Kommentar zu Wegen aus der Krise der Linken: Partei braucht wieder einen Markenkern

Von Holger Möhle

Die Linke hat nicht mehr viel Kredit. Sie muss Vertrauen bei ihren Wählern zurückgewinnen, vor allem aber bei jenen, die sie seit geraumer Zeit nicht mehr wählen. Viel Zeit hat sie dazu nicht mehr. Bis zur nächsten Bundestagswahl.

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Die Partei muss nach ihrem Bundesparteitag in Erfurt dringend die Frage beantworten, für wen sie noch Politik machen will. Denn an einer Tatsache können Vorstand, Funktionäre und Mitglieder nicht vorbeisehen: Ihre Partei wird im Bund und in den Ländern von immer weniger Menschen gewählt, auch wenn sie in Zeiten steigender Armut, überhitzter Energiepreise und Zukunftsangst eigentlich Zuspruch haben könnte. Doch das Gegenteil ist der Fall.

Die Linke hat das Problem, dass sie auch 15 Jahre nach ihrer Vereinigung zu einer gesamtdeutschen Partei vermutlich zwei, wenn nicht sogar drei Parteien in einer ist. Hier die Bewegungslinke, deren Vertreter mit Klimaaktivisten demonstrieren, dort die (zersplitterten) ostdeutschen Reformpolitiker und schließlich noch Ideologen um Sahra Wagenknecht, nicht ohne Grund auch die „Wagenknechte“ genannt. So wird das nichts.

Die Partei muss den Menschen einen Mehrwert bieten, einen echten Grund, sie zu wählen. Denn zu oft bot die Linke den Bürgern diverse Anlässe, sie nicht zu wählen. Wieso auch, wenn die Linke mehr mit sich selbst als mit Lösungen für eine Zukunft des Landes beschäftigt ist? Die Partei braucht wieder einen klar erkennbaren Markenkern. Und sie muss ihr Auftreten wie ihren Umgang miteinander ändern und aufhören, permanent unterschiedliche Signale zu den Krisen dieser Zeit zu senden: Krieg, Klima, Corona. Die Vielstimmigkeit der Linken gleicht einem Orchester, das nicht aufeinander eingespielt ist. Der neue Vorstand muss ein neues Kraftzentrum werden. Sonst hat die Linke ausgespielt.

E-Mail: holger.moehle@rhein-zeitung.net