Berlin

Werbung für den Wahlkampf: Steinbrücks Helfer nutzen eine Gesetzeslücke

Eine Unterstützerinitiative im Internet für den SPD-Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück verursacht Wirbel. Die Kommunikationsagentur Steinkuehler-com des ehemaligen „Focus“-Redakteurs Karl-Heinz Steinkühler hat den Blog „PeerBlog“ gegründet, der im Wahlkampf Stimmung für Steinbrück machen soll [UPDATE:]- und es ist völlig unklar, wer das finanziert. Parteienkritiker Hans Herbert von Arnim sieht eine Gesetzeslücke, die geschlossen werden muss.

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Berlin – Eine Unterstützerinitiative im Internet für den SPD-Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück verursacht Wirbel. Die Kommunikationsagentur Steinkuehler-com des ehemaligen „Focus“-Redakteurs Karl-Heinz Steinkühler hat den Blog „PeerBlog“ gegründet, der im Wahlkampf Stimmung für Steinbrück machen soll [UPDATE:] – und es ist völlig unklar, wer das finanziert. Parteienkritiker Hans Herbert von Arnim sieht eine Gesetzeslücke, die geschlossen werden muss

Steinbrück und das Geld – die Mainzer Karnevalisten greifen das auch beim Rosenmontag auf. Für das Peerblog fließen die Mittel angeblich von fünf Unternehmern an die Agentur von Karl-Heinz Steinkühler, der zuletzt am Nürburgring PR-Fäden gezoigen hatte.
Steinbrück und das Geld – die Mainzer Karnevalisten greifen das auch beim Rosenmontag auf. Für das Peerblog fließen die Mittel angeblich von fünf Unternehmern an die Agentur von Karl-Heinz Steinkühler, der zuletzt am Nürburgring PR-Fäden gezoigen hatte.
Foto: dpa

Angelehnt an amerikanische Unterstützerinitiativen etwa für US-Präsident Barack Obama, wollen Steinkühler und seine Mitarbeiter die digitale Kommunikation für Steinbrück ergänzen und „für ihn bloggen“, wie es auf der Internetseite heißt. „Er hat sein Okay gegeben, dass wir seinen Namen für diesen Blog nutzen können. Abseits seiner Partei“. Als Gastautor fungiert der frühere NRW-Minister Axel Horstmann (SPD).

Unternehmer sollen das Internetforum sponsern

Das Blog sei unabhängig, betonen die Autoren. Die Internetseite werde von „herausragenden Unternehmerpersönlichkeiten in Deutschland“ finanziert. Diese schätzten Steinbrück, seine politische Kompetenz und seine Persönlichkeit, heißt es. Seit Sonntag ist „peerblog.de“ online. Den Vorwurf, dass es sich dabei um verdeckte Parteienfinanzierung halten könnte, weist Steinkühler zurück.

Der „Spiegel“ berichtete, das Blog werde von fünf Unternehmern unterstützt. Angeblich sollen der Gründer einer Münchener Internetfirma und ein Hamburger Kaufmann dazugehören. Nach Informationen unserer Zeitung ist auch ein NRW-Medienmanager dazbei. Alle zusammen hätten einen sechsstelligen Betrag beigetragen. Warum Steinkühler die Unternehmer verschweigt, wird nun kritisch kommentiert. Beim Kurzmitteilungsdienst Twitter erinnern Autoren an Helmut Kohls Spendenskandal. Der Altkanzler verschweigt bis heute die Namen von Großspendern. Auch in der SPD wird die Initiative mit Sorge gesehen. „Hoffentlich ist bei den Unterstützern keiner aus der Bankenszene dabei“, sagt ein SPD-Mann.

Der FDP-Bundestagsabgeordnete Patrick Kurth fragt, ob das Blog nicht als „geldwerte Leistung“ an die SPD gewertet werden müsste und ob die Anonymität mit dem Parteiengesetz vereinbar sei.

Der Experte für Parteienfinanzierung von der Deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer, Hans Herbert von Arnim, ist der Ansicht, dass Steinbrück die Namen der Unterstützer des Blogs nennen müsste. „Es besteht ein großer politischer Druck. Es gibt ein hohes öffentliches Interesse zu erfahren, wer die Geldgeber sind“, sagte von Arnim im Gespräch mit unserer Zeitung.

