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Koblenz

Hochschule Koblenz wächst: Das will der Präsident seiner zweiten Amtszeit angehen

Von Reinhard Kallenbach
Auf dem Rhein-Mosel-Campus der Hochschule Koblenz wird bald eine weitere Baumaßnahme beginnen.  Fotos: Thomas Frey/Hochschule Koblenz
Auf dem Rhein-Mosel-Campus der Hochschule Koblenz wird bald eine weitere Baumaßnahme beginnen. Fotos: Thomas Frey/Hochschule Koblenz Foto: Thomas Frey Foto

9700 Studenten, davon 6500 am Rhein-Mosel-Campus Koblenz: Die Hochschule Koblenz ist nicht nur die mit Abstand größte Hochschule für angewandte Wissenschaften im Rheinland-Pfalz, sie ist auch die einzige der insgesamt sieben Einrichtungen des Landes dieser Art, die noch ein nennenswertes Wachstum haben. Präsident Prof. Dr. Kristian Bosselman-Cyran freut sich über die Entwicklung, muss allerdings in seiner gerade erst begonnen zweiten Amtszeit die personelle Situation verbessern und noch einige Baustellen abarbeiten. Und das im wahrsten Sinne des Wortes.

Lesezeit: 2 Minuten
Um die räumliche Situation am Standort Karthause zu verbessern, soll in einigen Wochen die Aufstockung des östlichen Traktes beginnen. Das bringt unter dem Strich immerhin 600 Quadratmeter für die Einrichtung von Multifunktionsräumen. Der Präsident wies im Interview mit unserer Zeitung darauf hin, dass die Erweiterung schon von Anfang eingeplant waren ...
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RZ-Interview: Hochschule will duales Studium weiter ausbauen

Moderne Standorte, ein breites Studienangebot: Die Hochschule Koblenz konnte in den vergangenen Jahren auch im überregionalen Vergleich punkten. Dennoch müssen sich Lehrende und Lernende an den drei Standorten in Koblenz, Remagen und Höhr-Grenzhausen großen Herausforderungen stellen. Wir haben darüber mit dem Präsidenten Prof. Dr. Kristian Bosselmann-Cyran gesprochen.

Prof. Dr. Kristian Bosselmann-Cyran freut sich darüber, dass die Angebote der Hochschule so gut angenommen werden. Die steigende Akzeptanz bringt aber auch neue Herausforderungen – etwa die Einrichtung von Teilzeitstudiengängen für Berufstätige.
Prof. Dr. Kristian Bosselmann-Cyran freut sich darüber, dass die Angebote der Hochschule so gut angenommen werden. Die steigende Akzeptanz bringt aber auch neue Herausforderungen – etwa die Einrichtung von Teilzeitstudiengängen für Berufstätige.
Foto: Reinhard Kallenbach

Ihre zweite Amtszeit ist noch jung. Was haben Sie sich vorgenommen?

Der wichtigste Punkt ist die Verbesserung der personellen Situation. Dabei geht es vor allem um die Verringerung der befristeten Verträge und den Ausbau der unbefristeten Stellen. Lassen Sie mich das an einigen Zahlen verdeutlichen. Lag die Studierendenzahl im Wintersemester 2000/2001 noch bei 3500 an allen drei Standorten, ist sie mittlerweile auf 9700 gestiegen. Die jungen Frauen und Männer werden von 172 Professoren betreut. Dazu kommen 390 Vollzeitstellen, zum Beispiel in der Verwaltung und im Mittelbau. Dazu lässt sich sagen, dass die Zahl der Mitarbeiter, bedingt durch Teilzeitregelungen, deutlich größer ist (mehr als 440). Zur Wahrheit gehört auch, dass von diesen Beschäftigten über die Hälfte nur befristet beschäftigt ist. Es fehlt also nicht nur am wissenschaftlichen Mittelbau, da sind die meisten Universitäten deutlich besser ausgestattet, sondern auch in der professionalisierten Verwaltung.

Wer soll das bezahlen?

Das Problem sind derzeit noch nicht einmal die Mittel. Aus dem Hochschulpakt ist viel Geld geflossen. Der Haken ist der Projektbezug dieser Mittel, sodass dadurch keine dauerhaften Arbeitsverhältnisse geschaffen werden können. Dem steht die Tatsache entgegen, dass wir viele gesetzliche Verpflichtungen haben, die als Daueraufgaben nur von unbefristet Beschäftigten erfüllt werden dürfen.

Ist das auf Dauer nicht ein Fass ohne Boden? Sicherlich werden die Studierendenzahlen weiter steigen?

