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Idar-Oberstein

Der Klang der Industrialisierung: Mit dem „Schicksalslied“ ins neue Zeitalter

Von Jutta Gerhold
Dem Barockorchester L’Arpa Festante eilt ein ausgezeichneter Ruf voraus.  Foto: L’Arpa Festante
Dem Barockorchester L’Arpa Festante eilt ein ausgezeichneter Ruf voraus. Foto: L’Arpa Festante

In diesem Jahr wird es innerhalb des Idar-Obersteiner Theatersommers wieder ein ganz besonderes Chorkonzert geben. Kreiskantor Roland Lißmann ließ sich durch das vom Kultursommer Rheinland-Pfalz vorgegebene Motto „Industrie-Kultur“ anregen und produziert die Veranstaltung „Der Klang der Industrialisierung“. Nach Vorträgen und einem Dokumentarfilm über den Stahlbaron Carl Ferdinand Stumm werden die Zuhörer am Sonntag, 9. September, ab 17 Uhr in unterschiedliche Klangwelten entführt.

Lesezeit: 1 Minute
Das Theater Anu versetzt sie während des Abends mit Geräuschcollagen in die Zeit des industriellen Umbruchs. Texte zum Thema ergänzen die Werkauswahl, die Lißmann getroffen hat. Johannes Brahms’ „Schicksalslied“ für Chor und Orchester eröffnet das Konzert und bildet mit seinen hochromantischen Klängen einen krassen Kontrast zum Klang der Maschinen. Durch ...
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Das Programm

Donnerstag, 30. August

19.30 Uhr: „Carl Ferdinand Stumm“, Vortrag von Pfarrer Erik Zimmermann mit musikalischer Umrahmung von Pianist Thomas Layes und Kreiskantor Roland Lißmann, Evangelische Kirche

Asbacher Hütte, Eintritt frei

Sonntag, 2. September

19.30 Uhr: Film mit Vortrag, „Die stählerne Zeit – Im Reich des Stahlbarons“, 45-minütiger Dokumentarfilm, anschließend Gesprächsrunde mit dem Regisseur Rüdiger Mörsdorf, Pfarrer Erik Zimmermann, Kreiskantor Roland Lißmann und Stefan Behr vom Theater Anu, Moderation Dr. Kai-Michael Sprenger, Referent im Ministerium für Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur, Stadttheater Idar-Oberstein,

Eintritt frei

Sonntag, 9. September

17 Uhr: „Der Klang der Industrialisierung“, Konzert, Kantorei Obere Nahe, Kantorei Idar-Oberstein,

Barockorchester L'Arpa Festante,

Rahel Luserke (Sopran), Judith

Braun (Alt), Marcus Elsäßer (Tenor), Matthias Horn (Bass), Theater Anu.

Karten sind erhältlich bei der Tourist-Info Idar-Oberstein (06781/

64-871) sowie über die bekannten Vorverkaufsstellen und bei

www.ticket-regional.de

Industrieller, Patriarch und Sozialistenhasser: Stahlbaron Carl Ferdinand Stumm war einer der einflussreichsten Männer Preußens

Kreis Birkenfeld. Industrie-Kultur ist das Thema des rheinland-pfälzischen Kultursommers 2018, das mit der Produktion „Der Klang der Industrialisierung“ vom Kirchenkreis Obere Nahe und der Stadt Idar-Oberstein aufgegriffen wird.

