Das Hochwasser an der Nahe rauschte 1993 und 1995 mit verheerender Gewalt zu Tal. Millionenschäden mussten die Flussanrainer verkraften: In Kirn, in Sobernheim, in Bad Kreuznach und in fast allen kleinen Orten. Das Naheprogramm wurde schon bald darauf Ende der 90er-Jahre ausgeklügelt, Kirn und Bad Kreuznach erhielten massiven Schutz. Nach und nach erfolgten weitere Schutzmaßnahmen.
So ging vor zwei Jahren zwischen Bretzenheim und Langenlonsheim ein Polder mit kombinierter Fischaufstiegshilfe ans Netz und beschert etwa Bretzenheim als Unterlieger der eingedeichten Kreuznacher einen deutlich niedrigeren Nahepegelstand als vor der Maßnahme.
Ein Grund für die riesige 25 Millionen Euro teure Maßnahme waren auch die uralten Deiche bei Ippesheim. Die hatten sich teils gesetzt, waren löchrig, drohten bei Hochwasser zu brechen. Das sind die gleichen Deiche wie in Hochstetten-Dhaun. Mit Muskelkraft waren sie vom Reichsarbeitsdienst in den 30er-Jahren gebaut worden. Auch in Hochstetten sind sie marode und nach Schätzungen der Fachbehörden zwischen 50 und 100 Zentimeter zu niedrig, um erneute Fluten wie 1993 einzudämmen.
Das weiß man seit Jahrzehnten. Deshalb wurde ein großes Hochwasserschutz-Projekt geplant. Mit Naturruhezonen und Naherholungsgebiet, höheren Deichen, Inseln. Vor fünf Jahren sagte SGD-Abteilungsleiter Josef Groß optimistisch, das Projekt, das er schon „geerbt habe“, könnte 2016 fertig sein. Doch sein Wunsch, es möge kein allzu großes Verzögerungspotenzial auftreten, erfüllte sich leider nicht. Zum Glück erfüllten sich auch die Befürchtungen der Anlieger nicht, eine verheerende Naheflut könnte in ähnlicher Dimension wie kürzlich im Fischbachtal über Industriegebiet oder Ortsteil Hochstädten hereinbrechen.
Die Idee, das Hochwasserprojekt jetzt erst nach dem Umgehungsstraßenbau in etwa vier fünf Jahren anzupacken, weil man sich sonst zu oft in die Quere kommt, wäre keine so gute gewesen. Noch hat die Nahe nämlich mitgespielt und die alten Deiche nicht wirklich auf Herz und Nieren geprüft. Man sollte sich nicht drauf verlassen, dass das nicht doch schon bald passieren könnte. Wie schnell es gehen kann, deutete der gestrige Starkregen an. Natürlich müssen die Wasserbauer gut und nachhaltig planen. Aber es muss alles getan werden, damit das Projekt nicht weiter auf die lange Bank gerät, schließlich wurde die Sulzbacher Wässerung schon vor über 30 Jahren zugebaut. Wenn's am Ende im Hochwasserfall heißt, man habe die Ausgleichsmaßnahme ja leider nicht bauen können, weil für eine Baustraße ein Flurbereinigungsverfahren her musste, dürfte das Verständnis sehr gering sein.
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