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Koblenz

Koblenz als Kulturhauptstadt: Idee hat sich erledigt

Von Anke Mersmann
Koblenz als Kulturhauptstadt Europas: Diese Idee ist vom Tisch. Die Stadt will eine Bewerbung nicht weiterverfolgen – notgedrungen. Das Land sagt keine Unterstützung zu.  Foto: Sascha Ditscher
Koblenz als Kulturhauptstadt Europas: Diese Idee ist vom Tisch. Die Stadt will eine Bewerbung nicht weiterverfolgen – notgedrungen. Das Land sagt keine Unterstützung zu. Foto: Sascha Ditscher

Eine mögliche Bewerbung der Stadt Koblenz um den Titel als europäische Kulturhauptstadt 2025 steht vor dem Aus. Grund ist ein Brief aus Mainz an den Koblenzer Oberbürgermeister Joachim Hofmann-Göttig, in dem Ministerpräsidentin Malu Dreyer erklärt, dass die Landesregierung das anvisierte Koblenzer Vorhaben nicht finanziell unterstützen kann und wird. Die Stadt zieht aus dieser Absage direkt Konsequenzen – und nimmt das Thema Kulturhauptstadt von der politischen Agenda.

Lesezeit: 3 Minuten
Eigentlich sollte sich der Stadtrat in seiner nächsten Sitzung an diesem Donnerstag mit dem Komplex Kulturhauptstadt befassen. Eine Entscheidung, ob Koblenz sich bewirbt oder nicht, sollte zwar noch nicht jetzt, sondern erst in der Sitzung im Dezember fallen. Allerdings sollten die Ratsmitglieder am Donnerstag schon einmal über einen wichtigen Baustein ...
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Kommentar: Letzter Ausweg – Scheitern als Chance?

Zugegeben: Besonders überraschen kann ein Aus für das Projekt der Bewerbung der Stadt Koblenz um den Titel der „Kulturhauptstadt Europas 2025“ nicht. Die rundherum gute Idee war auf den letzten Drücker geboren, alles und alle hätten jetzt an einem Strang ziehen müssen, um zumindest die Bewerbung auf den Weg zu bringen. An einen solch umfassenden Willen hatten auch die direkt betroffenen und wohlmeinenden unter den Koblenzern offenbar nicht geglaubt: Allzu oft fiel selbst von ambitionierten Unterstützern die fast schon mantraartig wiederholte Formulierung: „Selbst, wenn wir mit der Bewerbung scheitern, lohnt sich schon der Prozess dorthin …“, als wäre ein Gelingen ohnehin nicht zu erwarten. Echte Begeisterung sieht anders aus.

War also dieser (kurze) Weg schon das Ziel, und nutzen wir das in der Diskussion um eine mögliche Bewerbung ebenfalls oft beschworene Scheitern als Chance? Eine gute Idee, schließlich haben sich viele der üblichen Verdächtigen, aber auch bislang wenig in die Stadtkultur involvierte Menschen mit tollen, teils absonderlichen, leider nur selten wagemutigen und doch manchmal herrlich irrwitzigen Ideen zu Wort gemeldet.

Doch bevor all diese kläglich im Alltag der mit wenig Spielraum in Finanzmitteln ausgestatteten städtischen Kulturverwaltung untergehen, lohnt sich noch einmal der Blick auf das Mainzer Fallbeil, das die Bewerbung den Kopf kostete, bevor sie überhaupt auf den Weg gebracht wurde.

Erstens darf man sich fragen, wie gut in Mainz kommuniziert wird. Bei einer Wahlkampfveranstaltung im Vorfeld der Oberbürgermeisterwahl in Koblenz wollte Kulturminister Konrad Wolf ( SPD) zwar keinerlei Zusagen des Landes in Sachen Unterstützung einer Kulturhauptstadtbewerbung abgeben, verwies aber nach mehrmaligen Nachfragen darauf, dass die Stadt doch Erfahrungen damit habe, wie ein solches Projekt laufen könne: die „Blaupause Bundesgartenschau“. Es mutet wie Hohn – und wie eine politische Ohrfeige für den Minister – an, dass jetzt ausgerechnet die mögliche Bewerbung des Oberen Mittelrheintals für die Buga 2031 von der SPD-Ministerpräsidentin als Grund genannt wird, der dem Land eine Unterstützung für das Projekt Kulturhauptstadt unmöglich macht. Schließlich würde Koblenz von der Buga 2031 ja auch profitieren.

Das mag schon sein – wenn diese denn kommt. Wenn nicht, wurde Koblenz doppelt kaltgestellt. Geschieht der Stadt recht, mögen Vertreter von Kommunen aus andren Landesteilen sagen.

Und wie immer in Sachen Kultur gilt: Ja, mit deren Förderung sieht es in ganz RLP mau aus, man darf wieder daran erinnern, dass das Land in Sachen Pro-Kopf-Investition in Kultur das Schlusslicht in Deutschland bildet. Aber daran hat man sich offenbar gewöhnt und darin eingerichtet; auch darin, dass Sparvorgaben Städte handlungsunfähig machen. Zur Erinnerung: Koblenz hätte das Bewerbungsverfahren nur anstreben können, wenn die Aufsichts- und Dienstdirektion die Kosten dafür nicht als freiwillige Leistungen gewertet hätte, so wenig Spielraum hat die Stadt mit ihrem festgezurrten Haushalt. Und der sieht eben aus, wie Haushalte aussehen, wenn Städte in gewaltigem Masse Sozialausgaben übernehmen müssen, die von Land und Bund auf Kommunen verteilt und nicht anderweitig ausgeglichen werden.

Was lernen wir daraus? Das Land hat die auch finanziellen Chancen einer Kulturhauptstadtbewerbung nicht verstanden oder nicht verstehen wollen. Im Sinne des ewigen Proporzes der Regionen ist Koblenz derzeit abgemeldet und darf nur noch auf Seiteneffekte einer höchst wünschenswerten, aber noch in den Sternen stehenden Buga 2031 des Oberen Mittelrheintales hoffen.

Die Entscheidung ist auch ein Tiefschlag für den Kulturminister oder wenigstens für seine Glaubwürdigkeit – was außerhalb des Ministeriums angesichts der geringen Wichtigkeit, die der Kulturpolitik in RLP durch die Landesregierung zugemessen wird, kaum jemanden interessieren wird.

Die Koblenzer haben es in der Hand, Impulse aus den Denkprozessen mitzunehmen. Vielleicht hebt sich der neue OB ein paar der Ideen aufs Schild. Für den Moment bleibt Enttäuschung: Schön Scheitern sieht anders aus.

Von unsererm Kulturchef Claus Ambrosius

E-Mail:claus.ambrosisus@rhein-zeitung.net

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