne Regierung Schwedens hat im Dezember allen Unternehmen, die Menschen mit Zügen, Bussen oder Fähren von Dänemark oder Deutschland nach Schweden bringen, verboten, Flüchtlinge ohne Papiere mitzunehmen. Laut schwedischer Ausländerbehörde hat ein zunehmend großer Anteil 2015 keine Pässe vorzeigen können. Um zu sehen, ob die Unternehmen auch konsequent sind, kontrolliert die schwedische Polizei zusätzlich auf schwedischer Seite. Schweden beruft sich dabei auf das Schengen-Abkommen. Denn sowohl Deutschland als auch Dänemark gelten als sichere Herkunftsländer. Vor allem das Flüchtlingen gegenüber restriktive Dänemark war bislang Transitland für Flüchtlinge nach Schweden. Als Reaktion auf Schwedens Kontrollen kündigte Dänemark nun Kontrollen an der deutschen Grenze an.

Schweden hat auf die Gesamtbevölkerung gerechnet noch weit vor Deutschland am meisten Flüchtlinge in der EU aufgenommen. Es habe seine Pflicht erfüllt, lautet der Tenor aus Stockholm. Die Anzahl der Flüchtlinge, die nach Schweden kommen, ist bereits seit Anfang Dezember drastisch auf unter die Hälfte pro Woche gesunken, vor allem wegen der Vorankündigung der verschärften Regeln Ende November.