Aktuell ist es so, dass nur an der Hochschule Koblenz, die übrigens die mit Abstand größte Hochschule für angewandte Wissenschaften im Land ist, die Studierendenzahlen deutlich gestiegen sind. Abgesehen von Worms sind die Zahlen an den anderen Hochschulen und Universitäten rückläufig. Auch wir bemerken eine Trendwende, die Zahl der Bewerbungen geht inzwischen zurück. Allerdings ist die Zahl derjenigen gestiegen, die nach einer Zusage ihr Studium an unseren drei Standorten auch tatsächlich antreten.

Es könnte also eng bleiben …

Lassen Sie mich vorwegschicken, dass wir mit unserem neuen, modernen Standort sehr zufrieden sind. Im Vergleich zu vielen anderen Hochschulen sind wir in einer noch komfortablen Situation. Außerdem will das Land einen weiteren Beitrag zur Lösung räumlicher Engpässe leisten. Der Landesbetrieb Liegenschafts- und Baubetreuung will, wenn es die Witterung zulässt, in den kommenden Wochen mit der Aufstockung des M-Traktes beginnen – also im östlichen Abschnitt des Rhein-Mosel-Campus auf der Karthause beginnen. Das bringt uns noch einmal gut 600 Quadratmeter. Hier sollen vor allem Mehrzweckräume entstehen, die vor allem vom Fachbereich Bauen-Kunst-Werkstoffe genutzt werden. Dadurch werden Kapazitäten in anderen Räumen frei.

Trotz des Ausbaus und der vielen neuen Studiengänge gilt die Hochschule Koblenz als Heimfahrer-Hochschule. Ist das nur ein Vorurteil?

Richtig ist, dass ein großer Teil unserer Studierenden aus einem Einzugsgebiet mit einem Radius von rund 50 Kilometern kommt, wobei die Hochschule – auch wegen unseres beliebten Standortes Remagen – auch in Nordrhein-Westfalen wirkt. Richtig ist aber auch, dass der Anteil der Studierenden, die in Koblenz leben wollen, steigt. Dem steht entgegen, dass die Nachfrage nach preiswertem Wohnraum größer ist als das Angebot. Hier sind nicht nur wir in der Pflicht, sondern vor allem auch die Stadt Koblenz. Wer Hochschulstadt sein will, muss auch etwas dafür tun, sonst werden wir den Wettbewerb mit den Nachbarregionen Rhein-Ruhr und Rhein-Main auf Dauer verlieren. Auf jeden Fall macht das Studierendenwerk alles, was für uns möglich ist. Neben den Wohnheimen gibt es eine Zimmervermittlung und – das ist ganz neu – eine Ansprechpartnerin, die über alternative Wohnmodelle informiert. Dazu gehört zum Beispiel, dass Studierende in das Haus oder die Wohnung von Senioren ziehen und sie bei der Haus- und Gartenarbeit unterstützen. Im Gegenzug können sie gratis oder zu stark vergünstigten Konditionen wohnen. Beide Seiten profitieren also. Zudem freuen sich Senioren oft darüber, wenn wieder jemand im Haus ist.

Das Parkplatzangebot an der Hochschule könnte besser sein. Gibt es derzeit Ausbaupläne?

Grundsätzlich gilt: Die Hochschulgebäude sind Eigentum des Landes, wir sind nur die Mieter. Dazu kommt, dass im Falle eines Ausbaus das Land und die Stadt Verhandlungspartner wären. Ich weiß aber, dass es derzeit keine Ausbaupläne gibt. Das Land setzt vielmehr auf den Ausbau des Semestertickets, das in den Semestergebühren enthalten ist. Bekanntlich wurde die regionale Reichweite des Tickets erst kürzlich erhöht. Ziel ist es nun, ein landesweit gültiges Semesterticket einzuführen. Andere Bundesländer haben das bereits hinbekommen. Warum nicht auch wir?

Aus meiner Sicht ist die Parksituation gar nicht so schlecht, wie oft dargestellt. Insgesamt wurden sechs Parkzonen unter tätiger Mithilfe unserer Studierenden von der Stadt eingerichtet, sodass die Hochschule immer innerhalb von zehn Minuten zu Fuß erreicht werden kann. Bei der Vorbereitung hat sich bewährt, dass Dirk Fischer, Professor am Fachbereich Bauen-Kunst-Werkstoffe, früher stellvertretender Leiter des Koblenzer Tiefbauamtes war. Er kennt sich bestens aus, das hat einiges erleichtert.

Ein Wort zu den Studiengängen: Viele Hochschulen beklagen eine hohe Zahl von Studienabbrechern. Wie sieht es an ihren drei Standorten aus?

