Altendiez

Zwanziger in Autobiografie: Schwule Profis haben wenig zu befürchten

Aufgeklärt
Theo Zwanziger glaubt, dass die Fans ein Outing eines schwulen Fußballers gut aufnehmen würden. Foto: Boris Rössler

Der ehemalige DFB-Präsident Theo Zwanziger ist überzeugt, dass die Mehrzahl der Fans bereit ist für ein Outing homosexueller Fußball-Profis. „Ich glaube, ein schwuler Fußballprofi hätte heutzutage in den deutschen Stadien nichts Dramatisches zu befürchten“, sagt Zwanziger in seiner Biografie „Die Zwanziger Jahre“, aus der unsere Zeitung vorab zitiert.

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„Wahrscheinlich würden ihn die meisten Fans eher feiern für seinen Mut und seine Extravaganz, als ihn auszupfeifen oder zu beschimpfen“, schreibt der 67-Jährige, der von 2004 bis 2012 der mächtigste Mann im deutschen Fußball war. Probleme sieht Zwanziger eher im Innenleben einer Mannschaft, in der es Spielerkollegen aus anderen Kulturkreisen an nötiger Toleranz vermissen lassen könnten. „Ich kann mir ausmalen, dass der Trainer, wenn er Wert legt auf ein konfliktfreies Mannschaftsgefüge, dann eben doch auf den schwulen Spieler verzichtet, um Ärger zu vermeiden“, mutmaßt der Rheinländer. Der langjährige Funktionär ist aber der Meinung, dass es weniger homosexuelle Bundesligaspieler gibt, als gemeinhin angenommen. „Wer zur Elite gehört, kann nicht Versteck spielen, das passt nicht zusammen“, so Zwanziger.

Aufgeklärt
Theo Zwanziger glaubt, dass die Fans ein Outing eines schwulen Fußballers gut aufnehmen würden.
Foto: Boris Rössler

Erst kürzlich hatte das Magazin Fluter ein Interview veröffentlicht, in dem ein schwuler Bundesligaprofi anonym die Befürchtung geäußert hatte, nach einem Outing nicht mehr sicher zu sein. Fußballer seien das männliche Stereotyp schlechthin. „Sie müssen Sport lieben, aggressiv kämpfen und gleichzeitig das große Vorbild sein. Schwule sind das alles einfach nicht.“

Vor dem Anpfiff des Spiels des FSV Mainz 05 gegen Wolfsburg im April: eine beeindruckende und bis dato offenbar weltweit einzigartige Choreo gegen Homophobie.

Während das Spiel noch lief, kamen auf der Facebook-Seite der Meenzelmänner Glückwünsche aus Dortmund: Die Rainbow-Borussen freuten sich mit über den Geburtstag und die Botschaft im Stadion. In Dortmund hatte ein großes homophobes Spruchband kürzlich für Empörung gesorgt.

Der schwul/lesbische Mainz 05 Fanclub Meenzelmänner war am 13. April 2007 gegründet worden. Damals hatte wohl noch keiner mit so breiter Solidarität gerechnet.

Und so sah der Choreo-Volltreffer dann von hinter dem Tor aus. Dass die Fahne auf dem Bild ausgerechnet „phobie“ abdeckt, ist auch definitiv keine Absicht.

Jannis Habers

Zu dem Spiel wird niemand diskrimiert: Wir zeigen auch die Wolfsburger Fans. Hier hat unser Fotograf einen gefunden...

In dem Spiel stand fest, dass der Klassenerhalt geschafft ist: „Nie mehr Zweite Liga“. Partystimmung...

... bei großen und kleineren Fans.

Ein bisschen hatte das Spiel einen Hauch von Endspielstimmung. Mission erfüllt.

Der ungenannte Kicker hatte dort auch gesagt: „Vielleicht wäre es zu verschmerzen, wenn sich mehrere Spieler outen würden.“ Aber auch dann wäre es immer noch eine Minderheit, auf der man vorzüglich herumreiten könnte. An der Echtheit hatte etwa das Magazin 11Freunde Zweifel geäußert.

Danach war aber die Debatte neu entflammt, und auch Bundeskanzlerin Angela Merkel sah sich über ihren Sprecher zu einer Aussage veranlasst: Wer Kraft u. Mut zum Outing aufbringt, soll wissen, dass er sich nicht zu fürchten braucht.

Am Montag erscheint die Biografie von Theo Zwanziger, dem Rheinländer aus Altendiez, der von 2004 bis 2012 als Präsident des Deutschen Fußball-Bundes amtierte und den größten Sportfachverband der Welt in dieser Zeit stärker geprägt hat als die meisten seiner Vorgänger. Wir haben „Die Zwanziger Jahre“, von vielen mit Spannung und von manchen wohl mit Befürchtungen erwartet, bereits gelesen und stellen exklusiv einige der interessantesten Passagen vor.