Neuwied

Gymnasial-Turn-Ruderverein Neuwied begibt sich auf Wanderfahrt in die Schweiz

Foto: Gymnasial-Turn-Ruderverein Neuwied

Lange geplant, in diesem Jahr realisiert: Eine Wanderfahrt im Jura, einem Höhenzug zwischen Genf und Basel entlang der französischen Grenze, bekannt für die Schönheit seiner schroffen Kalkfelsen und seiner sanft hügeligen, weiten Hochebenen.

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Dazwischen liegen der Murtensee, der Neuenburger See, der Bieler See und der größte Fluss der Schweiz, die Aare. Eine Wanderfahrt, die einer besonders sorgfältigen Vorbereitung bedurfte. Bereits Anfang April fuhr Fahrtenleiter Klaus Dalpke in Begleitung von Dr. Thomas Hille in die Schweiz, um die Strecke zu erkunden. Unterstützt von zwei engagierten Schweizer Ruderfreunden des RC Solothurn, Beat und Gabi Hofer, die wertvolle Tipps für ein gefahrloses Rudern auf den Seen gaben, wurde die Strecke festgelegt.

Foto: Gymnasial-Turn-Ruderverein Neuwied

So machten sich am 19. September 17 Ruderer, weitgehend Senioren mit Jahrzehnte langer Rudererfahrung, mit einer Flotte von drei „Vierern“, zwei Bussen und einem Bootsanhänger auf den Weg in die Schweiz. Nach etwa 500 Kilometern kam das Team am Murtensee an, um abzuladen und die Boote für den ersten Rudertag vorzubereiten. Nach einer kurzen Fahrt zum zentralen Hotel in Biel war der Anreisetag geschafft. Biel ist eine moderne Industrie- und Handelsstadt. Die beschauliche Altstadt dagegen, umgeben von mittelalterlichen Gebäuden mit schönen Cafés und Restaurants, lockte zu abendlichen Spaziergängen.

Nach einem guten Frühstück im Hotel fuhren die Rudermannschaften zur ersten Einsatzstelle, dem Segelclub in Murten. Spiegelglatt zeigte sich der See, so dass ein Befahren ohne Risiko möglich war. Das nutzten die Ruderer reichlich aus und umrundeten den See in alle Richtungen. Zur Mittagspause hatte der Landdienst zur Stärkung ein Picknick in der Marina Vallamand organisiert. Bei strahlendem Sonnenschein lagen der See und die Schweizer Berge vor den Rheinländern. Endstation der ersten Etappe war wieder der Segelclub in Murten.

Auch am zweiten Rudertag begann die Etappe in Murten, aber mit Ziel Colombier am Neuenburger See. So war es geplant. Doch der Windbericht für diesen Tag verhieß nichts Gutes. Gegen Mittag sollte es anfangen ordentlich zu wehen. Und so kam es dann auch. Als die Rudertruppe den Broye-Kanal verließ, wurden die Wellen höher. Die geplante Anlegestelle am Campingplatz Gampelen wurde ausgelassen und direkt nach Marin Epagnier gerudert. Da war es schon recht ungemütlich geworden war, musste man sich beeilen, die Boote aus dem Wasser zu nehmen. An ein Weiterrudern auf dem Neuenburger See war nicht zu denken. Der Landdienst verwöhnte die Rudermannschaften wieder mit einem kräftigen Picknick. Im nahegelegenen Restaurant wurde noch ein Kaffee getrunken. Dann ging es mit den Fahrzeugen zurück zum Hotel. Der Nachmittag stand zur freien Verfügung.

