Rheinland-Pfalz

E-Commerce: (Ver-)Kaufen auf allen Kanälen

Von A wie Auto bis Z wie Zwiebelsuppe: Es gibt nichts, was es im Internet nicht rund um die Uhr zu kaufen gibt. Der Einzelhandel muss sich darauf einstellen – aber wie?
Von A wie Auto bis Z wie Zwiebelsuppe: Es gibt nichts, was es im Internet nicht rund um die Uhr zu kaufen gibt. Der Einzelhandel muss sich darauf einstellen – aber wie? Foto: Fotolia

Die Zukunft des Einkaufens heißt „E-Commerce“: Anfangs noch als Randerscheinung belächelt, hat sich der Internethandel zu einem einträglichen Geschäftsmodell entwickelt, auf das kaum ein Händler verzichten will – oder kann.

Lesezeit: 3 Minuten
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Von unserer Redakteurin Nicole Mieding


Für den stationären Einzelhandel bedeutet das virtuelle Geschäftemachen aber Fluch und Segen. Denn plötzlich besteht die Konkurrenz nicht mehr nur aus dem Laden nebenan, sondern aus Anbietern auf der ganzen Welt. Dafür erschließt der Onlinehandel aber auch Kunden, die auf herkömmliche Art wohl nie den Weg in den Laden gefunden hätten.

„Multichannel“ (englisch: mehrere Vertriebskanäle) heißt das Modell, mit dem der Einzelhandel zukunftsfähig bleiben soll. In der vernetzten Welt kommt es auf die intelligente Verknüpfung von stationärem und Onlinehandel an. Vorteile bietet Multichannel für beide Seiten: Es ermöglicht dem Laden am Ort, an der Wertschöpfung, die das Internet bietet, teilzunehmen.

Der Kunde muss sein Einkaufsverhalten nicht mehr an Öffnungszeiten oder dem lokal verfügbaren Sortiment ausrichten, sondern kann ganz nach aktueller Situation und persönlichem Bedarf aus einem schier unerschöpflichen Angebot auswählen.

Die Mehrheit kauft (auch) online

Dass sich das Onlinegeschäft nicht mehr ignorieren lässt, belegen Zahlen. Drei Viertel der Deutschen kaufen heute bereits im Internet ein. In der Studie „Zukunft des Handels“, von der virtuellen Verkaufsplattform eBay in Auftrag gegeben, gaben 80 Prozent der befragten 14- bis 29-Jährigen an, dass es ihnen „sehr wichtig“ ist, dass ein Händler ihnen die Möglichkeit zum Einkauf sowohl offline als auch online bietet.

Fast ebenso wichtig ist das für Kunden, die über 50 Jahre alt sind (72,80 Prozent). Es sind also nicht nur die „Digital Natives“, die mit dem Internet aufgewachsen sind, sondern auch die „Silver Surfer“, die zunehmend online einkaufen – bequem von daheim. Oder auch von unterwegs. Denn dank „mobile commerce“, dem Einkaufen per Smartphone oder Tablet-PC, kann ein Laden heute überall dort sein, wo der Kunde ist.

„Der Onlinehandel öffnet für die stationären Einzelhändler eine neue Dimension“, sagt deshalb Stephan Tromp, stellvertretender Geschäftsführer des Deutschen Handelsverbands (HDE). Viele haben die Chancen laut Tromp bereits erkannt und sich ein zusätzliches Standbein im Internet geschaffen. Rund ein Fünftel der stationären Unternehmen ist mittlerweile auch online aktiv, gibt der Spitzenverband des deutschen Einzelhandels an.

Nach einer HDE-Umfrage machen mehr als 8 Prozent dieser Händler bereits 50 Prozent oder mehr ihres Umsatzes im Internet. Bei weiteren 5 Prozent, die zweigleisig fahren, machen die Onlineumsätze zwischen 20 und 50 Prozent am Gesamtumsatz aus.

Potenzial längst nicht ausgeschöpft

Das wirtschaftliche Potenzial, das in diesem dynamischen Markt liegt, ist enorm – und bei Weitem nicht ausgeschöpft.

Im vergangenen Jahr wurden 29,3 Milliarden Euro im digitalen Handel allein in Deutschland umgesetzt. 1999 waren es noch 1,25 Milliarden Euro. Für das aktuelle Jahr rechnet der HDE damit, dass der Umsatz um weitere 12 Prozent ansteigen wird. „Gerade auf europäischer Ebene ist das Potenzial für den digitalen Handel noch lang nicht ausgeschöpft“, sagt Tromp.

Als Konsequenz sieht der HDE seine Hauptaufgabe darin, Unternehmen auf ihrem Weg in die virtuelle Einkaufswelt zu begleiten. Wie die künftig aussehen wird, weiß wohl noch keiner. Aber es gibt Trends, auf die Händler für die Zukunft setzen. Einkaufen und Bezahlen per Smartphone ist da schon fast kalter Kaffee. Crowd-sourcing, Mass Customization und Augmented Reality werden die schöne neue Einkaufswelt prägen.

In ihr ist der Kunde nicht nur Konsument, sondern bestimmt und produziert vermehrt mit. Er nimmt Einfluss darauf, welche Entwürfe in eine Modekollektion aufgenommen werden. Per Baukastensystem designt er seinen Schuh am PC selbst, der anschließend für ihn maßangefertigt wird. Er probiert Kleidung in einer virtuellen Umkleidekabine an, scannt mit seinem Handy Strichcodes im Laden oder durchs Schaufenster und lässt sich die Ware anschließend nach Hause schicken.

Oder wird beim Anschauen von Fotos in Zeitschriften direkt zum nächsten Händler in seiner Umgebung gelotst ... Handel ist Wandel – diese Regel gilt immer schon. Nach dem Erschließen neuer Transportwege sind es heute neue Informationsund Vertriebskanäle, die Bewegung in die Branche bringen, Strukturen verändern und neue bilden.

Doch auch wenn womöglich ganze Warengruppen in den Internethandel abwandern, einzelne Branchen vor radikalen Umbrüchen stehen – Läden wird es auch in zehn Jahren noch geben. „Verbraucher werden zunehmend zwischen den Absatzkanälen springen“, prognostiziert Martin Tschopp, Vizepräsident von eBay Marketplaces Deutschland. „Sie werden im Ladengeschäft Barcodes scannen, mobil Preise vergleichen und dann mobil online oder offline kaufen.

Oder sie werden Waren über ihr Smartphone bestellen und bezahlen und dann im Ladengeschäft abholen. Die Kanäle werden verschmelzen.“ Für Händler bedeutet das: Sie müssen die aktuellen Veränderungen im Blick behalten, sich neuen Kaufgewohnheiten ihrer Kunden anpassen und für sich im Markt die passende Nische finden.