Berlin

Pioniere mit Vollkorn-Mission: Deutsches Brot im Ausland

Deutsche Brote sind im Ausland häufig Mangelware. Dennoch halten deutsche Bäcker dort die Tradition hoch, wie eine Umfrage ergab.
Deutsche Brote sind im Ausland häufig Mangelware. Dennoch halten deutsche Bäcker dort die Tradition hoch, wie eine Umfrage ergab. Foto: dpa

Kürbiskernbrötchen und Pumpernickel sind im Ausland häufig Mangelware. Dennoch halten deutsche Bäcker dort die Tradition hoch, wie eine Umfrage ergab. Manchmal wird Vollkornbrot kurzerhand als Kunstwerk angeboten.

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In Äthiopien hat die Familie Münch aus dem Allgäu vor einigen Jahren das Brothandwerk revolutioniert. Seither ist die „German Bakery“ in der Hauptstadt Addis Abeba eine Institution, die von Zugewanderten wie von Äthiopiern hoch geschätzt wird – mit Müslibrot, Nussecken oder Apfelstrudel. Die Brötchen backen mittlerweile Äthiopier, die Zutaten jedoch werden weiterhin aus Deutschland geliefert. „Die Backwaren sind hier zwar teurer als äthiopisches Brot, aber dafür schmecken sie auch viel besser“, sagt der junge Äthiopier Tewodros. „Besonders lecker finde ich das dunkle Brot, das wir gar nicht in dieser Form kennen.“

In Argentiniens Hauptstadt Buenos Aires gibt es zwei Bäckereien, die deutsches Brot backen: „Renania“ seit über 50 Jahren, die andere, „Hausbrot“, von einer jüngeren Generation deutschstämmiger Bäcker, seit etwa 10 Jahren. Zur Stammkundschaft gehören vor allem deutsche Einwanderer.

Wer in São Paulo in Brasilien deutsches Brot kaufen will, wird bei „Lukullus“ fündig. Das ist ein deutsches Restaurant, aber der Koch und Inhaber Tassilo Drosdek bietet mit Erfolg auch Roggenmischbrot, Siebenkorn-Kastenbrot, Kümmel-Zwiebelbrot, Sonnenblumenkern-Brot und frische Laugenbrezeln aus eigener Backstube an. „Es ist schwer, in Brasilien gutes Mehrkornbrot zu finden“, sagte Drosdek, der seit zwölf Jahren im Land lebt. Das Restaurant mögen auch Brasilianer, die Brotkundschaft besteht aber zu Dreivierteln aus Deutschen.

Im Weißmehlparadies Frankreich sind zwischen erstklassigen Varianten von Baguette, Croissant oder Pain au Chocolat andere Brotsorten nur schwer zu finden. Einige Bäckereien haben sich immerhin auf Sauerteigbrot spezialisiert. Laugengebäck oder dunkles Brot bleiben aber Mangelware. Selbst Körner auf dem Laib garantieren kein Vollkornbrot im Inneren. Eine Fundstelle gibt es im beliebten „Marché des Enfants Rouges“ im Pariser Marais. Dort wird „pain germain“, germanisches Brot angeboten. Der Standbesitzer lässt sich das Vollkornbrot aber direkt aus Deutschland schicken.“

In Griechenland essen die Einheimischen grundsätzlich Weißbrot. Es gibt lediglich in den Supermärkten deutsches Brot – worunter die Griechen allerdings nur Schwarzbrot verstehen. Das kaufen jedoch fast ausschließlich Deutsche.

In Indien gibt es jede Menge „German Bakerys“, entgegen der naheliegenden Annahme haben sie mit deutschem Brot in der Regel aber nichts am Hut. Der Name hat sich in Touristenzentren wie Goa irgendwann als verkaufsfördernd erwiesen, meist handelt es sich um Cafés. In der Hauptstadt Neu Delhi eröffnete vor einigen Jahren eine deutsche Bäckerei, die damit in eine Marktlücke stieß. Denn Inder essen Naan und Roti, was nicht einmal entfernt an deutsches Brot erinnert. Inzwischen ist die deutsche Bäckerei in der Popularität von Schweizer Konkurrenz überholt worden, die bei Online-Bestellung bis zum Vorabend am Morgen frisches Brot nach Hause liefert. Besonders bei westlichen Ausländern ist der Service beliebt.

In Italiens Hauptstadt Rom ist deutsches Brot ebenso chancenlos wie das französische Baguette. Abgepacktes Schwarzbrot taucht mitunter in Supermärkten auf, in denen Touristen einkaufen. Ein deutscher Bäcker war vor ein paar Jahren Stipendiat der deutschen Kulturinstitution Villa Massimo in Rom – er stellte seine Erzeugnisse den Besuchern vor wie die anderen Künstler ihre Werke.

