Ringen um Olympia: Was sagen Sportler und Funktionäre aus der Region

"Olympia ohne Ringen ist wie Gulasch ohne Fleisch." Markus Scherer, Landestrainer am Olympiastützpunkt in Schifferstadt.
"Olympia ohne Ringen ist wie Gulasch ohne Fleisch." Markus Scherer, Landestrainer am Olympiastützpunkt in Schifferstadt. Foto: picture alliance

Olympia ohne Ringen? Im Prinzip unvorstellbar. Das sieht die Exekutive des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) allerdings ganz anders und hat empfohlen, diese traditionsreiche Sportart aus dem olympischen Programm für die Spiele 2020 zu nehmen. Kein Wunder, dass diese Nachricht nicht nur weltweit, sondern auch in Rheinland-Pfalz für mächtig Zündstoff sorgt.

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Immerhin kommen der amtierende deutsche Mannschaftsmeister, der ASV Mainz 88, und der deutsche Meister im Freistil-Ringen in der Klasse bis 96 Kilogramm, Robin Ferdinand vom ASV Boden, aus dem Bundesland, in dem Ringen seit den Zeiten eines Wilfried Dietrich („Der Kran von Schifferstadt“), Paul Neff oder Werner Schröter eine große Tradition hat. Der Olympiastützpunkt Ringen hat seinen Sitz ja nicht umsonst in Schifferstadt.

„Ein Schlag ins Gesicht“

„Diese Nachricht ist für uns ein Schlag ins Gesicht“, sagt Marion Pangsy aus Koblenz, die Präsidentin des Schwerathletikverbandes Rheinland. „Auf so etwas waren wir nicht vorbereitet.“ Auch Oliver Eich, Jugendreferent des Verbandes und Geschäftsführer der WKG Untere Nahe in Bad Kreuznach, findet klare Worte: „Das ist eine Katastrophe.“ Noch ist die endgültige Entscheidung über den Ausschluss des Ringens bei Olympia 2020 noch nicht gefallen – er gilt bei der IOC-Vollversammlung in Buenos Aires im September aber nur noch als Formsache. „Wenn das wirklich so kommt, wäre das eine ganz bittere Enttäuschung“, erklärt Pangsy. Sie will sich auch noch gar nicht so recht mit diesem Szenario beschäftigen. „Wir hätten dann zwar noch Europa- und Weltmeisterschaften, aber das ist nicht das Gleiche wie Olympia.“

Denn gerade die Spiele sind für den Ringer-Nachwuchs eine große Motivation – alle wollen bei solch einem Großereignis dabei sein. Dieser Anreiz droht nun wegzufallen. Baris Baglan, Meistertrainer des ASV Mainz 88, will zumindest für seinen Verein nicht zu schwarz sehen. „Unsere Jugendlichen haben mit einem Bundesligateam immer noch eine lukrative Perspektive.“ Oliver Eich – der mit seinen beiden Söhnen Justin und Marcel Eich sowie Vladislav Wagner gleich drei hoffnungsvolle Talente für Olympia 2020 in seinem Verein weiß – wird dagegen drastisch: „Es würde mich nicht wundern, wenn sich die Jungs irgendwann fragen, wofür sie eigentlich noch trainieren.“ Es droht der Zusammenbruch einer gesamten Sportart – vor allem in finanzieller Hinsicht. Denn die Ringer generieren ihr Geld hauptsächlich aus Zuschüssen. Wenn die Sportart im Jahr 2020 nicht mehr olympisch sein sollte, kann der Weltverband Fila, der einen Großteil seiner Einnahmen aus dem Vermarktungsprogramm des IOC erhält, wohl genauso wenig existieren wie der Deutsche Ringer-Bund (DRB). Denn der hat vom Bundesinnenministerium im Jahr 2011 etwa eine Million Euro für den Spitzensport kassiert – als nicht-olympische Sportart müsste der DRB dann wahrscheinlich mit wenigen Zehntausend Euro auskommen. „Wenn die Zuschüsse ab 2017 wegfallen, bedeutet das das Aussterben des Ringens in Deutschland“, ist sich Eich sicher.

Bei aller Sorge um das Ringen, müssen sich die Verantwortlichen aber auch Fragen gefallen lassen. Zum Beispiel, warum Ringen in der Vergangenheit für Zuschauer nicht attraktiver gestaltet wurde. „Ich denke ja auch, dass es ein klares Punktesystem geben müsste, das jeder sofort versteht. Wir sind damit auch schon häufig an den Weltverband herangetreten, aber leider hat sich nie etwas getan“, erklärt Marion Pangsy. Die (negative) Empfehlung der Exekutive des IOC kommt jetzt einem Weckruf gleich – wenn auch einem radikalen. „Man hätte ja darüber diskutieren können, ob vielleicht das schwerer verständliche griechisch-römische Ringen aus dem Programm genommen wird und es dafür nur noch Freistil gibt. Aber gleich alles abschaffen?“ Pangsy versteht die Entscheidung der IOC-Funktionäre nicht.

Ringer-Länder machen mobil

Die Präsidentin des Schwerathletikverbandes Rheinland geht davon aus, dass nun „die typischen Ringer-Länder wie Russland, Armenien, Aserbaidschan und die Türkei mächtig mobil machen werden“. Auch Robin Ferdinand ist sich sicher, dass das letzte Wort noch nicht gesprochen ist: „Ich gehe davon aus, dass der Weltverband sich wehren wird. Zudem kann es ja sein, dass Olympia 2020 in Istanbul ausgetragen wird. In der Türkei ist Ringen absoluter Volkssport. Olympia ohne Ringen ist dort gar nicht vorstellbar.“

Von unserem Reporter Dominik Hechler