Mainz/Bonn

Postbank: 99 Cent für eine Überweisung per Papier

Von wegen kostenloses Girokonto: Wer ab dem 1. April bei der Postbank Überweisungen in Papierform tätigt, wird zur Kasse gebeten. Und auch bei Zahlungseingängen unter 1000 Euro pro Monat werden Gebühren fällig. Die neue Regelung verärgert vor allem ältere Kunden. F
Von wegen kostenloses Girokonto: Wer ab dem 1. April bei der Postbank Überweisungen in Papierform tätigt, wird zur Kasse gebeten. Und auch bei Zahlungseingängen unter 1000 Euro pro Monat werden Gebühren fällig. Die neue Regelung verärgert vor allem ältere Kunden. F Foto: dpa

„Kostenloses Girokonto eröffnen, 0 Euro, kostenlose Kontoführung“, so wirbt die Postbank im Internet um neue Kunden. Doch die kostenlose Kontoführung gilt nicht für alle: 99 Cent, so viel will die Postbank ab 1. April für eine einzige Überweisung nehmen, wenn diese auf einem Papierformular eingereicht wird.

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Von unserer Mitarbeiterin Gisela Kirschstein

Ende Januar kündigte die Postbank den Schritt an, aus Kostengründen, wie sie sagt. Doch die Neuregelung trifft vor allem Senioren und Verweigerer von Onlinebanking.

„Das ist eine Sauerei“, sagt Ingeborg K. Die Bonner Seniorin hat seit Jahrzehnten ihr Girokonto bei der Postbank. Die Monatsgebühr für den Turnverein, Sportkurse im Schwimmbad, viele Überweisungen tätigt sie noch von Hand, auf dem Überweisungsvordruck der Postbank. Den trägt die 78-Jährige dann noch eigenhändig zur Postfiliale. Onlinebanking, das hat die rüstige Seniorin nicht, dem Geldtransfer im Internet traut sie nicht recht über den Weg.

„Ich brauche ein Girokonto für meine Rente“, ärgert sich Ingeborg K., „und ich muss ohnehin schon dafür Gebühren zahlen.“ Denn ein kostenloses Girokonto gibt es bei der Postbank erst ab einem monatlichen Zahlungseingang von mindestens 1000 Euro. Wer aber eine kleine Rente bezieht, oft weit unter 1000 Euro, zahlt bei der Postbank satte 5,90 Euro im Monat.

Wenn dazu nun auch noch 5, 7 oder 10 Euro an Überweisungsgebühr kommen, ist das ein teures Vergnügen für eine Basisleistung. „Die Postbank: altenfeindlich?“ fragt deshalb das Seniorenmagazin „sechs + sechzig“ auf seiner Internetseite www.magazin66.de.

5,25 Millionen private Girokonten gibt es derzeit bei der Postbank. Das einstige Staatsunternehmen „Deutsche Bundespost“ wurde 1994, mit der zweiten Postreform, privatisiert. Es entstand eine deutsche Geschäftsbank, die dank ihres großen Filialnetzes schnell zum Grundversorger in Sachen Bankengeschäften wurde. Umso mehr trifft nun gerade die langjährigen Kunden der Preisschock.

„Uns ist die Ertragsseite weggebrochen“, heißt es entschuldigend bei der Postbank: „Bisher konnten wir mit den Einlagen der Kunden arbeiten und Erträge erwirtschaften“, sagte Postbank-Sprecher Ralf Palm unserer Zeitung. „Das ist in Zeiten der Niedrigzinslage nicht mehr möglich.“ Aber man wollte die sonstigen kostenlosen Dienstleistungen nicht antasten, betont Palm. Schließlich habe die Postbank noch knapp 1100 Filialen, mehr als 2200 Geldautomaten und viele Banking-Terminals in den Filialen. 99 Cent, das sei ein „absolutes Mittelpreisniveau“. Andere Mitbewerber nähmen da schon 2,50 Euro.

„99 Cent pro Beleg, das ist aus unserer Sicht schon ein hoher Preis“, sagt hingegen Josephine Holzhäuser, Expertin für Finanzdienstleistungen bei der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz in Mainz. Die Kunden werden ihrer Meinung nach ins Onlinebanking gedrängt. Die Verärgerung bei den Postbank-Kunden sei hoch. Selbst, wer Internet habe, müsse das nämlich „noch lange nicht fürs Onlinebanking nutzen wollen“, sagte Holzhäuser. Und längst nicht nur Senioren haben Holzhäuser zufolge beim Onlinebanking Sicherheitsbedenken.

Dass die Postbank Senioren abkassiert, weist Palm entrüstet zurück, muss aber zugeben, dass die Bank ihre Kunden falsch eingeschätzt hat: „Ich musste lernen, dass viele Kunden Miete und Handyrechnungen noch per Überweisung machen, Monat für Monat“, räumt Palm ein: „Das sind doch sehr viele.“ Und so sucht die Postbank nun eilfertig nach Möglichkeiten, die Kunden zu besänftigen.

„Kommen Sie mit Ihrem Bankauszug in unsere Finanzcenter“, bietet Palm an. Dort versuche man dann, Lösungen zu finden. Viele Überweisungen ließen sich durch den kostenlosen Lastschrifteinzug ersetzen. „Wir werden im April noch einmal 500 Betreuer an die Multifunktionsterminals stellen, die den Kunden helfen“, kündigt der Sprecher an. Andere Kunden seien auch schon in andere Kontomodelle gewechselt.

Das gilt vor allem für Kunden, die konkret nachfragen, sagt Verbraucherschützerin Holzhäuser. Und die Banking-Terminals seien „auch nicht jedermanns Sache“. „Gerade durch die neuen Sepa-Überweisungen bilden sich da lange Schlangen“, kritisiert die Verbraucherschützerin.

Rechtlich gesehen können die Kunden den neuen Gebühren widersprechen. Dann laufen sie aber Gefahr, dass ihnen das Konto gekündigt wird. Verbraucherschützer empfehlen deshalb, sich auch bei anderen Banken zu informieren und eventuell das Konto zu wechseln. Denn noch gebe es eine breite Bankenlandschaft.

Für andere Banken könnte der neue Zulauf ein willkommenes Geschäft sein, die Postbank-Kunden mit offenen Armen zu empfangen. Selbst der Kontoumzug wird oft von der neuen erledigt. „Wenn viele Kunden sagen, es reicht uns, dann wird sich die Postbank vielleicht keinen Gefallen getan haben“, sagt Holzhäuser: „So kann man Kunden auch verprellen.“