Rheinland-Pfalz

Bewässerungsprojekte für den Weinberg: Wie Frankens Winzer der Hitze trotzen

Weinberg in Franken: 45 Winzer aus der Region haben sich zusammengeschlossen und gemeinsam mit der Fernwasserversorgung ein umweltschonendes Wassermanagementsystem umgesetzt.
Weinberg in Franken: 45 Winzer aus der Region haben sich zusammengeschlossen und gemeinsam mit der Fernwasserversorgung ein umweltschonendes Wassermanagementsystem umgesetzt. Foto: dpa

Die rheinland-pfälzischen Winzer schauen mit wachsendem Interesse nach Nordbayern: Denn dort laufen zwei Pilotprojekte für die digitale Bewässerung von Rebstöcken.

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Langsam tröpfelt das Wasser aus einem schwarzen Schlauch. Es fließt den Rebstock hinab und versickert in der Erde. Die Tröpfchenbewässerung im Weinberg ist zwar nichts Besonderes. Aber dass das Wasser digital gesteuert aus einem Speicherbecken oberhalb der Weinberge kommt, ist es schon. Für diese Art der Bewässerung sind Frankens Winzer Vorreiter – in keiner anderen deutschen Weinregion ist es im Sommer so heiß und trocken wie im Norden Bayerns. Kitzingen etwa hält den Rekord als heißester Ort Deutschlands.

Der Klimawandel verschärft die Situation zusätzlich. Hitzesommer wie der jetzige sind möglicherweise keine Ausnahme mehr. Kein Wunder, dass jetzt auch die Winzer aus den übrigen Anbaugebieten Deutschlands mit wachsendem Interesse nach Franken schauen – auch in Rheinland-Pfalz.

Rheinhessen, Pfalz und Mosel kommen zwar derzeit noch ohne Bewässerung aus, aber die nordbayerischen Pilotprojekte könnten im Angesicht des Klimawandels auch für sie bald eine wachsende Relevanz haben. Bis 2003 war Bewässerung nur in Steillagen erlaubt. „Seit dem Jahrhundertsommer haben aber auch in Rheinland-Pfalz einige Gebiete recht ordentlich in Bewässerung investiert“, berichtet Ernst Büscher vom Deutschen Weininstitut (DWI).

Wasser tropft aus einem Bewässerungsschlauch auf die Rebstöcke: Etwa 500 Liter braucht ein Rebstock pro Jahr.
Wasser tropft aus einem Bewässerungsschlauch auf die Rebstöcke: Etwa 500 Liter braucht ein Rebstock pro Jahr.
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Etwa 500 Liter Wasser braucht ein Rebstock pro Jahr. Üblicherweise holt er sich das mit seinen bis zu zwölf Meter langen Wurzeln aus der Erde. Die immer häufiger auftretenden Hitze- und Trockenperioden auch in Deutschland lassen die Reben an ihre Grenzen kommen. Sie leiden unter enormem Trockenstress. Die Winzer müssen dann Trauben herausschneiden, damit das restliche Lesegut versorgt wird.

„Mit einer Bewässerung kann der Ertrag bei extrem trockenen Sommern zumindest stabilisiert werden“, erklärt Bewässerungsexperte Daniel Heßdörfer von der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG) in Veitshöchheim bei Würzburg. In mehreren Weinorten haben sich Winzer zusammengetan und ein gemeinsames Bewässerungssystem installiert, mancherorts in Zusammenarbeit mit der Gemeinde oder dem örtlichen Wasserversorger. „Das kann nur in Gemeinschaft passieren. Sonst gräbt am Ende ein reicher Winzer einem ärmeren im Wortsinn das Wasser ab“, sagt der fränkische Weinbaupräsident Artur Steinmann.

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Im Winter wird das Regen- und Schmelzwasser aufgefangen oder Wasser aus dem meist übervollen Main entnommen und in Speicherbecken oder Hochbehälter gepumpt. In heißen und trockenen Sommern wird das Wasser schließlich von dort über ein kilometerlanges Leitungssystem nachts an die Reben getropft. Allerdings nur, wenn die Pflanzen an ihre Grenzen kommen. „Wir wollen keine Luxusbewässerung. Das können wir uns in einer Trockenregion wie dieser auch gar nicht leisten“, sagt Agrarwissenschaftler Heßdörfer.

Die Kosten für ein Bewässerungssystem im Weinberg sind allerdings enorm. Je nach Art der Anlage müssen zwischen 8000 und 20.000 Euro pro Hektar investiert werden. In Bayern wird ein Teil der Anlagen schon jetzt vom Freistaat bezahlt. In den vergangenen zehn Jahren hat das Land laut Agrarministerium Fördergelder in Höhe von knapp 1 Million Euro ausgezahlt. Für Wasserbevorratung und Tropfbewässerungsschläuche stehen jährlich immerhin 700.000 Euro bereit. Rund ein Sechstel der fränkischen Weinberge wird so mittlerweile bewässert: rund 1000 Hektar. Langfristig müsse ganz Weinfranken damit ausgestattet sein, „um die Produktivität des Weinbaus trotz des Klimawandels nicht zu gefährden“, glaubt Heßdörfer.

Der Fränkische Weinbauverband hofft daher auf mehr staatliche Unterstützung. „Wir gehen von 20 bis 30 Millionen Euro aus, die man in den kommenden Jahren investieren sollte“, sagt Präsident Steinmann. Weintourismus ist mit rund 3,2 Milliarden Euro Jahresumsatz ein wichtiger Wirtschaftsfaktor in Franken.

Wasser tropft aus einem Bewässerungsschlauch auf die Rebstöcke: Etwa 500 Liter braucht ein Rebstock pro Jahr.
Wasser tropft aus einem Bewässerungsschlauch auf die Rebstöcke: Etwa 500 Liter braucht ein Rebstock pro Jahr.
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Im Weinberg sieht Ernst Büscher vom Deutschen Weininstitut die Tröpfchenbewässerung allerdings bislang nur vereinzelt als Thema. „Derlei Aufwand wird höchstens in Spitzenlagen betrieben oder bei jungen Rebanlagen und sandigen Böden, die das Wasser schlecht halten“, erklärt der DWI-Sprecher.

Es bleibt auch nicht nur bei den Kosten für die Installation der Anlage, zusätzlich fallen pro Hektar rund 300 Euro an – für jeden Bewässerungsgang. Diese Summe deckt nur den Verbrauch. Wesentlich mehr kostet es, das Wasser in den Berg zu transportieren. „Denn dort gibt's ja keinen Wasserhahn“, sagt Hans-Jörg Rebholz, Winzer aus Siebeldingen (Pfalz), der sich zur Versorgung seiner Reben in der Spitzenlage Kastanienbusch einer Bewässerungsgenossenschaft angeschlossen hat. 10 Liter Wasser rechnet Rebholz pro Rebe, 5000 Reben stehen auf einem Hektar. 1000 Liter fasst der Tank auf dem Traktor.

Pro Hektar macht das 50 Traktorfahrten. Gesucht wird deshalb nach neuen Strategien gegen den Trockenstress bei Reben. Bewässerungsexperte Heßdörfer und sein Team testen derzeit auf die Blätter gespritztes Pinienöl und ein Entblättern des Rebstockes, um die Verdunstung und den Wasserbedarf der Pflanze zu reduzieren.

„Der Kampf ums Wasser hat begonnen“, betont Frankens Weinbaupräsident Steinmann. Die Winzer wollen sich deshalb unabhängig machen. Der Klimawandel wird zum Winzeralltag. dpa/nim