Emanzipation: Der heutige Tag soll international an die Gleichberechtigung der Geschlechter erinnern

Dort, wo ihre Rechte unterdrückt werden, gehen Frauen seit mehr als 100 Jahren am Internationalen Frauentag auf die Straßen. Zum ersten Mal forderten am 19. März 1911 mehr als eine Million Menschen in Deutschland, Österreich-Ungarn, Dänemark und der Schweiz, dass Frauen Ämter bekleiden und wählen dürfen.

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Außer in Finnland waren zu diesem Zeitpunkt nirgends in Europa Frauen zur Wahl zugelassen. Seit 1921 wird der Tag am 8. März begangen. In Afghanistan, Georgien, auf Kuba und in weiteren Staaten ist er offizieller Feiertag. Und wie wird der Frauentag gefeiert?

Deutschland

Vor allem in den neuen Bundesländern wird der Tag mit roten Nelken verbunden. Zu DDR-Zeiten war der Frauentag eine rein sozialistische Veranstaltung. Im Mittelpunkt standen weniger politische Forderungen als das gemeinsame Feiern. Verdiente Kolleginnen wurden von einem meist männlichen Mitglied der Betriebsführung ausgezeichnet. Die Feministinnen der Bundesrepublik hingegen sahen den Frauentag der Ostblockstaaten kritisch: „In den 1970er-Jahren kannten wir keinen 8. März“, schrieb „Emma“-Herausgeberin Alice Schwarzer 2010 über den ihrer Meinung nach „sozialistischen Muttertag“.

Frauen hätten sich in der DDR mit Kuchen, Nelken und billigem Parfüm abspeisen lassen. In die Chefetagen seien nur Männer aufgestiegen. Aber 1994 zum sogenannten FrauenStreikTag erlebte der Internationale Frauentag eine politische Renaissance. Seitdem hat es vermehrt Veranstaltungen zum 8. März gegeben, organisiert von Gewerkschaften, autonomen Frauengruppen, Frauenbeauftragten oder Volkshochschulen.

Italien

In Italien werden am Frauentag meist gelbe Mimosen verschenkt. Die ungewöhnliche Blumenwahl geht zurück auf drei Widerstandskämpferinnen während der Herrschaft der Faschisten, die sie als ihr Symbol wählten. Seitdem gilt in Italien die gelbe Mimose als Zeichen für die Befreiung der Frauen von männlicher Unterdrückung. Natürlich gibt es im Land der kulinarischen Genüsse auch spezielle Gerichte für den Frauentag, und wiederum spielt die Farbe Gelb eine große Rolle. Serviert wird beispielsweise Risotto mit Curry.

Indien

Bislang hat der Weltfrauentag in Indien keine besonders große Rolle gespielt. Das könnte sich allerdings nach der tödlichen Vergewaltigung einer 23 Jahre alten Inderin im vergangenen Dezember ändern. Zahlreiche Frauengruppen planen große Protestmärsche und Versammlungen. Allein in der Hauptstadt Neu-Delhi werden bis zu 20 000 Teilnehmer erwartet. Viele Inderinnen fordern, dass Schluss sein muss mit der Gewalt gegen Frauen und dass sich die patriarchalische Gesellschaft Indiens grundlegend ändern muss.

Äthiopien

Wie in vielen anderen afrikanischen Ländern kämpfen die Frauen seit Langem um Gleichberechtigung. Viele Organisationen rufen zu Initiativen und Aktionen auf, um die vielfältigen Probleme wie weibliche Genitalbeschneidung, Kinderhochzeit, HIV/Aids, Gewalt gegen Frauen und Müttersterblichkeit wegen mangelnder Gesundheitsversorgung ins Zentrum der Weltöffentlichkeit zu rücken.

Russland

Dort ist der Weltfrauentag seit 1913 einer der wichtigsten Termine im Kalender und steht nach Silvester und Geburtstag an dritter Stelle. Seit der Oktoberrevolution 1917 ist er offizieller Feiertag. In der Sowjetunion hatte er sozialistischen Charakter. Im heutigen Russland werden in einer Mischung aus Valentins- und Muttertag nicht nur Ehefrauen und Mütter, sondern auch Arbeitskolleginnen mit Pralinen, Parfüm und Schmuck bedacht.

China

Wie in Madagaskar und Nepal ist der 8. März in China ein Feiertag ausschließlich für Frauen. In Staatsbetrieben bekommen sie häufig den halben Tag frei, manchmal verteilen die Unternehmen auch kleine Aufmerksamkeiten. In privaten Firmen und in Großstädten werden diese beiden Traditionen allerdings nur noch selten gepflegt.

Polen

Der „sozialistische Feiertag“ mit roten Nelken hat schon in den 1980er-Jahren an Popularität verloren – Blumen wurden im katholischen Polen mehr und mehr am Valentinstag verschenkt. Heute erhalten Frauen und Schulmädchen nur von den eher galanten und etwas altmodischen Männern und Klassenkameraden noch kleine Präsente und Blumensträuße.

Sebastian Fischer