Streik oder Verspätung: Das sind Ihre Rechte

Bei einem Blick auf die Anzeigetafel ist für viele Flugpassagiere die Reise bereits vorbei. Verspätungen, Flugausfälle oder -streichungen kommen häufiger vor, als man denkt.
Bei einem Blick auf die Anzeigetafel ist für viele Flugpassagiere die Reise bereits vorbei. Verspätungen, Flugausfälle oder -streichungen kommen häufiger vor, als man denkt. Foto: Denise Remmele

Fast alle ihre Flüge wird die Lufthansa heute wegen des Warnstreiks der Gewerkschaft Verdi streichen. Von insgesamt 1720 geplanten Abflügen in Deutschland werden voraussichtlich nur 32 starten. Nicht wenigen Menschen könnte dies die Lust auf Urlaub vermiesen. Gut, dass Flugreisende in der EU weitreichende Rechte gegenüber den Fluggesellschaften und dem Reiseveranstalter geltend machen können.

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Fast alle ihre Flüge wird die Lufthansa heute wegen des Warnstreiks der Gewerkschaft Verdi streichen. Von insgesamt 1720 geplanten Abflügen in Deutschland werden voraussichtlich nur 32 starten. Nicht wenigen Menschen könnte dies die Lust auf Urlaub vermiesen. Gut, dass Flugreisende in der EU weitreichende Rechte gegenüber den Fluggesellschaften und dem Reiseveranstalter geltend machen können.

Das regelt die EU-Verordnung 261/2004, weitere Aktualisierungen sind in Planung. Wir beantworten die wichtigsten Fragen.

Mein Flug wurde annulliert. Wie gehe ich jetzt vor?

Wenden Sie sich umgehend an die Fluggesellschaft, bei der sie den Flug gebucht haben. Entweder bei der Informationshotline oder bei dem Schalter der Fluglinie am Flughafen. Die Airline ist dazu verpflichtet, Sie zeitnah – soweit möglich – auf einen anderen Flug umzubuchen oder bei innerdeutschen Flügen den Transport per Bahn anzubieten.

Möchten Sie diese Alternativen nicht annehmen, können Sie Ihren gebuchten Flug kostenfrei stornieren und erhalten den Flugpreis sowie etwaige zusätzliche Kosten für Gepäckstücke zurück. Haben Sie eine Pauschalreise gebucht, wenden Sie sich an den Reiseveranstalter. Dieser hat ebenfalls die Pflicht, so schnell wie möglich eine Ersatzbeförderung zu organisieren. Reisende können diese per Telefon oder – falls vorhanden – am Schalter des Unternehmens am Flughafen fordern.

Wie gehe ich bei einem Streik vor?

Im Grunde ist das Prozedere nicht anders als bei einer Flugannullierung. Haben Sie von einem Flughafenstreik erfahren, der Ihre Reise einschränken könnte, fragen Sie direkt bei der Flughafenhotline nach oder rufen Sie bei der Fluggesellschaft an, um zu erfahren, ob Ihr Flug beeinträchtigt wird. Rufnummern sind auf der jeweiligen Internetseite oder in Ihren Reiseunterlagen zu finden. Cornelia Cramer vom Luftfahrt-Bundesamt rät Passagieren, in jedem Fall die Bordpapiere zu behalten, um Beweise zu sammeln: „Schicken Sie beim Schriftwechsel mit der Airline oder auch bei einer Anzeige beim LBA niemals die Originaldokumente mit.“

Habe ich Anspruch auf Schadensersatz, wenn mein Flug ausfällt?

Grundsätzlich haben Reisende, deren Flug ausgefallen ist, die Möglichkeit, zivilrechtlich gegen das Flugunternehmen zu klagen. Dabei hängt es von der nationalen Gesetzgebung ab, also vom Ort der Klage, wie lange man diese einreichen kann. Die kann man entweder im Abflugs- oder im Ankunftsland einreichen. Dies entschieden die Richter des Europäischen Bundesgerichtshofes bereits im Jahr 2009.

In Deutschland sind Klagen wegen des Ausfalls einer Verbindung mindestens drei Jahre lang möglich: für den Rest des laufenden Jahres und die folgenden drei Jahre. Sorgt „höhere Gewalt“ für einen Flugausfall, muss die Gesellschaft nicht zahlen. Dazu zählen zum Beispiel extreme Wetterverhältnisse, technische Probleme, die bei Routinechecks gefunden wurden.

Grundsätzlich gilt: Kann die Airline nachweisen, dass sie für den Flugausfall nicht verantwortlich ist, haben Reisende keinen Anspruch auf Erstattung. „Weitergehender Schadenersatz, beispielsweise für einen Mietwagen, bereits gebuchte Ausflüge am Urlaubsort oder die Hotelunterkunft, die wegen der Verspätung oder der Annullierung nicht genutzt werden können, sind auf der Basis des Zivilrechtes geltend zu machen“, sagt Cornelia Cramer vom Luftfahrt- Bundesamt.

Die Verordnung vom Europäischen Bundesgerichtshof sieht hier keine speziellen Regelungen vor.

Was steht mir zu, wenn mein Flug sich verspätet?

In der EU-Verordnung heißt es, dass am Flughafen gestrandeten Passagieren von den Airlines Essen und Trinken in angemessenem Verhältnis zur Wartezeit zusteht. Des Weiteren dürfen zwei Telefonate geführt, zwei Faxe oder zwei E-Mails geschickt werden. Ist ein Abflug erst am nächsten Tag möglich, müssen sich Fluggesellschaften um eine Unterkunft mit Transfer kümmern. Verschiebt sich der Start je nach Flugstrecke um mindestens zwei Stunden, sollten sich Passagiere diese Verspätung von der Fluggesellschaft vor Ort dokumentieren lassen. Das gilt auch bei Flugannullierungen. Das ist sinnvoll, um später Beweise für Schadensersatzforderungen in der Hand zu haben.

Wie viel Geld bekomme ich zurück?

Die EU hat Pauschalentschädigungen festgesetzt, die von der Länge der Flugstrecke abhängen: Bei einer Ankunftsverzögerung von mehr als drei Stunden infolge von Abflugverspätung bis 1500 Kilometer gibt es 250 Euro, bei Flügen zwischen 1500 und 3500 Kilometern 400 Euro und bei Flügen über 3500 Kilometer 600 Euro.

Die Beträge halbieren sich bei einer Annullierung oder Überbuchung, wenn die Airline eine zeitnahe Ersatzbeförderung anbietet – das heißt, dass sich die Ankunft je nach Entfernung nicht mehr als zwei bis vier Stunden verzögert. Bei einer Abflugverzögerung von weniger als zwei Stunden bei einer Flugstrecke von maximal 1500 Kilometern gibt es keine Entschädigung.

Mein Gepäck ist verloren gegangen. Was steht mir zu?

Dass eine Fluggesellschaft bei Beschädigungen oder Verlust eines Koffers Schadensersatz von insgesamt bis zu 1345 Euro bezahlen muss, ist nicht neu. Laut dem neuesten Urteil des Europäischen Gerichtshofes müssen Flugunternehmen eine Entschädigung nicht nur pro Gepäckstück, sondern pro Person zahlen. In einem weiteren Fall beschlossen die Richter in Luxemburg, dass die Fristen für Klagen auf Schadensersatz wegen Flugausfall von nationalen Vorgaben abhängen. In jedem Fall muss aufgelistet und idealerweise mit Belegen nachgewiesen werden, was sich im Koffer befand.

Von unserer Reporterin Charlotte Scharf