New York/Hollywood. Mit einem Artikel in der „New York Times“ wurde am 5. Oktober bekannt, was schon Jahre vorher hinter vorgehaltener Hand oder nur in Andeutungen weitergegeben wurde. Dass der bekannte Hollywoodproduzent Harvey Weinstein von jungen Schauspielerinnen sexuelle Gefälligkeiten für eine Rolle forderte – laut Weinstein immer einvernehmlich, laut Aussagen vieler Schauspielerinnen eben genau nicht.
US-Schauspielerin Alyssa Milano, unter anderem aus „Charmed – wunderbare Hexen“ sowie „Melrose Place“ bekannt, übernahm daraufhin auf Twitter ein Schlagwort der Aktivistin Tarana Burke, die schon 2006 den #MeToo-Hashtag (Internetschlagwort) benutzte – damals noch auf MySpace, einem inzwischen nur noch wenig genutzten sozialen Netzwerk.
Milano schrieb: „Wenn du sexuell belästigt oder angegriffen wurdest, antworte 'Ich auch' auf diesen Tweet.“ Ihre Nachricht wurde mehr als 25.000 Mal von anderen Nutzern übernommen (retweetet) und erhielt mehr als 68.000 Kommentare, in denen Frauen in knappen Worten von sexuellen Übergriffen, aber auch extremen Missbrauchserfahrungen berichteten. Nach 24 Stunden gab es auf Twitter eine halbe Million Tweets mit diesem Schlagwort, auf Facebook Beiträge von 4,7 Millionen Nutzerinnen.
Schlagwort wie Debatte verließen schnell die Sphäre Hollywoods und führten zu ähnlichen Diskussionen im britischen Unterhaus sowie in der dortigen Regierung als auch im europäischen Parlament. Kritisiert wird die Debatte unter anderem dafür, dass sie Vergewaltigung, Missbrauch und Anmache vermenge. Das amerikanische „Time“-Magazin wählte all jene, die unter #MeToo über ihre Erfahrungen berichteten, als Brecherinnen des Schweigens zu den Personen des Jahres. stb