Am dritten Tag hatte der Wind glücklicherweise nachgelassen, so dass die Etappen vom Vortag auf dem Neuenburger See teilweise nachgeholt werden konnte. Es ging von Marin-Epagnier bis kurz hinter Neuchatel und wieder zurück nach Marin-Epagnier. Zur Mittagspause stand wieder ein Picknick an. Dann ging es weiter in den Zihlkanal bis zum Bieler See. Etappenziel war der Campingplatz Le Landeron. Interessiert schauten die Camper den Ruderern zu, wie sie die Boote aus dem Wasser nahmen. So etwas hatten sie offenbar noch nie gesehen. Auch eine Spaziergängerin, die mit ihrem Hund am Zihlkanal unterwegs war, rief den Neuwiedern zu, dass sie sich nicht an ein Ruderboot auf dieser Strecke erinnern könne. So waren die drei Mannschaften auf diesem Teil der Ruderstrecke Exoten.

Nun schon der vierte Rudertag, und man ahnte morgens noch nicht, was an diesem Tag bevorstand. Zwar war gegen Mittag kräftiger Wind angesagt, doch hatte man die Hoffnung, dass es wohl nicht so schlimm werden würde. Der Bieler See wird am Anfang von der St. Petersinsel geteilt. Das Wasser war zwar rau, aber am Morgen noch gut zu rudern. Die Uhr schlug auch erst zehn, als der See in seiner vollen Breite sichtbar wurde. Dann frischte es auf, früher als gedacht. Die Wellen wurden höher und höher. Die Steuerleute hatten alle Hände voll zu tun, die Boote sicher über die Wellenkämme zu bringen. Glücklicherweise kam zumindest der Wind von hinten. Gegen den Wind wäre ein Weiterrudern unmöglich gewesen. Man erblickte Schaumkronen über Schaumkronen. Hin und wieder kam etwas Wasser ins Boot, was aber nicht weiter gefährlich war. Das „Wellenreiten“ machte sogar gewissen Spaß, denn die Wanderboote können raue See bis zu einem bestimmten Maße gut. vertragen. Dennoch war die Anspannung groß. Würden die Mannschaften das Ziel erreichen? Ein Boot hatte sich etwas zu lang mit Pausen aufgehalten, so dass der Obmann rund drei Kilometer vor dem Ziel eine Weiterfahrt nicht verantworten wollte und in einem kleinen Hafen Schutz suchte. Die beiden anderen Boote erreichten mit Mühe den Seeclub Biel. Es war ein Erlebnis, das viele der Teilnehmer in dieser Intensität noch nicht hatten. Am Seeclub Biel, traumhaft am See gelegen, wurden die Boote aus dem Wasser geholt. Dieses Mal schmeckte das vom Landdienst hergerichtete Picknick besonders gut. Ein Weiterrudern am Nachmittag war bei Wellengang und Gegenwind nicht möglich. Vorgesehen war die andere Seite des Sees bis Täuffelen und zurück.

Nach diesem ereignisreichen Tag war Erholung nötig. So kam es den Neuwiedern gerade recht, dass am ruderfreien Tag eine Stadtführung in Bern gebucht war. Die Stadtführerin spazierte mit den Teilnehmern vom Bärenpark aus zwei Stunden durch die Altstadt. Die Bundeshauptstadt Bern hat etwa 125.000 Einwohner. Die in einer Aareschlaufe auf drei Seiten eingeschlossene Altstadt hat mit ihren Patrizierhäusern und Arkadengängen Aufnahme ins Unesco-Weltkulturerbe gefunden. Der Bär ist das Wahrzeichen Berns. Am Bärenpark kann man die Tiere lebendig beobachten. Weitere Sehenswürdigkeiten: das Bundeshaus, der Käfigturm, der Zytglogge-Turm, das Münster, die Schweizer Nationalbank, das Paul-Klee-Museum. Die Stadtführerin erwähnte auch, dass Albert Einstein von Oktober 1903 bis Mai 1905 in Bern in der Kramgasse 49 gelebt hat, dem heutigen Einsteinhaus Bern, Dort ist ein Museum eingerichtet. Nach der Stadtführung hatte jeder noch Gelegenheit, Bern auf eigene Faust zu erkunden.

