Hamburg

Kirchentag: Gläubige sorgen sich um Zukunft

Das Massenspektakel ist Balsam für die Kirche und ihre Zukunftssorgen: Wenn auf dem 34. Evangelischen Kirchentag in Hamburg von Mittwoch an bis zum Sonntag Zehntausende gemeinsam singen, beten und neue Aufbrüche suchen, stärkt dies der Kirche den Rücken.

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Von den Protestantentreffen gehen immer wieder Impulse zu brennenden Themen aus, die auf Gehör stoßen. Politiker nutzen Kirchentage gern als Bühne, erst recht im Wahljahr. Sie unterstreichen bei solchen Gelegenheiten aber auch die Bedeutung der Kirche. Das tut ihr gut, denn längst ist die schrumpfende Zahl an Gläubigen nicht mehr die alleinige Sorge.

Inzwischen wird das Verhältnis von Staat und christlichen Kirchen infrage gestellt – selbst von kirchenfeindlichen Tönen ist die Rede. Den Skeptikern stellt die evangelische Kirche in Hamburg eine Leistungsschau protestantischer Vielfalt, Fantasie und Diskussionsfreude entgegen.

„Auf dem Kirchentag können sich kluge, theologisch und politisch leidenschaftlich engagierte Menschen austauschen“, sagt der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Nikolaus Schneider. „Dabei entstehen wichtige Impulse für die ganze Gesellschaft.“

Kultur des Zusammenhalts

Viele Menschen lassen sich demnach darauf ein, die Welt und ihre wichtigen Fragen aus der Perspektive des Wortes Gottes zu bedenken. „Der Kirchentag ist ein Kraftzentrum für eine Kultur des Zusammenhalts und mitmenschlichen Lebens in unserer Gesellschaft und in Europa, auch weltweit – das ist seine große Stärke.“ Als evangelische Zeitansage und protestantische Bürgerbewegung genießt der alle zwei Jahre in einer anderen deutschen Stadt organisierte evangelische Kirchentag seit seiner Gründung 1949 hohes Ansehen.

Immer wieder griff das Christentreffen Themen auf und trug sie in die Gesellschaft. Unter dem Motto „Soviel du brauchst“ geht es beim 34. Kirchentag in Hamburg um mehr Gerechtigkeit. Außerdem zeigt die Kirche mit dem Massenspektakel Präsenz in einer Metropole, in der inzwischen nur noch jeder Zweite getauft ist.

Zahl der Kirchgänger schrumpft

Hilft das alles aber der Kirche bei ihren drängenden Problemen? Bis 2040 rechnet die EKD mit einem Rückgang der Zahl der Protestanten von derzeit knapp 24 Millionen auf 16 Millionen. Wegen des demografischen Wandels und einer Abkehr vom Glauben schrumpft die Zahl der Kirchgänger beständig, langfristig trifft dies auch die Finanzen.

Zwar spricht die Kirche oft von einem wachsenden Interesse an religiösen Fragen, sie erreicht die Menschen aber auch auf unkonventionellen Wegen immer schwerer. Die Geschichten der Bibel seien vielen Menschen kaum noch bekannt, sagte Hannovers Bischof Ralf Meister kürzlich und beklagte einen religiösen Analphabetismus.

Von Michael Evers