Mainz

Unklar: Wann hört Kurt Beck auf?

Beck
Wie lange bleibt er Ministerpräsident in Rheinland-Pfalz? Die Staatskanzlei dementiert, dass ein Wechsel zu Innenminister Lewentz bald bevorsteht: Kurt Beck (SPD). Foto: Gero Breloer/Archiv

Die Debatte um einen vorzeitigen Rücktritt macht Regierungschef Beck die Arbeit schwerer. Ohnehin bläst dem Rheinland-Pfälzer wegen des kriselnden Nürburgrings mehr Gegenwind als früher ins Gesicht.

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Seit mehreren Wochen gibt es Gerüchte über einen vorzeitigen Rückzug des rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten Kurt Beck (SPD). Wir stellen die potenziellen Kronprinzen und -prinzessinnen vor.

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ROGER LEWENTZ (49): Der Innen- und Infrastrukturminister aus Lahnstein bei Koblenz gilt als aussichtsreichster möglicher Nachfolger. Er muss sich um Großbaustellen wie den kriselnden Nürburgring kümmern – mit der Kündigung der Betreiber versuchte er den Schritt nach vorn. Ob es ihm gelingt, am Ring für Ruhe zu sorgen, ist offen. Der frühere SPD-Generalsekretär und jetzige Parteiratschef ist bestens in der Partei vernetzt, beliebt und nie um ein Wort verlegen. Er war zuständig für den Landtagswahlkampf 2006. Bei der Wahl fuhr die SPD 45,6 Prozent ein, sie konnte danach allein regieren.

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HENDRIK HERING (48): Der SPD-Fraktionschef aus dem Westerwald ist ein Stratege. Er heckte mit aus, dass es nach dem Streit um Fusionspläne der Oberlandesgerichte Koblenz und Zweibrücken eine Expertengruppe gibt. Auch er ist eng vernetzt in der SPD, gilt aber nicht als guter Rhetoriker. 1989 wurde Hering mit 25 Jahren in Hachenburg landesweit jüngster Stadtbürgermeister. Von 2006 bis 2011 war er Wirtschaftsminister. Kürzlich räumte er Fehler im Zusammenhang mit dem Ausbau des Nürburgrings ein.

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MALU DREYER (51): Die Arbeitsministerin ist schon seit zehn Jahren in ihrem Ressort tätig. Sie ist innerhalb der SPD sehr beliebt und wird immer wieder als mögliche Nachfolgerin genannt – Dreyer hat allerdings Multiple Sklerose. Damit geht sie sehr offen um und spult ein großes Arbeitspensum ab – im vergangenen Jahr reiste sie nach Afrika. Sie ist bundesweit anerkannt in ihrem Ressort.

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DORIS AHNEN (47): Seit elf Jahren ist sie Bildungsministerin in Rheinland-Pfalz. Die ehemalige Juso-Bundesvize hat entscheidenden Anteil daran, dass Rheinland-Pfalz bundesweit als Vorreiter in der Bildungspolitik gilt. Dass sie sich so gut in dem Ressort auskennt, wird ihr auch als Nachteil in der Kronprinzendebatte ausgelegt. Die Politologin aus Trier wird auch für einen künftigen Posten auf Bundesebene gehandelt. Sie ist Mitglied im SPD-Bundesvorstand.

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JOCHEN HARTLOFF (57): Der Jurist wollte nach der Wahl 2011 SPD-Fraktionschef bleiben und nicht Justizminister werden. Zum Amtsantritt gab es Kritik wegen der damaligen Fusionspläne der Oberlandesgerichte Koblenz und Zweibrücken. Hartloff versuchte mit dem Einsetzen einer Expertengruppe gegenzusteuern. Auch er wurde in der Nachfolgedebatte genannt, inzwischen aber nicht mehr.

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Kurt Beck wird gern mal als Brummbär bezeichnet, den so leicht nichts umwerfen kann. In jüngster Zeit allerdings zeigt Deutschlands dienstältester Ministerpräsident öfter Nerven. Bei Maybrit Illners Talkshow reagierte der Pfälzer vor einigen Wochen sichtlich genervt auf den stichelnden Berliner Piraten Christopher Lauer – weil die Schlecker-Auffanggesellschaft gescheitert war.

„Wenn Sie mal ernsthaft versuchen, Politik zu machen und für Menschen da zu sein, statt so'n Schnickschnack von sich zu geben, dann werden Sie mal erleben, wie schwer dieser Job ist“, sagte Beck (Video am Textende). „Mir geht's heut' dreckig.“

Der 63-Jährige dürfte auch am Mittwoch nicht so richtig glücklich gewesen sein, denn wieder mal gab es Spekulationen um einen vorzeitigen Rücktritt – diesmal vom „Tagesspiegel“ aus der Hauptstadt, die schrieb, der Rückzug stehe jetzt schon im Mai an.

Beck dementiert. Doch klar ist, dass er und seine SPD hinter den Kulissen heftig hin- und her überlegen, wann er als rheinland-pfälzischer Ministerpräsident abtreten könnte und wer ihm folgt.

Doch ein Zeitplan scheint noch nicht auf dem Tisch zu liegen. Für den Politprofi Beck wird das Regieren schwerer. Die Nachfolgedebatte belastet den politischen Alltag, droht, die anderen Themen zu überlagern. Ohnehin hat Beck wegen des kriselnden Nürburgrings – die frühere SPD-Regierung hatte den Ring für rund 330 Millionen Euro ausgebaut – landes- und bundesweit mehr Gegenwind als früher.

CDU-Fraktionschefin Julia Klöckner hat schon seinen Rücktritt gefordert. Beck war in einer Landtagssitzung in der Fastnachtszeit so aufgebracht wegen der CDU, dass er hochrot im Gesicht wurde und fast schrie, zumal er bereits an einer schweren Erklärung laborierte.

Die frühere Deutsche Weinkönigin Klöckner sagte über „König Kurt“ im Wahlkampf vor der Landtagswahl 2011, sie würde „keine Tüte Gummibärchen darauf verwetten, dass er die nächste volle Legislatur macht oder machen will“. Beck hat aber stets betont, er wolle bis 2016 Regierungschef bleiben – vorausgesetzt, seine Gesundheit lasse das zu.

„Das ist der Fall“, hieß es am Mittwoch von Regierungssprecherin Monika Fuhr. Allerdings gab es vor einigen Monaten Gerüchte über zwischenzeitliche gesundheitliche Probleme. Hinter den Kulissen laufen die Vorbereitungen für einen Wechsel weiter, auch wenn unklar ist, ob ein neuer SPD-Landeschef gleich neuer Ministerpräsident werden könnte oder erst in einigen Jahren.

Die Wahl der neuen Landesspitze steht in diesem Jahr an – doch seit Monaten ist offen, wann der Parteitag stattfindet. SPD-Generalsekretär Alexander Schweitzer ist zuversichtlich, dass die Nachfolgefrage gelöst werden kann. Er freute sich in der „Rhein-Zeitung“ kürzlich, dass die SPD Rheinland-Pfalz „das Geschlossenheits-Gen hat“.

Als Beck-Nachfolger rangiert Innenminister Roger Lewentz derzeit vorn, aber auch SPD-Fraktionschef Hendrik Hering hegt Interesse. Lewentz erfuhr von den neuen Spekulationen erst am Mittwochmorgen, als er von einem Besuch in Washington zurückflog, und sagte in Mainz nur kurz, alle genannten Nachfolger könnten mit der Debatte umgehen. Wie, sagte er nicht.

Das Video, wie sich Kurt Beck und Christopher Lauer in die Haare geraten (ab Minute 2:50 Minute)