Zwei Etappen lagen noch vor den Ruderern und die Seen hatte man bereits befahren. Vom Seeclub Biel ging es in den Nidau-Büren-Kanal zur Schleuse in Port. Die Mannschaften waren angemeldet, so dass man ohne Wartezeit in die Schleuse einfahren konnte. Der Wind war wieder ein ständiger Begleiter. Er frischte heftig auf und machte den Wassersportlern das Leben auf der Aare schwer, denn nun hatte man mit Gegenwind zu kämpfen. Viele Wellen, aber auf dem Fluss nicht allzu hoch, so dass das Rudern zwar anstrengend, aber gefahrlos möglich war. Es ging zunächst bis Büren, einem malerischen Städtchen an der Aare. Kurz vor der historischen Holzbrücke konnte angelegt und das letzte Picknick direkt am Fluss genossen werden.

Im Laufe des Nachmittags erreichten die Neuwieder problemlos den Anlegesteg des RC Solothurn. Den Schweizer Ruderfreunden, Gabi und Beat Hofer, wurde Bericht über die Erlebnisse während der fünf Rudertage erstattet. Nach der Rückfahrt zum Hotel hatte jeder noch Gelegenheit, sich in Biel umzusehen. Manche nutzten die Zeit zu einer Fahrt mit der Bergbahn nach Magglingen. Dort ist die Berner Fachhochschule untergebracht. Man hat einen wunderbaren Blick auf den Bieler See und die Berge im schweizerischen Jura.

Am sechsten Rudertag stand die Kür auf dem Programm. Sechs Kilometer Aare abwärts und sechs Kilometer zurück. Glattes Wasser, keine Anstrengung, kein Landdienst. Der konnte mit Beat Hofer in einem „Dreier“ des RC Solothurn rudern. Alle waren somit zum Abschluss gemeinsam auf dem Wasser. Anschließend wurden beim RC Solothurn die Boote gereinigt und auf den Anhänger verladen. Die Ruderwanderfahrt in der schönen Schweiz war zu Ende. Es waren spannende und ereignisreiche Tage, die jedem Teilnehmer lange in Erinnerung bleiben werden. Gutes Wetter, viel Sonne, angenehme Temperaturen und natürlich der Wind, der den Ruderern zu schaffen machte.

Auf Empfehlung von Beat und Gabi Hofer sind zum Abschluss noch alle gemeinsam mit der Kabinenbahn auf den Weissenstein, den Hausberg der Solothurner, gefahren, um bei Kaffee und Kuchen die Aussicht auf Eiger, Mönch und Jungfrau zu genießen. Zurück in Biel trafen sich alle Teilnehmer zum Abschlussabend im Restaurant des Hotels. Das Hotel Dufour wird von einem Inder geführt. Das Essen war insgesamt sehr schmackhaft und zweimal wurden die Neuwieder mit einem indischen Buffet verwöhnt. Die Servicemitarbeiter waren alle freundlich und hilfsbereit, so dass die Ruderer sich sehr wohlgefühlt haben. Auf das gegenüber Deutschland erhöhte Preisniveau hatte man sich ohnehin im Vorfeld eingestellt.

Vor dem letzten gemeinsamen Abendessen sprach der Fahrtenleiter einen Dank an alle Teilnehmer aus, die mitgeholfen hatten, diese Fahrt möglich zu machen. Klaus Dalpke dankte auch Friedhelm und Klara Pasch für ihren jahrzehntelangen Einsatz im Wanderruderbereich des Gymnasial-Turn-Rudervereins Neuwied (GTRVN) und überreichte ihnen eine Lithografie von Paul A. Weber „Der Ratzeburger Achter“. Nachdem Klaus Dalpke mehr als 20 Jahre lang die große Sommerwanderfahrt für den GTRVN organisiert hat, wird auch er sich aus diesem Bereich zurückziehen, so dass es sich nicht nur um ein Abschiedsessen einer einzelnen Wanderfahrt handelte, sondern um einen ganz besonderen Abschied. Eine Ära der Wanderfahrten geht zu Ende, aber es werden sich neue Aktivitäten im Rahmen dieser Altersgruppen im GTRVN finden.

Bericht von Klaus Dalpke