[UPDATE:] Die Nichtregierungsorganisation LobbyControl erklärte, intransparente Wahlkampf-Unterstützung für einzelne Kandidaten oder Parteien sei inakzeptabel. „Die Macher von peerblog sollten die Finanziers im Hintergrund sofort offenlegen.“

Rein rechtlich allerdings seien weder Steinbrück noch Steinkühler tatsächlich verpflichtet, die Namen zu nennen, so von Arnim. „Solange nicht nachgewiesen werden kann, dass Steinbrück oder die SPD den Blog mitsteuern und die Macher behaupten, völlig selbstständig zu handeln, sind sie nach dem Parteienfinanzierungsgesetz nicht dazu verpflichtet.“

[UPDATE:] Und genau das behauptet Steinkühler: Es gebe „auf keiner Ebene eine Zusammenarbeit mit dem Willy-Brandt-Haus – keine Information, keine Fotos, kein Geld“, sagte er der SZ.

Von Arnim sieht hier eine eindeutige Gesetzeslücke, die geschlossen werden müsste.

[UPDATE:] Der Kommunikationsberater Klaus Eck empfindet das Finanzierungsmodell unabahängig von der rechtlichen Frage „für die Online-Reputation eher verheerend“, wie er in seinem Blog schreibt. „Politisch ungeschickt ist es allemal.“ Er hat aber auch noch eine andere Kritik: Bislang sei nicht einmal ein innovativer Ansatz erkennbar – worauf die Macher abheben.

Steinbrücks Unterstützer Steinkühler, der im Auftrag der Ex-Pächter am Nürburgring scharfe Töne gegen Rot-Grün anschlug, ist auch immer für Wirbel gut. Er gilt als einer Verantwortlichen für das Blog „Wir in NRW“, das zu schwarz-gelben Zeiten den NRW-Wahlkampf richtig aufmischte und gegen den damaligen CDU-Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers Attacken geritten hatte. Das dementierte er stets, auch sein Pseudonym Theobald Tiger. Nach dem Machtwechsel hatte seine Agentur mehrere Aufträge der rot-grünen Landesregierung erhalten. Daraufhin hatte die CDU der Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) vorgeworfen, Steinkühler mit „Dankeschön“-Aufträgen zu belohnen. Der Verdacht von der fetten Beute des Tigers ist nie erhärtet worden. Aktuell ist die Agentur laut ihrer Webseite für fünf Projekte des Landes tätig.

Spitzengenossen in Rheinland-Pfalz attackiert

Für Spitzengenossen in Rheinland-Pfalz gilt Steinkühler als einer, der eines bestens beherrscht: Ärger machen. Denn mit seinem Auftauchen als Sprachrohr an der Rennstrecke in der Eifel wurde das Klima mit den Ex-Pächtern im Streit um die Pacht immer aggressiver. Infrastrukturminister Roger Lewentz (SPD) nannte ihn einen „Falschspieler“. Zimperlich war auch Steinkühler nicht, den Pläne des Ex-Ministerpräsidenten Kurt Beck (SPD) schon einmal in einem Blog „fatal an Niki Laudas Horrorcrash auf der Nordschleife“ erinnerte oder der rot-grünen Landesregierung vorwarf, sie fahre „den Ring an die Wand“. Steinkühler hatte zuletzt auch immer wieder vollmundig erklärt, die Formel-1-Verhandlungen der Ex-Pächter liefen super. Nur, sie flogen letztlich beim Formel-1-Chef Bernie Ecclestone aus der Kurve. Das Rennen machten am Ende die Sanierer. Ob es Steinkühler gelingt, den Kanzlerkandidaten Steinbrück nach ganz oben zu bloggen, bleibt vorerst noch abzuwarten.

[UPDATE:] Das Blog Abgeordnetenwatch hat aber schon mal festgehalten, dass Steinkühler-com in der Vermittlung von Steinbrück-Inhalten schon vorher tätig war: Die Agentur hatte den ehemaligen Finanzminister an die französische Großbank Société Générale vermittelt, wo er im November 2010 für ein Honorar von 15.000 Euro auftrat.

Von unseren Reportern Michael Bröcker, Rena Lehmann und Ursula Samary

UPDATES von Lars Wienand