Linz

Die Grünen vom Ortsverband Linz luden in der bunten Stadt am Rhein zu einem konsumkritischen Stadtrundgang ein

Nora Rütten (3. von links) von Kölle Global veranschaulicht beim konsumkritischen Stadtrundgang durch Linz  spielerisch die Missstände in der Textilbranche: durch das Spannen eines Wollfadens zwischen den Teilnehmern wird die weltweite Produktions- und Lieferkette einer Jeans dargestellt.
Nora Rütten (3. von links) von Kölle Global veranschaulicht beim konsumkritischen Stadtrundgang durch Linz spielerisch die Missstände in der Textilbranche: durch das Spannen eines Wollfadens zwischen den Teilnehmern wird die weltweite Produktions- und Lieferkette einer Jeans dargestellt. Foto: B'90/Die Grünen Ortsverband Linz

Auf den Spuren der Globalisierung: Zahlreiche interessierte Bürger unterschiedlicher Altersgruppen fanden sich zu einem Stadtrundgang der besonderen Art auf Einladung der Grünen vom Ortsverband Linz am Buttermarkt ein.

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Diesmal ging es statt um historische Bauwerke um die Fragen: Wo und unter welchen Bedingungen werden unsere alltäglichen Konsumgüter produziert und nach Gebrauch entsorgt? Worauf kann ich beim Einkaufen und im Alltag achten, um mich nachhaltig, fair und umweltschonend zu verhalten?

Für den rund zweieinhalbstündigen Streifzug hatten die Grünen die Referentin Nora Rütten vom Projekt „Kölle Global“ engagiert, die die Gruppe mit viel Hintergrundwissen führte.

„Ich möchte Ihnen die Probleme des globalen Handels deutlich machen“, startete Rütten den Rundgang und ergänzte die positive Nachricht: „Es gibt vieles, was wir hier vor Ort selbst tun können, um die Missstände zu verbessern“.

Als „Handwerkszeug“ für nachhaltigen und verantwortungsbewussten Konsum stellte sie den Zuhörern die „6 Rs“ vor, die für „R-epair , R-ecycle, R-euse, R-efuse , R-educe und R-ethink stehen und sich wie ein roter Faden durch den Vormittag zogen.

Durch aktives, spielerisches Einbeziehen der Teilnehmer machte Nora Rütten manches abstrakte Thema anschaulich und greifbar.

So ging es an der ersten Station zum Thema Textilien um den hohen Wasserverbrauch bei der Baumwollproduktion und die unwürdigen Arbeitsbedingungen in Bangladesch und auf den Philippinen. Dass in manchen Teilen der Welt immer noch Kinderarbeit herrscht und die Arbeiter oft ungeschützt mit den giftigen Chemikalien in Kontakt kommen, erschütterte die Zuhörer besonders.

Zur Sprache kam auch die sehr fragwürdige Gewinn-Verteilung: Während ein Großteil der Kosten in die Werbung gehen, erhalten die Menschen, die an der Produktion beteiligt sind, gerade mal ein Prozent des Kaufpreises. „Die Verteilung von Gewinnen ist das Problem“, bringt es Rütten auf den Punkt. „Dies ist ein Missstand in fast allen Produktionsbereichen!“

Auf die Frage „Wo finde ich denn Kleidung, die umweltschonend und fair hergestellt wurde?“ bemerkt Rütten, dass fair gehandelte Textilien zwar bisher hauptsächlich im Internet oder in Geschäften in Großstädten zu finden seien, aber es trotzdem ratsam sei, auch im örtlichen Einzelhandel danach zu fragen, um so die Händler auf den Bedarf aufmerksam zu machen. Auch auf die Probleme, die bei der Entsorgung von gebrauchten Textilien auftreten, ging die Referentin ein: „Am Besten ist es, wenn wir getragene Kleidung reparieren (R-epair) oder hier bei uns r-ecyclen“, so ihr Rat.

