Kampf gegen Missbrauch darf
kein Opfer des Sparkurses werden

Kommentar von Dietmar Brück

Lesezeit: 2 Minuten
Anzeige

Keine Frage: Die Landesregierung muss sparen. Und auch richtig: Die Polizei kann davon nicht verschont bleiben. Aber ist es wirklich eine gute Idee, den Kommissariaten für Sexualdelikte, Menschenhandel und Gewalt gegen Frauen ihre Eigenständigkeit zu nehmen? Gerade hier erfordert die Ermittlungsarbeit höchste Sensibilität. Gerade hier unterscheidet sich die Arbeit der Kriminalbeamten vom Polizeialltag.

Die „Kommissariate 2“ haben sich in den knapp 20 Jahren, in denen sie existieren, einen guten Ruf erworben. Das bestätigen Frauen- und Opferorganisationen. Hier arbeiten Spezialisten, die etwas von den Nöten der Frauen und Kinder verstehen, die sich Hilfe suchend an sie wenden. Ein guter K-2-Beamter ist ein halber Therapeut, der zugleich über die Härte eines Kriminalisten verfügt. Die Stärke dieser Kommissariate liegt in ihrer Professionalität.

Innenminister Roger Lewentz (SPD) hat Wachen und Inspektionen in der Fläche geschont, als er die Sparschere im Zuge der Polizeireform ansetzte. Das hat Rot-Grün vor wütenden Protesten bewahrt. Im Gegenzug wird ein Großteil des Einsparvolumens aus der Struktur gezogen. Aber gerade im Bereich sexueller Missbrauch sollte die Landesregierung noch einmal nachdenken. Wer in diesem Bereich arbeitet, muss sich voll und ganz auf sein Deliktfeld konzentrieren können. Nur so können die Beamten das Vertrauen der Opfer gewinnen. Vielen missbrauchten, geschlagenen und vergewaltigten Menschen fällt es schwer, zur Polizei zu gehen. Häufig müssen sie sich von der Abhängigkeit vom Täter lösen, schämen sich, haben Angst vor Vergeltung. Die Schwelle zur Polizeidienststelle muss niedrig sein. Sonst melden sich die Opfer nicht. Und schließlich sind erfahrene Ermittler auch für diejenigen, die unschuldig in Verdacht geraten, wichtig. Ihnen bleibt unter Umständen ein ruinöser Prozess erspart.

Werden die Kommissariate für Missbrauch (K 2) und Todesermittlungen (K 1) demnächst verschmolzen, kommt zusammen, was nicht zusammengehört. Wer schützt die K-2-Beamten anschließend davor, dass sie ständig bei Mordfällen aushelfen müssen? Wer sorgt dafür, dass sie genug Zeit für sensible Ermittlungen bekommen? Wer sichert ihre Fortbildung? Ressorts ohne eigene Führung fehlt die Lobby. Die Konsequenz: Rein statistisch könnten demnächst die Missbrauchsdelikte im Land zurückgehen. Aber leider aus einem bitteren Grund: Denn möglicherweise bringen bald weniger Opfer den Mut auf, zur Polizei zu gehen. Und die Täter kommen ungeschoren davon.