RZ-Schlagabtausch: Solarförderung runter: Energiewende am Ende?

Von Carsten Körnig

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Von Carsten Körnig

Ganz klare Antwort: Ja. Die geplanten drastischen Sonderkürzungen der Solarförderung wären das vollkommen falsche Signal an Bürger, Energiekonzerne, Investoren und Unternehmen – sie würden die Energiewende ernsthaft gefährden.

Ziemlich genau ein Jahr ist vergangen, seit sich in Fukushima die atomare Reaktorkatastrophe ereignete und Bundeskanzlerin Angela Merkel in Deutschland die Energiewende ausrief. Dies könne nur gelingen, so lautete der Konsens damals, wenn wir die erneuerbaren Energien noch stärker ausbauen. Und jetzt soll das bedeuten: Ausbau schon, ein klein wenig jedenfalls, aber bitteschön nicht beim Solarstrom? Ausgerechnet diejenige Energieform soll nun ausgebremst werden, bei der Bürger und Mittelstand die Energiewende selbst in die Hand nehmen und zu eigenen Stromproduzenten werden können?

Die Argumente, die angeführt werden, um den Kahlschlag bei der Solarstromförderung politisch zu begründen, halten bei genauer Betrachtung nicht stand. Da wäre zunächst das Kostenargument. Ja, Solarstrom war einmal relativ teuer, weil die Technologie – wie auch Kohle oder Atomkraft zuvor – eine Anschubfinanzierung benötigte. Doch die Zeit der starken Förderung ist für neue Solaranlagen inzwischen vorbei. Solarstrom vom eigenen Dach liegt bereits auf dem Preisniveau der Verbraucherstromtarife. Im Jahr 2013 können große Solarparks bereits so günstig Strom produzieren wie Windkraft auf dem Meer, ab 2016/2017 werden die ersten Solaranlagen auf Mehrfamilienhäusern ganz ohne Förderung auskommen.

Die Solartechnologie hat Marktreife erlangt, die Preise für schlüsselfertige Solarstromanlagen haben sich allein in den vergangenen drei Jahren halbiert – damit fällt der weitere Ausbau des Solarstroms von den Kosten her kaum noch ins Gewicht. Anders formuliert: Die aktuellen Kürzungspläne der Bundesregierung würden den Strompreis um gerade einmal ein halbes Prozent (!) entlasten.

Weil das Kostenargument nicht mehr so richtig verfängt, hört man in der Debatte immer häufiger einen weiteren Einwand gegen einen starken Solarstromausbau. Unser Stromnetz könne einen derart starken Zuwachs technisch gar nicht verkraften, wird erklärt. Nach genauer wissenschaftlicher Betrachtung wissen wir: Auch dieses Argument ist falsch. Der Finanzbedarf, der entsteht, um das Niederspannungsnetz fit für große Mengen Solarstrom zu machen, beträgt nur ein Zehntel dessen, was jährlich ohnehin in die Wartung und den routinemäßigen Ausbau dieser Leitungen investiert wird.

Für einen Durchschnittshaushalt würden dadurch bis zum Jahr 2020 lediglich Mehrkosten in Höhe von 11 Cent monatlich entstehen – im Gegenzug könnte so viel Fotovoltaikleistung ins deutsche Energiesystem fließen, dass 10 bis 12 Prozent des deutschen Gesamtstrombedarfs damit zu decken wären. Akzeptanzprobleme vonseiten der Bevölkerung sind nicht zu erwarten, da sich der Modernisierungsbedarf in erster Linie auf die Niederspannungsleitungen direkt vor der Haustür beschränkt. Das erfordert lediglich die Verlegung unterirdischer Leitungen, ähnlich wie bei der Telekommunikation.

Nein, die vorgebrachten Gründe, weshalb der Ausbau des Solarstroms gedrosselt werden muss, sind nicht überzeugend. Wer Kostengründe oder Netzprobleme bemüht, hat nicht die Bürger, nicht die Energiewende im Auge – sondern die Interessen der großen Energiekonzerne. Da RWE, Vattenfall, EON & Co. mit Solarstrom bislang nur schwer Geld verdienen können, ist es strategisches Ziel, den Anteil der Fotovoltaik am lukrativen Energiekuchen möglichst klein zu halten.

Dafür riskiert die Bundesregierung willentlich die Existenz von mehr als 100 000 innovativen, zukunftsweisenden Arbeitsplätzen. Denn die geplanten Ad-hoc-Absenkungen des Vergütungsniveaus von Solarstrom um bis zu 40 Prozent überfordern die kurzfristigen Möglichkeiten der Solarunternehmen zur Effizienzsteigerung und Kostensenkung. Wird die Gesetzesvorlage jetzt nicht nachgebessert, drohen nach einer „Endrallye“ Einbrüche bei Investitionen und Finanzierung von Tausenden Projekten deutschlandweit – bei Bürgerinvestitionen in Genossenschaftsanlagen oder Beteiligungsfonds, bei Projekten der Kommunen und Städte oder auch in der Landwirtschaft.

Eine ganze Branche wird in Bedrängnis gebracht, weil in Bezug auf Planung und Investitionen Verunsicherung sich breitmachen wird. Investoren zögern, Banken verweigern Kredite, Handwerker erhalten Auftragsstornierungen und gehen pleite.

Wir fordern daher die Regierung auf, die Kürzungsvorschläge an zentralen Punkten zurückzunehmen. Solarstrom ist gut für unser Land. Er ist verlässlich, erneuerbar, verbrauchernah, bringt Investitionen in die Region, ist ein Exportschlager und steht international für Klimaschutz. Solarstrom steht dann zur Verfügung, wenn Energie besonders teuer ist: tagsüber, wenn die Menschen aktiv sind und die Industrie produziert. Und dies sogar im Winter, wie die vergangenen Monate gezeigt haben. Statt die Nutzung des Solarstroms auszubremsen, muss die Fotovoltaik – flankiert durch verlässliche politische Rahmenbedingungen – weiter kraftvoll ausgebaut werden.