Mainz

Interview: Rückschau hilft beim Blick nach vorn

Jan Esper, Professor für Klimageographie in Mainz. Foto: Uni
Jan Esper, Professor für Klimageographie in Mainz. Foto: Uni

Der Klimarat IPCC warnt vor 2 bis 4 Grad höheren Durchschnittstemperaturen in 100 Jahren. Um solche Prognosen zu präzisieren, hilft der Blick in die Klimavergangenheit, sagt Prof. Jan Esper.

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Beeinflussen Ihre Forschungsergebnisse die Daten des internationalen Klimarats IPCC, wonach die letzten 50 Jahre auf der Nordhalbkugel die wärmsten der letzten 500 Jahre waren?

Esper: Der nächste IPCC-Klimabericht wird gerade geschrieben und erscheint dann 2013. Er berücksichtigt alle Veröffentlichungen, die bis Ende Juli 2012 bei Fachzeitschriften eingereicht wurden. Wie sich unsere Ergebnisse aus Nordeuropa und den hohen Breiten der Nordhemisphäre auf großräumige Klima-Rekonstruktionen auswirken, bedarf allerdings noch weiterer Berechnungen.

Was bringt der Blick in die Klimavergangenheit angesichts aktueller Probleme mit der Erwärmung?

Wir müssen die Vergangenheit besser verstehen, um präziser in die Zukunft schauen zu können. Beispielsweise wissen wir bis dato nicht, ob die großräumigen Temperaturen des letzten Jahrtausends um ein halbes oder ein ganzes Grad Celsius variiert haben! Unsere neuste Arbeit liefert in diesem Zusammenhang nur einen Mosaikstein. Sie zeigt, das der langfristige Abkühlungstrend in existierenden Studien bisher unterschätzt wurde.

Woher kommt der Trend?

Durch langsame Veränderungen der Erdbahnparameter, also der Neigung der Erdachse, der Orientierung dieser im Raum, und der zeitlichen Verschiebung des Sonnennahpunktes. Über die letzten 10 000 Jahre empfingen die hohen Breiten der Nordhemisphäre im Sommer kontinuierlich weniger Energie.

Wie forschen Sie jetzt weiter?

Bis Jahresende möchten wir schauen, inwiefern dieser Befund für das nördliche Nordeuropa die großräumige Betrachtung der Klimavergangenheit beeinflusst.

Wirkt der Abkühlungstrend der von Menschen gemachten Erwärmung entgegen?

Ich glaube, dass der direkte Zusammenhang zwischen dieser Klima-Rekonstruktion und den Szenarien für das 21. Jahrhundert marginal ist. Es ist schließlich nur ein Puzzlestück, aber es wird hoffentlich helfen, die nicht unerhebliche Unschärfe beim Blick in die Zukunft zu reduzieren.

Die Fragen stellte Claudia Renner