Berlin

Pisa-Studie: Mathe Mittelmaß, Pünktlichkeit Weltspitze

Eine der Aufgaben aus dem neuen Pisa-Test. Beim neuen internationalen Schulvergleich lag der Schwerpunkt neben Lesevermögen und Naturwissenschaften auf Mathematik. 510 000 Schüler aus 65 Staaten und Regionen haben teilgenommen. Die Lösung lautet übrigens B. Hätten Sie's gewusst?
Eine der Aufgaben aus dem neuen Pisa-Test. Beim neuen internationalen Schulvergleich lag der Schwerpunkt neben Lesevermögen und Naturwissenschaften auf Mathematik. 510 000 Schüler aus 65 Staaten und Regionen haben teilgenommen. Die Lösung lautet übrigens B. Hätten Sie's gewusst? Foto: Illustration: Svenja Wolf

Mit ihren Schulleistungen können sich 15-Jährige in Deutschland auch im neuen internationalen Pisa-Vergleich im Mittelfeld behaupten – wie schon beim Test 2009.

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Von Karl-Heinz Reith

Doch die neue OECDUntersuchung fördert zugleich auch neue Dinge aus dem Innenleben deutscher Schulen zutage, die bislang nicht so bekannt waren: So erscheinen hierzulande die Schüler viel pünktlicher zum Unterricht als in den meisten anderen Industriestaaten. Sie schwänzen auch viel seltener.

Und 70 Prozent der Schüler glauben, dass im Grunde an ihrer Schule „alles sehr gut läuft“. Nach den vielen Hiobsbotschaften in den vergangenen Jahren über die Schwächen der deutschen Schulen hörten die Kultusminister der Länder das Lob sehr gern. Auch Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU) strahlte in der Bundespressekonferenz.

Lange hatte kein Bundesminister mehr persönlich an Pisa- Präsentationen teilgenommen. Ihre SPD-Vorgängerin Edelgard Bulmahn war vor Jahren vom Kanzleramt sogar strikt „Abwesenheit“ verordnet worden, damit die schlechten deutschen Ergebnisse nicht auch noch der Bundesregierung angelastet würden.

Lob für deutsche Schulen

Auch der sonst so tiefe Interpretationsgraben zwischen den Pisa- Forschern der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) und den deutschen Bildungsministern scheint nun zugeschüttet. OECDBildungsdirektorin Barbara Ischinger hatte in Berlin nur Worte des Lobes für das Streben deutscher Schulen nach Verbesserungen.

Den OECD-Experten Andreas Schleicher hatte man vorsorglich auf Pisa- Tournee nach Washington geschickt. Schleicher war bisher der schärfste Kritiker des deutschen Bildungssystems. So manchen Bildungsminister hatte er in den vergangenen Jahren mit seinen Zahlenwerken zur Weißglut gebracht. Pisa, Iglu, Tims und Vera: Die deutschen Schulen werden seit dem Schock über das schlechte deutsche Pisa- Abschneiden beim ersten Test im Jahr 2000 inzwischen ständig vermessen, mit Kennzahlen und neuen Daten erfasst.

Mit 180 Millionen Euro pro Jahr fördert der Bund die Bildungsforschung insgesamt. In der Erziehungswissenschaft gibt es fast nur noch Auftragsforschung – und keine unabhängige Grundlagenforschung mehr. In den Schulen mache sich inzwischen ein „Lernen für den nächsten Test breit“, klagen manche Kritiker.

„Testeritis“ beklagt

Schulen müssten mehr sein als „Produktionsstätten abfragbaren Wissens“, sagt die Vorsitzende der Lehrergewerkschaft GEW, Marlies Tepe. Und aus der Fachwissenschaft bekommt Pisa-Dauerkritiker Andreas Gruschka inzwischen häufiger Zustimmung. Der Frankfurter Erziehungswissenschaftler hatte als erster gegen die ständige „Testeritis“ an deutschen Schulen Front gemacht.

Zudem sei die OECD eine reine Wirtschaftsorganisation, die vor allem die „Verwertbarkeit“ der Schulabgänger auf dem Arbeitsmarkt im Blick habe, heißt es bei den Pisa-Kritikern. Die Kultusminister halten im Verein mit ihren Schulforschern dagegen, dass die Leistungen inzwischen besser geworden sind und die Zahl der leistungsschwachen Risikoschüler reduziert werden konnte.

Doch die großen Probleme der deutschen Schulen – wie die nach wie vor hohe Abhängigkeit des Bildungserfolges von der sozialen Herkunft und auch die unzureichende Förderung von Migrantenkindern – sind immer noch nicht gelöst. Nach wie vor Kopfzerbrechen bereitet zudem das große Leistungsgefälle zwischen den Bundesländern.