Nach Smoothie kommt Fleischdrink

Fleisch aus der Flasche? Klingt zumindest gewöhnungsbedürftig. Ist, weil wir uns neuerdings am liebsten im Gehen ernähren, vielleicht aber nur der nächste logische Schritt.

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Jedenfalls gibt es für den Fleischdrink, den ein findiger Metzger aus dem Kreis Trier-Saarburg übers Internet vertreibt, durchaus Argumente: natürlich, frisch, proteinreich. Überdies aus regionaler Schlachtung und in bester Metzgerqualität, wie der Erfinder für seine Trinkmahlzeit „Pete & Phil's“ wirbt, die es in drei Varianten gibt. Rindfleisch mit Gemüse wie bei Oma (Butcher's Beef), Rind im Asia-Stil exotisch-indisch gewürzt (Beef Bombay) sowie ein pikantes Curry-Hühnchen (Poulet Royal). Nach püriertem Obst und Gemüse als Erwachsenennahrung, verniedlichend Smoothie genannt, kommen nun also auch Fleischesser zu ihrem Recht.

Die Verpackung: Die trendigen Flaschen fassen 0,33 l Fleischdrink, eine Bierportion. Auch das Etikett erinnert an Craft Beer, würde als Label aber auch zu jenen derzeit angesagten Burgerläden mit Buletten aus lang gereiftem, handgewolftem Rindfleisch passen. Einen Blick auf den Inhalt kann man nicht erhaschen, die getönten Flaschen sind in einen Mantel aus knalliger Folie gehüllt.

Der Inhalt: Beim Ausgießen ein erstes Erschrecken: Träge blubbt eine zähe braune Brühe ins Glas. Eine Testerin erschnüffelt Hundefutter. Auch den anderen Probanden verlangt der erste Schluck eine gehörige Portion Selbstüberwindung ab. Vielleicht hilft gutes Zureden, schließlich stecken in der Flasche nur Kräuter, Lauch, Pastinaken, Möhren und Rind. Also wie bei Oma, bloß püriert. Und kalt. Ab heute wird gebarft. Der Geruch kommt kalten Rouladen recht nah. Die Konsistenz lässt aber weniger an Omas Kochkünste denken. Der unansehnliche, braune Brei wirkt irgendwie vorgekaut. Oder, noch schlimmer, vorverdaut ... Also erst zögerlich den Finger reinstippen: Uff, schmeckt wie kalte Soße. Allerdings eine, in der viel Zucker steckt – das Übermaß an Süße irritiert. Eindeutig Tarnung, bloß wofür? Ein faserig-stumpfes Gefühl breitet sich im Mund aus und nährt den Wunsch, die Kaufähigkeit möge einem möglichst lang erhalten bleiben. Die Konkurrenzrezeptur aus Indien, Beef Bombay, erinnert an Fertigsuppe. Der penetrante Fleischgeruch des Vorgängers wird hier gnädig hinter einem vorpreschenden Würzaroma versteckt. Deutlich gemüselastiger, ein Mix, bei dem Schärfe die Hauptrolle spielt und übrige Geruchs- und Geschmacksnoten in die zweite Reihe verdrängt. Aufgewärmt in der Mikrowelle, steigt uns ein Duft wie im Pferdestall in die Nüstern. Der Eindruck von Künstlichkeit bleibt, obgleich laut Etikett keine künstlichen Aromen oder Konservierungsstoffe enthalten sind. Probe Nummer drei hätte nach dem Riechtest die Hürde zum Schlucken ohne Zwang sicher nicht genommen: Was der Flasche entsteigt, lässt an Verdorbenes denken. „Zu Hause würde man's entsorgen“, kommentiert eine Testerin knapp. Hilft nichts. Also noch mal kräftig schütteln und die (einwandfreie) Zutatenliste lesen. Das beruhigt. Am Gaumen zeigt sich der fiese Geruch als überraschend flüchtig. Geschmacklich könnte das königliche Huhn durchaus als püriertes Geflügelfrikassee oder herzhafte Hühnersuppe durchgehen. Im warmen Zustand ist Poulet Royal eindeutig der Geschmackssieger. Wer mag, kann es zu einem Gericht adeln, indem er es auf einem Teller und mit Löffel serviert.

Preis-Leistungs-Verhältnis: 11,90 Euro für drei Flaschen – macht einen knappen Liter Fleischdrink. Sortenrein oder als Querschnitt durchs Sortiment. Auf die Portion gerechnet, kostet der Flüssigsnack 4 Euro, der sich kalt oder warm verzehren lässt. Verglichen mit Fast Food oder Fertiggerichten, ist das angesichts der hochwertigen Zutaten ein akzeptabler Preis. Wenig Fett, kaum Kalorien, je nach Variante bringt's der eiweißlastige Drink auf läppische 120 bis 150 Kalorien. Bier, Burger oder Döner halten beim Nährwert nicht mit.

Fazit: Brauch ich das? Das Kopfschütteln der Tester wogt durch die Runde wie La Ola bei Olympia. Nach der Geschmacksprobe liegen die Anwendungsmöglichkeiten im theoretischen Bereich: nach einer Weisheitszahn-OP. Als Eiweißdiät für Zahnlose im Seniorenheim. Oder als Zwischenmahlzeit für Bodybuilder, die anstelle eines Frühstücks lieber rohes Ei trinken.