Es ist schwierig, in diesem Punkt eine Aussage zu machen. Grundsätzlich ist es so, dass die Abbruchquoten an Universitäten deutlich höher sind als an Hochschulen für angewandte Wissenschaften, also den früheren Fachhochschulen. Dazu kommen natürlich Unterschiede je nach Fachbereich. Traditionell sind in Disziplinen mit naturwissenschaftlich-mathematischem Hintergrund die Abbruchquoten höher. Bei uns ist jedoch Konsens, dass Scheitern nicht das Ziel sein kann. Wir müssen die jungen Menschen schon in den Schulen abholen und ihnen genau sagen, was auf sie zukommt. Das geschieht bereits. Dazu kommen Angebote wie Sommerkurse und Tutorien, mit denen wir Wissenslücken schließen.

Das hat sich offenbar herumgesprochen. Das Angebot der Hochschulen für angewandte Wissenschaften ist sicher auch ein Schlüssel zu deren Erfolg.

Ja. Entscheidend ist aber auch die Umstellung auf Bachelor- und Masterabschlüsse. Das hat die Gleichwertigkeit unserer Abschlüsse mit denen der Universitäten gebracht. Dazu kommt, dass bei uns der Praxisbezug höher ist als an den Universitäten. Ich denke, dass Studierende bei uns sehr gut auf das Berufsleben vorbereitet werden. Das zeigen auch Rückmeldungen der Unternehmen.

Dennoch müssen Sie Ihr Angebot laufend verändern …

Das ist richtig. Allerdings muss auch gesagt werden, dass die Zeiten der Einführung neuer Studiengänge im großen Stil vorbei sind. Jetzt geht es vor allem um die Feinjustierung unseres Angebots. So wird es ab dem Sommersemester 2019 möglich sein, bei uns berufsbegleitend zum Bauingenieur ausgebildet zu werden. Das passt zum Trend. Menschen, die sich beruflich weiterentwickeln wollen, möchten das immer öfter mit ihrer Arbeitsstelle vereinbaren. Die klassische Laufbahn Abitur, Studium, Beruf wird an Bedeutung verlieren. Dazu kommt, dass das erworbene Wissen eines Studiums heute nicht mehr für ein ganzes Berufsleben reicht. Die „Halbwertzeit“ bis zur nächsten Weiterbildung beträgt angesichts des Tempos der technischen Entwicklung gut zehn Jahre. Das mag der eine oder andere bedauern, wir können das aber nicht ändern.

… weil die internationale Konkurrenz stärker wird?

Unbedingt. Absolventen ohne Auslandserfahrung werden es immer schwerer haben, Karriere zu machen. Deswegen gehört die weitere Internationalisierung ebenfalls zu den Schwerpunkten meiner zweiten Amtszeit. Diese Internationalisierung kann keine Einbahnstraße sein. Auch wir sind gefordert, etwa bei der Integration von Menschen aus dem Ausland, die zu uns kommen. Wir wollen Angebote machen, um Talente zu entdecken und zu fördern. Dafür brauchen wir aber Zeit und eine entsprechende personelle Ausstattung. Das gilt umso mehr, je größer die sprachlichen und kulturellen Unterschiede sind.

Trotz aller Probleme: Das hört sich alles sehr gut an. Schwächen die Hochschulen aber unter dem Strich nicht den klassischen Ausbildungsmarkt?

Das ist nicht unser Ziel. Richtig ist aber auch, dass Ausbildungsbetriebe für den Nachwuchs attraktiver werden müssen, etwa durch die Möglichkeit, bei Interesse in duale Studiengänge einsteigen können, in denen ein klassischer Berufsabschluss mit einem Studium verbunden wird. Wir sehen uns da als Partner, nicht als Konkurrenz. Die Hochschule Koblenz bietet derzeit zwölf duale Studiengänge an, wobei das Spektrum vom Bauwesen über die Ingenieurwissenschaften bis hin zu Wirtschaftswissenschaften, Sozialwissenschaften und Sportmanagement reicht. Uns ist bewusst, dass es in größeren Betrieben leichter ist, dieses Modell anzubieten. Kleinbetriebe mit sehr begrenzten personellen Ressourcen haben es da viel schwerer. Hier sind Azubis noch stärker eingebunden. Das gilt vor allem für Lehrlinge in Handwerksbetrieben. Ausbildungsallianzen wären eine Lösung, die Wirtschaftskammern arbeiten an entsprechenden Modellen. Auch wenn um die Finanzierung gerungen wird, werden kleinere Betriebe auf Dauer keine andere Wahl haben. Das gilt besonders für das Handwerk. Schauen Sie sich doch nur die Schornsteinfeger an: Sie haben sich quasi zu Prüfingenieuren entwickelt. Ein weiteres Beispiel ist der Bereich Sanitär, Heizung, Klima. Wenn man sich allein die heutige Technik ansieht, erkennt jeder schnell: Das hat nur noch sehr wenig mit dem früheren Klempner- und Installateurhandwerk zu tun. Wenn es uns gelingt, die Perspektiven in diesen Berufen attraktiver zu machen, haben wir am Ende alle gewonnen.

Das Gespräch führte Reinhard Kallenbach

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