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Idstein

NS-Krankenmorde: Wie soll der Opfer vom Kalmenhof gedacht werden?

Wie soll der Opfer vom Kalmenhof gedacht werden? Foto: dpa

Wie kann der Opfer der NS-Kranken- und Behindertenmorde vom Idsteiner Kalmenhof würdig gedacht werden? Darüber schwelt in der Taunusgemeinde ein bitterer Streit. Inzwischen hat sich die Vermutung erhärtet, dass das Gräberfeld größer ist als lange angenommen.

Lesezeit: 4 Minuten
Sie wurden mit Morphiumspritzen getötet oder verhungern gelassen. Die Nationalsozialisten ermordeten zwischen 1939 und 1945 mehr als 700 Kinder, Jugendliche und Erwachsene im Kalmenhof in Idstein, wie der Frankfurter Kulturwissenschaftler Christoph Schneider sagt. Viele der Opfer wurden auf einem Acker hinter dem Krankenhaus verscharrt, das Gebäude war der Haupttatort. Seit ...
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Euthanasie

Hinter dem sogenannten Euthanasieprogramm der Nationalsozialisten verbarg sich der organisierte Massenmord an Kranken oder behinderten Menschen. Der Begriff Euthanasie stammt aus dem Griechischen und setzt sich zusammen aus den beiden Wörtern eu (bedeutet so etwas wie gut, wohl), sowie thánatos (Tod). In der Medizin steht der Begriff für Sterbehilfe oder -erleichterung.

In der Nazizeit wurde er verharmlosend dafür benutzt, dass Ärzte in Pflege- und Heilanstalten ihre Opfer als „lebensunwertes Leben“ aussonderten. Bis heute steht der Begriff Euthanasie in Deutschland für diese Verbrechen.

Eines der Opfer vom Kalmenhof: Ruth Pappenheimer

Eine der Ermordeten vom Idsteiner Kalmenhof ist Ruth Pappenheimer. Die Tochter eines jüdischen Vaters und einer evangelischen Mutter wurde 1925 in Frankfurt geboren. Ruth wuchs nach dem frühen Tod ihrer Mutter bei den Großeltern auf. Nachdem Probleme unter anderem in der Schule auftraten, wurde die Jugendliche im Sommer 1941 der Fürsorgeerziehung überstellt, wie aus der Biografie hervorgeht. Das Mädchen wird der Bad Camberger Haus- und Landarbeitsschule zugeordnet, einer NS-Lehreinrichtung für junge Frauen. Sie arbeitet auf einem Bauernhof in dem Taunusstädtchen und in einem Kinderheim nahe Limburg. 1944 soll Ruth Pappenheimer eigentlich an die Haus- und Landarbeitsschule zurückkehren. Weil dort jedoch die Diphtherie ausbricht, wird sie zum Kalmenhof gebracht. Am 20. Oktober 1944 wird Ruth Pappenheimer von dem Anstaltsarzt Hermann Wesse durch zwei im Abstand von mehreren Stunden verabreichte Morphiumspritzen ermordet.

Die Historikerin Martina Hartmann-Menz hat die Geschichte der Familie Pappenheimer erforscht und in Frankfurt einen sogenannten Stolperstein initiiert. In Deutschland und zahlreichen weiteren Ländern Europas wird mit diesen Steinen an die Opfer der NS-Diktatur erinnert.

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