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Rheinland-Pfalz

Reise(un)freiheit: So unterschiedlich gehen die Bundesländer mit den Regeln um

Von Ursula Samary
Reisende aus Risikogebieten können sich direkt am Flughafen kostenlos testen lassen.
Reisende aus Risikogebieten können sich direkt am Flughafen kostenlos testen lassen. Foto: Werner Dupuis

Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) hat mit scharfer Kritik auf den Beschluss von Bund und Ländern reagiert, die Entscheidung zu den Beherbergungsverboten zu vertagen. Im Gastgewerbe würden Existenzsorgen und Frust wachsen, erklärte Dehoga-Präsident Guido Zöllick. Der Verband appelliere dringend an die Bundesländer, die Beherbergungsverbote auszusetzen. „Beherbergungsverbote entsprechen nicht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.“ Der Deutsche Ferienhausverband sprach von einem „verheerenden Signal“.

Lesezeit: 3 Minuten
Bund und Länder hatten bei ihren Corona-Beratungen am Mittwoch keinen einheitlichen Kurs bei dem Thema gefunden. Bis zum 8. November soll die Maßnahme auf ihre Wirksamkeit überprüft werden. „Dann sind die Herbstferien vorbei, und der Schaden kann nicht mehr gutgemacht werden“, kritisierte der Ferienhausverband. „Die Maßnahmen sind existenzgefährdend“, hieß es ...
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Fahrlässige Ignoranz des Bundestags

Der Bundestag schliddert mitten in der Pandemie als Gesetzgeber in die Krise, die Exekutive der Länder aber gleich gefährlich mit. Denn Bundes- und Landespolitiker haben leise Warnhinweise in Eilentscheidungen von Verwaltungsgerichten und sogar den Paukenschlag des Verfassungsgerichtshofs im Saarland überhört: Nur Gesetze, aber keine bloßen Verordnungen von Gesundheitsminister(innen) dürfen massiv in Grundrechte eingreifen.

Auch der deutliche Weckruf des Präsidenten des rheinland-pfälzischen Verfassungsgerichtshofs, Lars Brocker, unmittelbar vor der großen Krisenrunde im Kanzleramt ist im stundenlangen Streit ungehört verhallt. Die Quittung folgt am Tag danach gleich im Stundentakt. Dass dies täglich passieren kann, hat Brocker drastisch an die Wand gemalt: Erst kippt der Verwaltungsgerichtshof von Baden-Württemberg das Beherbergungsverbot für Reisende aus deutschen Hotspots, dann Niedersachsen. Sachsen hebt es gleich selbst auf. Rheinland-Pfalz hat es vollmundig angekündigt, dann aber aus gutem Grund darauf verzichtet.

Die Entwicklung ist dramatisch, weil die Zahl der Corona-Infizierten täglich besorgniserregend steigt. Wegen des Wirrwarrs sinkt aber die Akzeptanz, Warnungen und Schutzregeln ernst zu nehmen – ob beim Einkauf, in Bus und Bahn oder beim Feiern.

Die Richter mahnen: Für Reisende ist der Einschnitt ins Grundrecht auf Freizügigkeit unverhältnismäßig, zumal Belege fehlen, dass Hotels und Pensionen „Treiber“ des Infektionsgeschehens sind. Dies erklären auch Mediziner. Im Saarland haben die Gästelisten bereits ein Verfallsdatum, falls sie nicht, wie vom VGH wegen des Eingriffs in den Datenschutz gefordert, gesetzlich abgesichert werden. Kein Richter will beim Schutz vor Corona rechtliches Chaos auslösen, aber er muss auch auf Recht und Gesetz achten. Es zeigt sich wohl jetzt nicht nur für den Koblenzer Richter Brocker, dass ein vom parlamentarischen Gesetzgeber abgekoppeltes Verordnungssonderrechtsregime zunehmend in Konflikt mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben gerät – zumal wenn Verbote nicht gründlich durchdacht sind. Der Bundestag sollte nun das Bundesinfektionsgesetz nachschärfen und Anti-Corona-Verordnungen verfassungsrechtlich absichern. Ansonsten könnten wirklich wichtige Instrumente gegen die Krise wie Dominosteine fallen.

E-Mail: ursula.samary @rhein-zeitung.net

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