Deutsches Brot ist dafür in Japan seit langem beliebt. Es begann damit, dass der japanische Supermarkt Kinokuniya in den 60er Jahren die deutsche Brot- und Backkunst in dem fernöstlichen Land einführen und qualifizierte Kräfte nach Deutschland zum Lernen schicken wollte. Über die deutsche Botschaft kam der Kontakt zur Landbäckerei Carsten Hansen in Langballig an der Flensburger Förde in Schleswig-Holstein zustande. Bei ihm lernten ab 1969 japanische Bäcker vor allem das Schwarzbrotbacken. Noch heute backt die Firma Kinokuniya im Tokioter Vorort Mitaka nach Hansens Rezepten. Es gibt rund 20 Sorten Deutsches Brot – am beliebtesten ist Pumpernickel.

In Mexiko gibt es mehrere deutschen Bäckereien, allerdings ist das Geschäft im Land der Tortillas nicht leicht. „Es ist viel Überzeugungsarbeit nötig“, sagt Renate Schnorpfeil, die in Mexiko-Stadt deutsches Brot verkauft. Mexikaner essen generell nicht viel Brot und wenn, muss es schön süß sein. So gehören vor allem Deutsche und andere Europäer oder Einheimische, die eine Zeit lang in Deutschland gelebt haben, zu Schnorpfeils Kunden. Ihr Mann Heinz steht frühmorgens in der Backstube, Renate Schnorpfeil verkauft vor Botschaften, Büros und der deutschen Schule pro Tag zwischen 30 und 50 Brote aus dem Auto heraus.

Wer in Norwegen morgens in ein knuspriges Vollkornbrötchen beißen möchte, der hat es schwer. Im Norden Europas sind die meisten Backwaren weich, labbrig und häufig mit Weizenmehl gebacken. Die Norweger gelten zwar als die größten Brotesser Europas, aber die Auswahl ist eher klein. Das populärste Brot heißt Kneippbrot und geht auf ein Rezept des bayrischen Naturheilkundlers Sebastian Kneipp zurück. Sehr gesund sieht es allerdings nicht aus.

In Polen unterscheidet sich der Brotgeschmack nicht allzu sehr von dem in Deutschland. Deshalb gibt es dort keine speziell deutschen Brotsorten oder bekannte deutsche Bäcker. Allerdings erleben Baguette und anderes französisch inspiriertes Backwerk dort gerade eine Renaissance.

In Rumänien muss man richtiges Vollkornbrot nach deutschem Muster mühsam suche. Traditionell gilt in Rumänien Schwarzbrot als Arme-Leute-Kost, deswegen wird Weißbrot bevorzugt. Zugleich aber setzt sich seit einigen Jahren in den gebildeteren, wohlhabenderen Schichten die Erkenntnis durch, dass Vollkornbrot gesünder ist. Dunkles Brot ist demnach teurer als weißes. Einige Hersteller bieten auf der Suche nach schnellem Gewinn gefälschtes Schwarzbrot an: Es wird mit Weißmehl zubereitet, das mit Kakaopulver dunkel gefärbt.

In Schweden hatte es der Deutsche Klaus Velten schwer, als er vor neun Jahren in Gustavfors, 180 km nördlich von Göteborg, seine deutsche Bäckerei eröffnete. „Die Schweden sind nicht besonders probierfreudig, wir mussten sie an unsere Vollkornprodukte langsam heranführen“, berichtet der 43-Jährige. Inzwischen ist sein Brot aus 100 Prozent Weizen- und Roggenvollkorn das beliebteste. Neben Rhabarberkuchen, Friesen- und Schwarzwälderkirschtorte verkauft Felten aber auch schwedische Leckereien. Seine Kundschaft besteht im Sommer überwiegend aus deutschen Urlaubern, Norwegern und Niederländern. Im Winter muss er von seiner schwedischen Kundschaft leben. Nur Vollkornbrötchen mögen die Schweden gar nicht.

In Spanien isst man überwiegend Weißbrot. Im Laden an der Ecke oder in der Provinz ist praktisch kein Brot aus Deutschland zu finden. Nur in den Touristenhochburgen wie auf Mallorca sieht das anders aus. Dort hat man sich auf die deutschen Feriengäste eingestellt.

In Südafrika muss zumindest am Kap niemand auf deutsche Backwaren verzichten. In und um Kapstadt bietet ein halbes Dutzend deutscher oder deutschstämmiger Bäckermeister viele Sorten Vollkornbrot, Landbrot, aber auch Brezel und Bienenstich an. Immerhin leben in der Provinz Westkap etwa 50 000 Rentner und andere Auswanderer aus Deutschland. In der Saison kommen viele deutsche Touristen hinzu. Die traditionsreiche deutsche Bäckerei Dinkel in Kapstadt freut sich „über immer mehr gesundheitsbewusste Südafrikaner aller Hautfarben, die zu uns kommen“, sagt die Besitzerin Brigitte Pack. „Renner ist unser 100-prozentiges Dinkelbrot.“

Auf Zypern mit seiner langen britischen Kolonialvergangenheit ist praktisch unbekannt, was deutsches Brot ist. Auch in ISRAEL gibt es weder deutsche Bäckereien noch Backwaren.