Bundesregierung: BND will von Spähern nichts gewusst haben

Berlin. Der Bundesnachrichtendienst BND wusste nach Angaben von Regierungssprecher Steffen Seibert nichts vom Internet-Ausspähprogramm „Tempora“ des britischen Geheimdienstes GCHQ. Die Bundesregierung hat Großbritannien daher um Aufklärung über „Tempora“ gebeten, sagte Seibert. Das Innenministerium habe der britischen Botschaft einen Fragenkatalog zu dem Programm übermittelt, sagte ein Sprecher des Innenministeriums.

Lesezeit: 1 Minute
Anzeige

Von unserer Berliner Korrespondentin Birgit Marschall

„Tempora“ wird ein umfassendes Spähprogramm der britischen Spionageeinheit GCHQ („Government Communications Headquaters“) genannt. Sie soll große Internetknoten in Großbritannien angezapft haben. An diesen Knoten werden mächtige Glasfaserkabel zusammengeführt, die unter dem Atlantik und der Nordsee verlaufen. Über sie wird der größte Teil des Datenverkehrs zwischen Großbritannien und den USA sowie dem europäischen Festland abgewickelt.

Wer an diesen Knoten sitzt, kann nahezu den kompletten Datenverkehr einsehen: Telefongespräche, E-Mails, Facebook-Einträge, besuchte Internetseiten. Mit einer Bewertung der Enthüllungen durch den US-IT-Spezialisten Edward Snowden hielt sich Seibert jedoch zurück. Die Bundesregierung nimmt die Berichte über die Ausspähprogramme der Geheimdienste zwar „sehr ernst“. Zum Thema des anstehenden EUGipfels in dieser Woche will die Bundesregierung den Fall aber nicht machen.

„Das ist eine bilaterale Sache“, sagte Seibert. Justizministerin Sabine Leutheusser- Schnarrenberger (FDP) drängt auf strengere Datenschutzstandards in der EU. „Das Thema muss Priorität in der Union haben“, sagte die FDP-Politikerin. Die Verhandlungen über einen neuen, besseren und einheitlichen Standard müssten vorangetrieben werden. Das Thema soll beim nächsten Treffen der EU-Justizminister im Juli auf die Tagesordnung.

Die Reform des Datenschutzes ist zwischen den Mitgliedstaaten umstritten. Die aktuelle Datenschutzrichtlinie der Gemeinschaft stammt aus dem Jahr 1995. Auch Gespräche über ein allgemeines Datenschutzabkommen der EU mit den USA sollten „ganz oben auf die Agenda“, forderte Leutheusser- Schnarrenberger. „Das Netz ist doch nicht dazu da, um benutzt und missbraucht zu werden.“