KOMMENTAR: Bisher läuft die SPD mit ihrem Vertuschungsverdacht ins Leere

Im Jahr 2006 ging für die rheinland-pfälzische CDU eine Wahl verloren. Das kann im demokratischen Wettbewerb passieren. Schlimmer war, was ab 2008 geschah. Nach und nach kamen immer größere Stücke eines folgenschweren Finanzskandals an die Oberfläche.

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Im Jahr 2006 ging für die rheinland-pfälzische CDU eine Wahl verloren. Das kann im demokratischen Wettbewerb passieren. Schlimmer war, was ab 2008 geschah. Nach und nach kamen immer größere Stücke eines folgenschweren Finanzskandals an die Oberfläche.

Der bislang letzte Brocken wurde mit den Rechnungstricksereien in Kloster Eberbach erst Ende 2010 ans Ufer der öffentlichen Wahrnehmung gespült. Die Langsamkeit der Aufklärung ist für die rheinland-pfälzische CDU ein Desaster und für die SPD ein gefundenes Fressen. Allein schon deswegen ist es wenig überzeugend, den Christdemokraten systematische Vertuschung und Verschleierung vorzuwerfen. Für die CDU wäre ein Ende mit Schrecken erheblich besser gewesen als dieser Schrecken ohne Ende.

Und letztlich bildet der parlamentarische Untersuchungsausschuss auch genau diese Ausgangslage ab. Die SPD verhört genüsslich Kollegen, die ihnen sonst gleichberechtigt gegenübersitzen. Das macht vor allem Clemens Hoch, der Obmann der Sozialdemokraten, geschickt und mit juristischer Finesse. Politisch ist der Untersuchungsausschuss also durchaus einträglich. Das ändert aber nichts daran, dass die SPD der jetzigen CDU-Fraktionsführung bislang nicht nachweisen konnte, dass ihr der Wille zur Aufklärung fehlte. Bei allem, was bisher bekannt ist, muss man bei Christian Baldauf und Hans-Josef Bracht vom Gegenteil ausgehen. Sie haben nach dem Rückzug des damaligen Partei- und Fraktionsvorsitzenden Christoph Böhr und des damaligen Fraktionsgeschäftsführers Markus Hebgen ein gewaltiges Finanzchaos vorgefunden. Das zu lichten, brauchte Zeit, zumal weder Böhr und schon gar nicht Hebgen zur Aufklärung beitrugen. Hebgen hielt sich bedeckt, weil er seine Betrügereien zu verbergen hatte. Und warum Böhr seine Partei im Regen stehen ließ, werden vielleicht die Ermittler klären.

Bracht und Baldauf hingegen schalteten früh Staatsanwaltschaft und Rechnungshof ein. Wer etwas kaschieren möchte, wendet sich an andere Adressen. Zudem ist es psychologisch nachvollziehbar, dass die neue Fraktionsführung der alten nicht sofort mit abgrundtiefem Misstrauen begegnete. Erstens erschienen Böhr und Hebgen als respektable Persönlichkeiten. Und zweitens erklärte Hebgen lange Zeit und erklärt Böhr noch heute, dass bei den Fraktionsfinanzen alles mit rechten Dingen zuging.

Fragen kann man freilich, warum in der Endphase der Ära Böhr so viele verantwortliche CDU-Politiker von den finanziellen Unregelmäßigkeiten nichts mitbekamen. Aber auch da sind Bracht, der nie zum inneren Zirkel gehörte, und erst recht Baldauf die falschen Ansprechpartner.

E-Mail: dietmar.brueck@rhein-zeitung.net