Altendiez

Nach fast 34 Jahren in St.-Peter-Gemeinde zu Diez: Addi Tremper geht mit Konzert in den Ruhestand

Pfarrer Addi Tremper wurde wie auf einer Sänfte aus dem Gotteshaus getragen. Dort gab es dann zur Verabschiedung des Pfarrers einen Umtrunk mit zahlreichen Besuchern.
Pfarrer Addi Tremper wurde wie auf einer Sänfte aus dem Gotteshaus getragen. Dort gab es dann zur Verabschiedung des Pfarrers einen Umtrunk mit zahlreichen Besuchern. Foto: Dekanat Nassauer Land

Nach fast 34 Jahren als Gemeindepfarrer der evangelischen Kirchengemeinde St. Peter zu Diez tritt Pfarrer Addi Tremper zum Monatsende mit 66 Jahren in den Ruhestand. Statt Grußworten gab es zum Abschied ein Konzert mit toller Klassik und erfrischend jungen Frauenstimmen. An Dank für Trempers unermüdliches Wirken in Gemeinde und Region wurde in der vollen Kirche trotzdem nicht gespart.

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Rolle Luthers bestens ausgefüllt

Die Amtszeit in fünf bis sieben Minuten zu würdigen, wie ihm Tremper an Redezeit zugestanden habe, sei eigentlich nicht möglich, sagte Jens Kübler vom Kirchenvorstand, als er viele Punkte anriss, die großen Dank verdienen. „Wenn ich an Addi denke, denk ich auch immer an Martin Luther“, so Kübler, den er ja auch schon mal dargestellt hatte, „und die Rolle war dir auf den Leib geschnitten“.

So ließ er mit Lutherzitaten Trempers Wirken und Leistungen Revue passieren. Das legendäre Pflanzen eines Apfelbäumchens stehe fürs Neue, das der künftige Pensionär in der Gemeinde eingeführt hat, vom Essen auf Rädern, Fastengruppen, gemeinschaftlichem Essen und Kochen, den Reisen, in der Jugendarbeit ... – Küblers Schnellsprechversuch reichte nicht aus, alles aufzuzählen.

„Von Arbeit stirbt kein Mensch“, sagte Luther und das gelte auch für Tremper. Kübler: „Du bist ein Schaffer!“ Er habe Müßiggang nicht gekannt und sei sich zum Anpacken nie zu schade gewesen, egal ob zuletzt beim Bau und Umzug in der Kita oder anderen Veranstaltungen. Beim Händedruck merke man den gelernten Handwerker.

„Wenn du ein Kind siehst, hast du Gott auf frischer Tat ertappt“, ist ein anderes Lutherzitat. Gerade das Wohl der Kleinsten sei Tremper immer wichtig gewesen, vor allem im Einsatz für die Kindertagesstätten. Die hatten beim Dienstantritt 1988 noch eine Gruppe in Gückingen und Heistenbach und drei in Altendiez. Heute sind es 15 Gruppen.

Mit der kirchlichen Sozialstation kam auch den Älteren der nimmermüde Einsatz des Pfarrers zugute. Standhaft habe er wie Luther in Worms vor manchen Kirchenoberen und Kommunalpolitikern die Sache der Gemeinde und ihrer Menschen jeden Alters vertreten als ein Pragmatiker, dem es um die Lösung von Problemen ging. „Ja, der konnte ein ziemlicher Sturkopp sein, aber nie für sich, immer für andere“, habe ihn neulich jemand charakterisiert, dem Kübler vom Abschiedskonzert erzählt hatte.

„Wer Gutes tun will, muss es verschwenderisch tun“, meinte Luther, Tremper habe es getan, so Kübler. „Er hat sein Wissen und seine Talente dafür eingesetzt, dass Geld in unsere Kitas und unsere Projekte fließt. Ohne ihn und seine Beharrlichkeit hätte manches Kind nicht so gefördert werden können, und auch die Senioren haben ihm viel zu verdanken.“ Tremper selbst gab den Dank zurück und schloss die Verantwortlichen in Orts- und Verbandsgemeinden sowie dem Landkreis ein. Und er dankte Gott für das Geschenk, dass er ihm mit der St.-Peter-Gemeinde gemacht habe und dem Sinn, den er dadurch für sein Leben und Wirken erhalten habe.

Christel Lenz vom Kirchenvorstand überreichte Tremper als sichtbares Dankeschön einen Bienenkorb stellvertretend für das Bienenvolk, das ihm die Gemeinde mit in den Ruhestand schenkt. Bewegend waren die Worte, die Erik Fischer und Moritz Lotz an den scheidenden Theologen richteten.

Als Arzt, Koch und Bauleiter aktiv

Stellvertretend für 400 junge Gemeindeglieder dankten sie für Trempers Jugendarbeit, insbesondere die Freizeiten in Spanien, Frankreich, Ungarn und vor allem in Korfu, denen damit eine ganz eigene Suche nach Gott ermöglicht wurde unter anderem bei unvergesslichen Abendmahlsfeiern zum Sonnenuntergang. Der Pfarrer, der dabei unter anderem als Koch, Bauleiter, Arzt, Seelenklempner oder Chauffeur fungierte, sei zum Freund geworden.

Und weil sie wissen, wie schwer diesem der Abschied fällt, hatten sie einen besonderen Auszug gewählt: Sie setzten Tremper auf einen Stuhl und trugen ihn mit zwei Stöcken wie auf einer Sänfte hinaus ins Freie, um ihn dann angelehnt an eine Tradition in den Kindertagesstätten im wahrsten Sinne aus der Kirche zu werfen. Vor der Kirche wartete ein Umtrunk auf die vielen Gäste.

Telemann-Kantate und Fröhliches aus dem Westerwald

Mit der Kantate „Ich weiß, dass mein Erlöser lebt“ von Georg Friedrich Telemann wurde das Abschiedskonzert für Addi Tremper eröffnet. Ein fröhlich machendes Werk, das allen Klagen zum Trotz die hoffnungsvolle Botschaft von Ostern leicht und manchmal tänzelnd in der St.-Peter-Kirche verströmte.

Begleitet von Isabel Müller-Hornbach an der Gambe und Niklas Heineke am Cembalo brillierte Andreas Frese mit seinem einfühlsamen wie ausdrucksstarken Tenor, mit dem er dem Pfarrer einen munteren und Mut machenden Start in den Ruhestand bescherte.

Kräftigen Beifall ernteten auch die „Singsations Westerwald“. Der Frauenchor unter Leitung von Jessica Burggraf hatte einen ersten Teil mit kirchlichen Vorträgen und einen zweiten mit weltlichen Melodien zusammengestellt.

Ob das unbändig freudige „Joyfully sing“, das Requiem „Pie Jesu“, wunderschöne Filmmusiktitel oder Billy Joels „And so it goes“: Die jungen Stimmen faszinierten mit allen zwölf Beiträgen in ihrer Tonreinheit und dynamischen Phrasierungen, berührten mit melancholischen Weisen und rissen zu flotten Rhythmen mit. Als Schmankerl gab es ein schwungvolles Medley zum Klassiker „O du schöner Westerwald“.

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