RZ-KOMMENTAR: Wladimir Putin bleibt – und mit ihm die Wut der Bürger

Wladimir Putin wird wieder in den Kreml einziehen. Er hat die Präsidentenwahl in der ersten Runde gewonnen. Trotzdem ist dies kein ruhmvoller Sieg.

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Wladimir Putin wird wieder in den Kreml einziehen. Er hat die Präsidentenwahl in der ersten Runde gewonnen. Trotzdem ist dies kein ruhmvoller Sieg.

Auch ihm haftet der Schatten von Manipulationen und Fälschungen an. Viele Menschen sind für ehrliche Wahlen auf die Straße gegangen. Doch diese Präsidentenwahl war nicht ehrlich – genauso wenig wie die Dumawahl im Dezember.

Die Unzufriedenen in Russland hatten niemanden, dem sie ihre Stimme guten Gewissens geben konnten. Der Kreml hatte gegen Putin nur handverlesene, schwache Kandidaten zugelassen. Das einzig neue Gesicht war der Oligarch Michail Prochorow. Jahrelang ein Günstling der Macht, konnte er das oppositionelle Potenzial nicht vereinigen. Ansonsten standen die üblichen Verdächtigen zur Wahl: Alt-Kommunist Gennadij Sjuganow, Ultranationalist Wladimir Schirinowski und der kremlfreundliche Sergej Mironow. Keiner von ihnen konnte Putin gefährlich werden.

Auch diesmal fixierten Wahlbeobachter tausendfache Verstöße und Manipulationen. Es sind die üblichen miesen Tricks der postsowjetischen Welt: Mal wurden Busladungen voller Wähler zu mehreren Wahllokalen gekarrt, mal Arbeiter und Soldaten gezwungen, vor ihren Vorgesetzten die Stimmzettel auszufüllen. Putin wollte den Sieg, um jeden Preis.

Doch die Unzufriedenheit, die in der Politik kein Ventil findet, wird zunehmen. In Russland formiert sich eine Mittelschicht, die es mit eigener Leistung zu etwas gebracht hat. Diese Menschen sind stolz und selbstbewusst. Sie wollen nicht mehr schikaniert werden von einem autoritären Staat und einer Kaste korrupter Beamter. Diese neuen russischen Wutbürger fordern Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und Kontrolle des Volkes. All das aber will ihnen das System Putin nicht geben. Auf die Dauer kann das nicht gut gehen.

Drei Szenarien sind denkbar. Nach der Präsidentenwahl könnte sich der Kreml nach weißrussischem Vorbild entscheiden, die Oppositionsbewegung brutal zu unterdrücken. Doch Russland ist international zu stark vernetzt. Seine Führung könnte sich eine Isolation nicht leisten. Möglich ist auch, dass Putin sich nach dem Sieg aus einer Position der Stärke entscheidet, Konzessionen an die Protestler zu machen. Das wäre ein guter Schritt.

Sollten die Mächtigen aber die Forderungen der Bürger ignorieren und so weitermachen wie bisher, wird die Protestbewegung in den kommenden Jahren weiter wachsen. Dann könnte es irgendwann einen Kampf um die Macht geben. Und dann wäre das Ende der Ära Putin schnell gekommen.

E-Mail: doris.heimann@rhein-zeitung.net