RZ-Schlagabtausch: Solarförderung runter: Energiewende am Ende?

Von Hildegard Müller

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Von Hildegard Müller

Der Zubau an erneuerbaren Energien in Deutschland ist auf einem guten Weg. Im vergangenen Jahr kam bereits jede fünfte Kilowattstunde aus regenerativen Anlagen. Es steht außer Frage, dass sich die erneuerbaren Energien im Zuge der Energiewende zum Leitsystem der zukünftigen Energieversorgung entwickeln werden – dies ist das gemeinsame Ziel von Politik, Gesellschaft und Energiewirtschaft.

Zu den Herausforderungen der Energiewende gehört zweifelsohne, dass die Energiepreise für Haushalte und Industrie bezahlbar bleiben. Wir alle kennen in diesem Zusammenhang die Diskussionen über die EEG-Umlage und die Entscheidungen der Politik zur Absenkung der Solarvergütung.

Die Stromkunden haben allein im Jahr 2011 über die sogenannte EEG-Umlage etwa 13,5 Milliarden Euro an die Betreiber von regenerativen Energieanlagen bezahlt. Das ist doppelt so viel wie der Länderfinanzausgleich im Jahr 2009. Davon fließen allein 55 Prozent der gesamten Ökostromförderung in die Fotovoltaik – und das, obwohl sie gerade einmal rund 3 Prozent des Strombedarfs in Deutschland deckt.

Trotz des enormen Preisverfalls bei den Solarmodulen bleiben die Kosten für die Volkswirtschaft und damit für die Verbraucher zu hoch. Ich möchte eindeutig klarstellen, dass es nicht die Intention des BDEW ist, die Uhr beim Ausbau der erneuerbaren Energien zurückdrehen. Was wir aber ebenfalls nicht wollen, ist ein Ausbau um des Ausbaus willen – und zwar ohne Rücksicht auf den Verbraucher. Genau danach sah es aber zuletzt bei der Fotovoltaik aus. 15 000 Megawatt Zubau in zwei Jahren ist weder ein organisches Wachstum noch systemverträglich, geschweige denn kostengünstig. Das haben auch Bundesumwelt- und Bundeswirtschaftsministerium so gesehen und deshalb Eckpunkte für eine Neuregelung der Solarvergütung vorgelegt.

Wenn wir einen völlig unkontrollierten Zubau von Fotovoltaikanlagen verhindern wollen, muss es Kürzungen geben. Und das hat nicht nur Kostengründe, sondern ist auch zur Gewährleistung der Systemstabilität erforderlich. Die Fotovoltaikanlagen lassen sich schon jetzt nur noch mit großem Aufwand ins Gesamtsystem einbinden. Die Verteilnetzbetreiber, die die Fotovoltaikanlagen anschließen müssen, haben in einigen Gegenden Deutschlands Kapazitätsprobleme, um mit dem rasanten Wachstum Schritt halten zu können. Hinzu kommen die Maßnahmen, die notwendig sind, um die Systemstabilität mit der stetig steigenden Menge des stark fluktuierenden Solarstroms gewährleisten zu können. Eine sinnvolle Einbindung der Kapazitäten in ein intelligentes Verteilnetzsystem ist so kaum möglich. Die dringend notwendige technische Integration der Fotovoltaikanlagen in das Stromnetz wird nach wie vor nicht ausreichend angegangen – hier muss auch die Solarindustrie zu konstruktiven Lösungen beitragen.

Die erneuerbaren Energien müssen in Zukunft stärker auf Marktsignale, also auch auf die Nachfrage nach Strom zu einem bestimmten Zeitpunkt, reagieren. Mit dem Prinzip ,produce and forget' – also der Stromerzeugung, wann immer sie möglich ist, und nicht, wenn der Strom gebraucht wird – ist das Ziel eines tragfähigen Energieversorgungssystems auf Basis der Erneuerbaren auf Dauer nicht zu erreichen. Der alleinige Blick auf die quantitativen Ausbauerfolge im Bereich regenerativer Energieträger ist längst nicht mehr ausreichend.

Die Vorschläge zur Kürzung der Solarförderung haben auch eine Debatte über die Zukunft der Solarfirmen in Deutschland ausgelöst. Wer allerdings glaubt, die deutsche Solarbranche durch eine weniger scharfe Förderabsenkung retten zu können, der unterliegt dem Trugschluss, dass Masse in Deutschland billiger herzustellen sei als beispielsweise in China. Diese Herausforderung haben wir in ganz anderen Branchen schon vor Dekaden verloren – und sind trotzdem Exportnation geblieben.

Was ist der Grund? Deutsche Unternehmen hat immer ausgezeichnet, dass sie den einen Tick besser waren und intelligentere Lösungen entwickelt haben als andere. Was wir jetzt brauchen, ist die gezielte Förderung von Forschung und Entwicklung. Wir brauchen die Förderung von Intelligenz – und nicht von Masse. Das wäre besser für die Sicherung der Arbeitsplätze in der Solarwirtschaft.

Wenn wir dahin kämen, mit technischen Innovationen die Integration der wetterabhängigen und deshalb stark schwankenden Einspeisung von Strom aus regenerativen Energien wie Wind oder Sonne und die Entwicklung von Stromspeicher-Technologien und intelligenten Stromnetzen voranzutreiben, dann hätten wir einen echten Mehrwert erreicht. Hier sehe ich echte Potenziale – nicht nur für Forschung und Entwicklung, sondern für echte Wertschöpfung aus Deutschland.

Wir sollten daher nicht hauptsächlich über Abgaben und Subventionen diskutieren, sondern gemeinsam darüber nachdenken, wie wir die Fotovoltaik so intelligent machen, dass sie – hoffentlich mit deutscher Wertschöpfung – einen nennenswerten Beitrag zur Energiewende leisten kann. Der Bundesverband Solarwirtschaft und der Bundesverband Erneuerbare Energie sollten eigene Vorschläge unterbreiten; nicht nur kritisieren. Ich bin überzeugt: Die Energiewende ist machbar, und sie wird durch notwendige Kürzungen bei der Solarförderung nicht gefährdet.