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Rhein-Hunsrück

Initiative „Seebrücke“: SPD will Rhein-Hunsrück-Kreis zum„sicheren Hafen“ für Geflüchtete machen

Von Philipp Lauer
Seebrücken-Demo Anfang April in Frankfurt: Eine Frau steht mit Abstand zu anderen Demonstranten am Mainufer mit einem Plakat mit der Aufschrift „Corona tötet - Grenzen auch. #LeaveNoOneBehind“ während eines Protests des Netzwerks „Seebrücke“, um die sofortige Evakuierung griechischer Flüchtlingslager zu fordern.
Seebrücken-Demo Anfang April in Frankfurt: Eine Frau steht mit Abstand zu anderen Demonstranten am Mainufer mit einem Plakat mit der Aufschrift „Corona tötet - Grenzen auch. #LeaveNoOneBehind“ während eines Protests des Netzwerks „Seebrücke“, um die sofortige Evakuierung griechischer Flüchtlingslager zu fordern. Foto: picture alliance/dpa

Die SPD-Fraktion will im Kreistag den Antrag stellen, dass der Rhein-Hunsrück-Kreis der Seebrücke beitritt. Dieser Initiative haben sich neben den Oberbürgermeistern aus Bonn, Köln und Düsseldorf inzwischen rund 140 Städte und Landkreise in Deutschland angeschlossen. Das Ziel ist es, sichere Häfen für Menschen auf der Flucht zu schaffen. Die Seebrücken-Gemeinden erklären sich solidarisch mit Geflüchteten und dazu bereit, über die Verteilungsquote hinaus Menschen aufzunehmen. Geht es nach der SPD, soll auch der Rhein-Hunsrück-Kreis zu einem solchen „Sicheren Hafen“ werden.

Lesezeit: 4 Minuten
„In den vergangenen Wochen hat sich die Lage für Geflüchtete weiter zugespitzt“, sagt der SPD-Kreistagsabgeordnete Umut Kurt. „Die Situation an der griechisch-türkischen Grenze ist dramatisch.“ Auf eine Regelung der Europäischen Union zu warten, dauere zu lange. „Wir sind als Kommune in der Verantwortung und können handeln. Viele andere Städte und ...
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Die Inititative „Seebrücke“

Die Bewegung Seebrücke hat sich eigenen Angaben zufolge Ende Juni 2018 gegründet, als das Seenotrettungsschiff „Lifeline“ mit 234 Menschen an Bord tagelang auf hoher See ausharren musste, weil es in keinem europäischen Hafen anlegen durfte. Zu diesem Zeitpunkt hatten bereits mehrere Städte und Länder angeboten, die Menschen vom Schiff „Lifeline“ aufzunehmen. Aus einer Gruppe von Aktivisten und Engagierter in der Flüchtlingshilfe wurde die Seebrücke, der sich deutschlandweit viele Menschen angeschlossen haben.

Mehr als 300.000 Menschen haben sich seitdem an Demonstrationen der Seebrücke beteiligt und sich mit Geflüchteten solidarisiert. Die Forderungen an die deutsche und europäische Politik sind sichere Fluchtwege, eine Entkriminalisierung der Seenotrettung und eine menschenwürdige Aufnahme der Menschen auf der Flucht (Quelle: Homepage der Initiative).

Philipp Lauer über Solidarität und unterlassene Hilfe

Eine Probe für uns und unsere Menschlichkeit

Viel zu lange hat es gedauert, nun hat Deutschland endlich rund 50 unbegleitete Kinder und Jugendliche aus den überfüllten griechischen Flüchtlingslagern aufgenommen. Zehntausende Menschen auf der Flucht vor Krieg und Elend bleiben zurück, dabei stehen in Deutschland viele Erstaufnahmeeinrichtungen leer. Der SPDler Umut Kurt hat Recht, wenn er sagt, auf eine europäische Lösung der Probleme können wir nicht warten. Der Rhein-Hunsrück-Kreis könnte mit einem guten Beispiel vorangehen und sich bereit erklären, Menschen in Not aufzunehmen und ihnen zu helfen.

Wer diesem Vorschlag entgegnet, wir hätten mit der Corona-Pandemie doch gerade selbst genug Probleme, verschließt die Augen vor den Menschen, die die aktuelle Lage ganz besonders trifft. Auch wenn Sie meine Meinung nicht teilen können, bitte verstehen Sie mich nicht falsch. Ganz ausdrücklich finde ich es richtig, dass die Bundesregierung bei der Eindämmung der Corona-Pandemie und zur Abfederung ihrer wirtschaftlichen Folgen sehr viel Geld in die Hand nimmt. Wie sehr die sonst häufig so zerstrittenen Koalitionspartner in dieser Sache an einem Strang ziehen, ist mit einem Wort beschrieben: beeindruckend. Wie sehr bei alledem weiterhin über die Not der Menschen in den überfüllten Lagern an den Grenzen zur EU und auf den griechischen Inseln hinweggesehen wird, auch dafür fällt mir nur ein Wort ein, das empfinde ich als erbärmlich.

Die Mehrheit unserer Gesellschaft beweist aktuell, dass sie zu solidarischem Handeln bereit ist, um die vielen Menschen zu schützen, für die eine Infektion mit Covid-19 ein großes Risiko darstellt. Die hygienischen Zustände in den Flüchtlingslagern entlang der EU-Außengrenze sind verheerend, die Menschen deshalb besonders gefährdet. In Deutschland gibt es eine gute medizinische Versorgung, in den Lagern nicht.

Die Corona-Pandemie stellt uns alle auf eine große Probe, die wir in Deutschland bislang anscheinend mit gemeinsamen Kräften bewältigen können. Gegenüber den meisten anderen Ländern dieser Erde sind wir damit wohl in einer privilegierten Lage. Niemandem muss es schlecht gehen, weil wir Menschen in ihrer Not helfen. Wer soll es sonst tun? In dieser außergewöhnlichen Situation ist unsere Menschlichkeit gefragt.

E-Mail: philipp.lauer@rhein-zeitung.net

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