Für den nächsten Themenkomplex versammelte sich die Gruppe um Frau Rütten, die seit zehn Jahren konsumkritische Stadtrundgänge in Köln anbietet, auf dem Linzer Marktplatz und erhielt einen Überblick über die Schattenseiten des Elektronikkonsums. Rütten informierte über die aufwändige und umweltschädliche Gewinnung der notwendigen Rohstoffe, die nicht selten Auslöser für Bürgerkriege ist, und wies darauf hin, dass pro Sekunde auf der Welt 36 Handys hergestellt werden, was alle Teilnehmer nachdenklich stimmte. Sie erläuterte die Probleme durch die Anhäufung von Elektroschrott, und ihre Umfrage unter den Teilnehmern ergab, dass häufig mehrere ungenutzte Handys zu Hause in der Schublade liegen. Alle waren sich einig, dass hier ein Überdenken der Notwendigkeit einer Neuanschaffung (R-ethink), eine längere Nutzungsdauer (R-educe) und der Kauf eines gebrauchten Gerätes (R-use) Abhilfe schaffen können.

Auf dem Burgplatz erarbeitete sich die Gruppe dann im Rahmen eines Quiz’ die harten Fakten zum letzten Themenschwerpunkt Ernährung.

So wurde deutlich, dass Dumpingpreise bei Lebensmitteln nur durch Monokulturen und Ressourcenverschwendung möglich sind. Auch wies Frau Rütten auf den Zusammenhang zwischen der Massentierhaltung und der Zunahme multiresistenter Keime hin, ein Problem, das auch hier in Deutschland den Medizinern immer mehr Sorge bereitet. Verbessert werden könne dies durch den Kauf regionaler Produkte und einer Rückbesinnung auf den Sonntags-Braten statt des täglichen Fleischkonsums.

“Wie gut, dass wir hier in Linz noch viele kleine Läden haben und nach regionalen Produkten fragen können“, bemerkte eine Teilnehmerin.

Der Besuch des Weltladens in der Rheinstrasse bildete den Abschluss des Rundgangs. Der Vorsitzende, Hans-Joachim Schmitz, erläuterte das Konzept und betonte, dass hier nur Waren angeboten werden, die zu hundert Prozent nachhaltig produziert und fair gehandelt wurden.

Viele Teilnehmer äußerten im Anschluss, wie wichtig es sei, sich immer wieder über die weltweiten Auswirkungen, die unser täglicher Konsum mit sich bringt, bewusst zu werden und das eigene Handeln zu überdenken und zu ändern. „Schön, dass das hier ohne erhobenen Zeigefinger getan wurde. Das hat mir gut gefallen!“, bemerkt eine Teilnehmerin.

„Eine lebendige und didaktisch gut aufbereitete Darstellung der Produktionsbedingungen“, lobte anderer Teilnehmer, der aus Bad Honnef gekommen war. „Insbesondere durch die Auswahl der behandelten Konsumartikel Textilien und Handys konnte sehr gut bei jungen Menschen eine Nachdenklichkeit für das Thema erzeugt werden. Fazit: besonders empfehlenswert!„

Ein Teilnehmer resümierte: “Vernünftige Arbeitsbedingungen, Schutz der Ressourcen und Nachhaltigkeit in der Produktion müssen an erster Stelle kommen. Und über allem sollte der Gedanke stehen, dass jeder Mensch von seiner Arbeit leben können muss. Jeder kann auf die Situation einwirken, wie die 6 Rs eindrucksvoll beweisen!"

So waren sich am Schluss auch die Mitglieder vom Ortsverband der Grünen einig, dass es eine gelungene Veranstaltung war. „Wir sind erfreut über die zahlreichen Teilnehmer und die positive Resonanz. Information und Aufklärung sind wichtig. Mit Frau Rütten von Kölle Global konnten wir eine sehr kompetente Referentin gewinnen und so die Teilnehmer dafür sensibilisieren, was nachhaltiges Einkaufen ausmacht.“