Magdeburg

Interview: Bischöfin hat Respekt

Die einzige Landesbischöfin in der Evangelischen Kirche in Deutschland, Ilse Junkermann (55), hat Respekt vor der Entscheidung der Schauspielerin Angelina Jolie (37), sich die Brüste amputieren zu lassen. Junkermann plädiert aber dafür, sich der eigenen Vergänglichkeit zu stellen.

Lesezeit: 1 Minute
Anzeige

Was haben Sie gedacht, als sie hörten, dass sich Angelina Jolie die Brüste amputieren lässt? Ich habe gedacht, wie kann man so was nur machen, sich freiwillig verstümmeln aus Angst. Für mich wäre es eine Verstümmelung. Dann habe ich aber gelesen, dass sie ihre Mutter hat sterben sehen und für sie auch die hohe Wahrscheinlichkeit besteht, selbst an Brustkrebs zu erkranken.

Da hatte ich Respekt vor ihrer Entscheidung. Aber ich würde mich nicht so entscheiden. Und wenn sie mich gefragt hätte, würde ich sagen: Stell dich lieber dem, dass du der Vergänglichkeit, der Sterblichkeit, der Möglichkeit, dass du krank wirst, nicht ausweichen kannst. Dem muss sich jeder stellen. Da würde mir eine Amputation nicht helfen. Laut Ärzten kann mit der OP das Brustkrebsrisiko gesenkt werden.

Dass ich sterblich bin, dass ich vergänglich bin, dass ich krank werden kann, dem gehe ich damit nicht aus dem Weg. Nur dieser Erkrankung vielleicht. Ist es legitim, durch Genanalysen zu erfahren, welche Risiken man in sich trägt? Das finde ich legitim. Die Frage ist, was mache ich damit. Mit dem Wissen steigt die Verantwortung. Und mit der Verantwortung stellt sich die Frage, welches ist die richtige Entscheidung. Ich weiß ja nicht im Voraus, ob es die richtige Entscheidung ist und ob ich damit das, was ich erreichen will – nämlich damit der Krankheit aus dem Weg zu gehen –, tatsächlich erreiche.

Die Nebenwirkungen und Folgen kann ich nicht abschätzen. Das bedeutet: Mehr Wissen ist nicht mehr Macht. Ich habe es nicht besser in der Hand, sondern ich habe mehr Verantwortung, und es ist eine größere Last, mit der es umzugehen gilt. Es gehört zum Leben, dass ich krank werden kann. Das Leben ist vergänglich, es kann Schaden nehmen und wird am Ende Schaden nehmen, denn wir werden sterben.

Die Fragen stellte Dörthe Hein