Wenn man in unserer Region von Industrialisierung spricht, dann kommt man an dem Namen Stumm nicht vorbei. Der wird zwar heutzutage vor allem mit der Hunsrücker Orgeldynastie in Verbindung gebracht, weit wichtiger war aber über fünf Generationen und fast zwei Jahrhunderte die Montandynastie. Beide Familienzweige nehmen ihren Ausgang in Sulzbach bei Rhaunen, ihre Produktionsstätten finden sich über die gesamte Region verteilt: der Hammer Birkenfeld bei Schauren (gegründet 1714), die Schmelze Birkenfeld bei Schauren (1720), die Stahlfabrik Sensweiler (1738), der Katzenlocher Hammer (1758), das Neunkircher Eisenwerk (1762), die Abentheuerer Hütte (1763), die Gräfenbacher Hütte bei Spabrücken (1785), der Weiperather Hammer (1790), die Weitersbacher Hütte (1793), der Allenbacher Hammer (1802), die Halberger Hütte bei Brebach im Saarland (1809), die Fischbacher Schmelze (1809), die Dillinger Hütte (1817), die Bettinger Eisenhütte, das Münchweiler Eisenwerk (1825), die Eisenhütte Geislautern (1827) und die Hochofenanlage Ückingen (1891).

Wichtigster Vertreter des industriellen Zweiges der Familie war Carl Ferdinand Stumm, geboren 1836 in Saarbrücken. Im Jahre 1888 erhielt Stumm von Kaiser Friedrich III. den Adelsbrief mit Ernennung zum Freiherrn von Stumm und 1891 die Genehmigung zum Tragen des Doppelnamens von Stumm-Halberg, der an den Besitz des von ihm erbauten Schlosses in Saarbrücken gebunden war, wo er auch 1901 starb.

Der Hottenbacher Pfarrer und Lokalhistoriker Erik Zimmermann hat sich intensiv mit dem „Vater der Industrialisierung zwischen Saar und Mosel“ auseinandergesetzt. Einen Vortrag über den Stahlbaron, den er bereits auf der Burg Lichtenberg und im Birkenfelder Georg-Wilhelm-Haus gehalten hat, ist am morgigen Donnerstag, 30. August, um 19.30 Uhr noch einmal in der evangelischen Kirche auf der Asbacher Hütte zu hören. Für die passende musikalische Umrahmung sorgen dabei der Pianist Thomas Layes und Kreiskantor Roland Lißmann.

In seinem Vortrag beschreibt Zimmermann Carl Ferdinand Stumm in all seiner unternehmerischen, politischen, sozialen und menschlichen Widersprüchlichkeit. Stumm war zum Ende des 19. Jahrhunderts gemeinsam mit Krupp in Essen der größte Stahlproduzent Europas, er produzierte damals etwa ein Drittel des deutschen Stahls und sorgte für bedeutsame technische Innovationen in seinen Werken. Als Geheimer Kommerzienrat, Abgeordneter im preußischen Abgeordnetenhaus, Reichstagsabgeordneter, Gründungsvorsitzender der Deutschen Reichspartei (Freikonservative Partei) und enger und wichtiger Vertrauter von Kaiser Wilhelm II. galt er einer der einflussreichsten Männer Preußens.

Stumm war auf der einen Seite ein erbitterter Sozialistenhasser, der nicht nur die SPD bis aufs Blut bekämpfte, sondern auch alle Arbeiter, die auch nur in den Verdacht kamen, sich mit sozialistischem Gedankengut auseinanderzusetzen, unnachsichtig bestrafte und verfolgte. Auf der anderen Seite unterhielt er in seinen Werken wegweisende soziale Einrichtungen und war maßgeblich bei der Einführung unseres heutigen Sozialversicherungssystems beteiligt.

Diese auf den ersten Blick widersprüchliche Haltung erklärt Zimmermann mit Stumms überaus gefestigtem und starrem Weltbild des patriarchalen Unternehmers. Für ihn stand – bei klar verteilter Entscheidungsgewalt – die persönliche Beziehung zwischen Fabrikherr und Arbeiter im Mittelpunkt, die Gemeinschaft der Arbeitenden in seinen Fabriken sah er als Familie mit ihm als Oberhaupt. Gewerkschaften lehnte er auch deshalb ab, weil sie einen Fremdkörper in dieser Beziehung bildeten. Jörg Staiber

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