Berlin

Biografie: Merkel hatte zur richtigen Zeit den richtigen Machtinstinkt

Vier Biografien sind allein in diesem Sommer über die Bundeskanzlerin erschienen. Wie die 59-jährige Physikerin Angela Merkel aus der Uckermark es ins höchste Regierungsamt schaffte und heute als eine der mächtigsten Frauen der Welt gilt, hat nicht nur viele ihrer Wegbegleiter überrascht.

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Von Rena Lehmann

Ihr pragmatischer wie wendiger Politikstil hat ihr Bewunderung wie Kritik eingebracht. Von „Physikerin der Macht“ bis zur „Teflon-Kanzlerin“, an der alles abperlt, reichen ihre mehr und weniger kreativen Beinamen. Dass sie heute selbstbewusst ihre dritte Amtszeit als Bundeskanzlerin anstrebt, haben ihr in ihrer Anfangszeit wenige zugetraut.

Nach der Wiedervereinigung 1990 zieht die damals 36-Jährige erstmals in den Bundestag ein, zehn Jahre später ist sie Bundesvorsitzende der CDU. Ihre Biografie liest sich bis zum Zusammenbruch der DDR eher unpolitisch. Am 17. Juli 1954 in Hamburg geboren, wächst Angela Merkel im brandenburgischen Templin auf, wo ihr Vater Horst Kasner Pfarrer wird. Merkels Verhältnis zur DDR ist immer wieder Thema.

Wegen des kirchlichen Hintergrunds ihrer Familie erfährt sie durchaus Nachteile in der Ausbildung, erhält aber nach dem Abitur einen Studienplatz für Physik in Leipzig. Sie ist allerdings nicht Mitglied der Bürgerbewegung, die den Fall der Mauer 1989 erst ermöglicht hat. Ihre politische Laufbahn beginnt erst nach der Wende als Pressesprecherin beim „Demokratischen Aufbruch“, einer neuen Gruppe in der Parteienlandschaft der DDR 1989.

Der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl sucht im Osten Verbündete und wird auf die junge, intelligente Frau aufmerksam. Den Beinamen „Kohls Mädchen“ wird sie deshalb lange nicht mehr los. Der langjährige Übervater der Union macht Merkel gleich zur Familienministerin in seinem Kabinett. Ein durchaus ungewöhnlicher Schritt, zumal Merkel keinen Landesverband hinter sich weiß und in der Union kaum verankert ist.

Viele westdeutsche CDULandesverbände fremdeln lange mit ihr. Merkel besitzt mehr Machtkalkül, als viele ahnen. Als die Union die Bundestagswahl 1998 krachend verliert, wird sie Generalsekretärin der Partei. Ein Jahr später fordert sie die Union in einem offenen Brief zur Parteispendenaffäre auf, sich von Helmut Kohl zu distanzieren und reinen Tisch zu machen.

Ihr kommt zugute, dass sie neben der mächtigen Unions-Männerriege in der Spendenaffäre als unbelastet gilt. Man kommt an ihr nicht mehr vorbei. Doch erst 2005 greift Angela Merkel nach dem Kanzleramt. Noch am Wahlabend beansprucht Gerhard Schröder das höchste Regierungsamt trotz verlorener Mehrheit für Rot-Grün erneut für sich. Kanzlerin wird bekanntlich Angela Merkel. Sie ist – mal wieder – unterschätzt worden.