Puderbach

Grüne Tonne – eine Mogelpackung?

Für Mittwoch, 18. April, lud der OV Puderbach von Bündnis 90/Die Grünen zu einer Informationsveranstaltung mit dem Thema „Brennpunkt Grüne Tonne“ ein.

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Es konnten zwei kompetente Referenten von der Abfallberatung des Kreises Neuwied und von der Firma Reclay – verantwortlich für die Leerung und Verwertung der Grünen Tonne – für diese Veranstaltung gewonnen werden.

Herr Strohmenger von der Kreisverwaltung Neuwied stellte in einem Rückblick die Entwicklung der Müllentsorgung in Deutschland und speziell im Landkreis Neuwied vor. Das Müllaufkommen pro Kopf hat sich in den vergangenen 80 Jahren immer weiter gesteigert – von 100 Kilogramm in den 30er-Jahren über 300 Kilogramm in den 70er-Jahren bis heute auf etwa 600 Kilogramm.

Schon 1986 führte der Kreis Neuwied die Grüne Wertstofftonne ein – als einer der ersten Kreise in Deutschland. Leider ist die Grüne Tonne von der Wertstofftonne mutiert zur Tonne, die ausschließlich zur Entsorgung des Verpackungsmülls aus Plastik, Metall und Aluminium dient. Ähnlich dem Gelben Sack in anderen Landkreisen entstünden für die Bürger hier keine Abfallgebühren. Die Sammlung und Verwertung des Inhalts würde durch die Abgaben der Firmen – letztendlich von den Verbrauchern – auf die Verpackungen finanziert, so erläuterte Herr Subklew von der Firma Reclay.

Die restlichen Kunststoffabfälle aus den Haushalten, wie Schüsseln, Putzeimer, Plastikspielzeug oder Blumenübertöpfe aus Plastik gehören in die graue Restmülltonne. Als heizwertreiche Fraktion würde diese ausnahmslos verbrannt, bestätigte Herr Strohmenger. „Für die Bürger des Landkreises ist die Grüne Tonne offensichtlich noch immer die Wertstofftonne. Plastik ist nun einmal ein Wertstoff und kein Restmüll. So ist ein Blumenübertopf aus Plastik im Landkreis Neuwied Restmüll, dagegen ein Blumentopf aus Plastik Verpackungsmüll und gehört demzufolge in die Grüne Tonne. Einfacher und umweltverträglicher wäre die Rückkehr zur Grünen Wertstofftonne, meint Frau Schreiber (Grüne). Herr Subklew (Firma Reclay) bestätigte, dass die Kosten für diese Variante der Wertstofftonne nur um 2 bis 3 Euro pro Kopf und Jahr steigen würden. Das Recycling dieser zusätzlichen Kunststoffabfälle wäre unproblematisch.

Wenn weniger Kunststoffabfälle aus der grauen Tonne – die teuerste Tonne – der Verbrennung zugeführt werden, verringern sich zwangsläufig die Kosten (Müllverbrennung kostet zwischen 60 und 180 Euro pro Tonne).

„Im Interesse der Bürger sollte dieser Sachverhalt genau geprüft werden, eine Aufgabe für den Kreisumweltausschuss und den Kreistag“, fordert Frau Schreiber (Grüne).

Von den rund 72 Kilogramm Plastikabfällen pro Kopf, davon 37 Kilogramm nur für Verpackungen von Lebensmitteln, werden nur etwa 20 Prozent wiederverwertet.

Millionen Verbraucher glauben, dass das Sammeln von Plastik dazu führt, dass immer wieder neue Verpackungen daraus entstehen – ein Plastikkreislauf. Jedoch werden mehr als zwei Drittel dieser Plastikabfälle verbrannt. Das Plastikrecycling ist in unserem Land eine riesige Mogelpackung.

Auch werden die Verpackungen immer komplizierter und eine Wiederverwertung fast unmöglich. Hier ist die Kunststoffindustrie gefordert, Verpackungen zu entwickeln, die grundsätzlich zu recyceln sind.

Was passiert mit dem ganzen Plastikmüll? Hierzu Zahlen von 2015: In Deutschland wurden insgesamt 5,9 Millionen Tonnen Kunststoffabfälle erfasst, davon waren 2,9 Millionen Tonnen im Hausmüll. Von diesem Gesamtvolumen wurde 1 Millionen Tonnen ins Ausland exportiert, 3,8 Millionen Tonnen wurden verbrannt, nur 1,1 Millionen Tonnen wurde recycelt, und 1400 Tonnen landeten im Meer (Quelle: Statistisches Bundesamt).

Einig sind sich alle Teilnehmer der Veranstaltung, dass die konsequente Vermeidung von Plastikmüll oberstes Ziel sein muss. „Keine leichte Aufgabe für uns Verbraucher in unserer Konsumwelt. Dennoch gibt es Alternativen,“ meint Frau Daniels (Grüne). Aus ihrem Einkaufskorb präsentierte sie Säfte, Milch, Sahne und Joghurt in Pfandgläsern, verfügbar sowohl von konventioneller als auch kontrolliert biologischer Produktion, alles nicht nur in Bioläden, sondern auch beim Discounter erhältlich.

„Ein Einstieg wäre schon der Verzicht auf Plastiktaschen und der Einkauf von möglichst unverpacktem Obst oder Gemüse – kein einfaches Unterfangen. Aber der beste Müll ist der, der vermieden wird,“ so Frau Daniels (Grüne).