Sorglos zechen dank Anti-Kater-Drink?

Von Nicole Mieding

Abends ordentlich bechern und am nächsten Morgen ohne Reue durchstarten: ein Szenario, das man dem adoleszenten Nachwuchs nur ungern mit auf den Weg gibt. Aber dem Leben lässt sich nicht in jeder Lage mit Vernunft begegnen – wie jeder weiß, bei dem das mit dem Jungsein schon ein Weilchen her ist. Für solche Fälle ist es doch gut, dass es den Anti-Kater-Drink gibt.

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„One : 47“ heißt das Elektrolytgetränk, das sich aus Vitaminen, Mineralstoffen und Pflanzenextrakten zusammensetzt. Damit lässt sich der Kater auf natürliche Weise im Zaum halten. Das versprechen zwei findige Jungunternehmer aus Mainz, die den Drink „für lange Abende und kurze Nächte“ entwickelt haben. Die Tüftler trauen ihrer Idee – Unzufriedene kriegen ihr Geld zurück. Eine Einladung zum Unvernünftigsein. Die nehmen wir glatt an.

So soll's funktionieren: Pflanzenextrakte wie Ginkgo, Ingwer, Weidenrinde und Kaktusfeige sollen freie Radikale einfangen. Die werden unter anderem bei Alkoholkonsum frei und sind Quell für unliebsame Entzündungsherde. Sogenannter oxidativer Stress schränkt die Reparaturfunktionen der Zellen ein – unter Alkohol so stark, dass sie sich selbst zerstören. Biologiestudenten der Uni Mainz sind derzeit dabei, diesen Vorgang zu begleiten. Dazu laden sie Freiwillige zu kontrollierten Besäufnissen unter Laborbedingungen ein. Wie gut der Anti-Kater-Drink wirkt, wird irgendwann im Rahmen einer Magisterarbeit zu lesen sein. So lang wollen wir aber nicht warten.

Die Versuchsanordnung: Einsatzmöglichkeiten finden sich schnell – wissenschaftlichen Standards entsprechen unsere Selbstversuche allerdings nicht: Ich packe den Zaubertrank für ein ausgiebiges Weinverkostungswochenende an der Mosel ein. Die Kollegin erklärt sich bereit, Testkarnickel im Rahmen einer Familienfeier zu sein.

Der Geschmackstest: Dargereicht wird der „Anti-Hangover-Drink“ in Portionsgrößen als Pülverchen oder fertig angerührter Shot. Im Idealfall ist das Mittel vor und nach dem Besäufnis einzunehmen. Überdosieren kann man es laut den Erfindern nicht. Für Weinproben eignet sich der Drink nur bedingt. Er legt sich mit seiner klebrigen Süße auf Zunge und Gaumen, die Schärfe vom Ingwer legt die Geschmacksknospen ein ganzes Weilchen lahm. „Schmeckt wie eine in Hustensaft gelöste Multivitamintablette“ meint die Kollegin – die Strafe fürs Über-die-Stränge-Schlagen gibt's also vorab.

Unsere Erfahrungswerte: Nach dem Beurteilen von 160 Weinen, verteilt über zwei Tage (probiert wurde schluckweise, danach meist wieder ausgespuckt, wie das bei professionellen Verkostungen üblich ist), sind etwaige körperliche Einschränkungen tatsächlich ausgeblieben. Auch der Härtetest, die Familienfeier, ließ sich mit dem Anti-Kater-Drink gut bewältigen. Nach einem arg strapaziösen Abend – getrunken wurde Wein, auch süßer, zudem gab's Schnäpschen, um die verschiedenen Geschmäcker zufriedenzustellen – blieb das Murren in Kopf und Magen am Folgemorgen aus. „Keine Nachwehen!“, freut sich die unerschrockene Probandin. Freilich weiß keiner, wie das Wagnis ohne Pülverchen ausgegangen wäre.

Fazit: Der Anti-Kater-Mix sollte kein Freifahrtschein in den Alkoholismus sein. In gewissen Ausnahmesituationen, in denen die Vernunft uns im Stich lässt, kann er aber offenbar Schlimmeres verhindern. Gut zu wissen. Karneval kommt bestimmt.

Die bisherigen Folgen unseres Tests finden sie im Internet unter ku-rz.de/ausprobiert