„Arteriosklerose ist nicht nur eine Ablagerung von Kalk und Fett in den Gefäßen, sondern im Grunde eine Entzündungserkrankung der Gefäße, die am Ende zu einer Thrombose führt“, erklärt der Wissenschaftliche Vorstand und Dekan der Universitätsmedizin, Professor Ulrich Förstermann.
Diese Erkenntnis des Mainzer Centrums für Thrombose und Hämostase (CTH) an der Universitätsmedizin Mainz sei die Basis der fachübergreifenden Spitzenforschung. Im sogenannten Cluster für Atherothrombose und Individualisierte Medizin (Curatime) arbeiten die Forscher der Mainzer Unimedizin gemeinsam mit wissenschaftlicher Prominenz: Kollegen der TRON gGmbH der Biontech-Gründer Ugur Sahin und Özlem Türeci sowie des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz aus Kaiserslautern.
„Auf dem Gebiet der Herz-Kreislauf-Erkrankungen fehlt es seit Jahrzehnten an wirklichen Sprunginnovationen“,
sagt Curatime-Sprecher Andrée Rothermel, der auch Wissenschaftlicher Geschäftsführer von TRON ist.
Es geht um Erkenntnisse der Grundlagenforschung und deren effizienten Transfer in die klinische Anwendung gegen Herz-Kreislauf-Erkrankungen. So sollen Biomarker-Profile ausgemacht werden, um Subtypen der Krankheit früh entdecken zu können, wie der Wissenschaftliche Direktor des CTH, Professor Wolfram Ruf, erläutert. „Das ist die Voraussetzung, um auch präventiv eingreifen zu können und zielgerichtete Medikamente für die Behandlung neuer Risikofaktoren zu entwickeln.“
„Auf dem Gebiet der Herz-Kreislauf-Erkrankungen fehlt es seit Jahrzehnten an wirklichen Sprunginnovationen“, sagt Curatime-Sprecher Andrée Rothermel, der auch Wissenschaftlicher Geschäftsführer von TRON ist. Die Leitfragen der Curatime-Forschung formuliert der international anerkannte Blutgerinnungsspezialist Ruf so: „Was haben wir noch nicht beeinflusst in dem Patienten, den wir behandeln?“
Ein wesentlicher Schlüssel seien dabei eben entzündliche Veränderungen in der Gefäßwand und die Verbindungen des Immunsystems mit der Blutgerinnung und Thrombosen. Mit Versuchen in Tiermodellen und Immunzellen wollten die Wissenschaftler verstehen, „was die Entzündungen treibt“, so Ruf. Über die Integration von Grundlagenforschung und klinischen Erkenntnissen könne dann versucht werden, zu einer besseren Diagnose und letztlich auch zu neuen Behandlungswegen der Atherothrombose zu kommen.
In Rheinland-Pfalz gibt es mehr kranke Herzen als im bundesweiten Durchschnitt. Wie die AOK Rheinland-Pfalz/Saarland berichtet, litten im Jahr 2020 insgesamt 246.000 Rheinland-Pfälzer über 30 Jahren unter einer koronaren Herzkrankheit (KHK).Regionale Unterschiede groß: Fast 250.000 Rheinland-Pfälzer über 30 Jahren leiden an ihren Herzen
„Wir wollen die Therapie im großen Konsortium in eine neue Richtung treiben“, sagt Ruf. Auf der Grundlage neuster Technologien der Künstlichen Intelligenz, der Systemmedizin, der Thromboseforschung und eben der mRNA-Technologie solle die Rhein-Main-Pfalz-Region zum „Vorreiter für die Behandlung von Atherothrombose“ werden, heißt es bei Curatime. Atherothrombosen sind Thromben im Gefäßsystem, deren Ursache wiederum entzündliche Veränderungen der Gefäßwand sind. „Thrombosen spielen auch noch bei vielen anderen Erkrankungen eine wichtige Rolle“, sagt Ruf. Als Beispiele nennt der Wissenschaftler Krebs und Übergewicht.
Zusammen mit weiteren Partnern in der Region soll ein schlagkräftiges Netzwerk zur Bekämpfung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen entstehen, um die Sterblichkeit der Volkskrankheit deutlich zu verringern. Das Bundesforschungsministerium hält den Ansatz für vielversprechend, denn es hat Curatime in die „Clusters4 Future“ aufgenommen und fördert es zunächst drei Jahre mit insgesamt 15 Millionen Euro.
In der nächsten Runde der Exzellenz-Strategie, einem Förderprogramm von Bund und Ländern zur nachhaltigen Stärkung der Spitzenforschung und der internationalen Wettbewerbsfähigkeit deutscher Universitäten, sollen die Technologien der Mainzer Forschenden in einer gemeinsamen Initiative mit Frankfurter Forschern gebündelt in weiteren Themengebieten angewendet werden. Die Bündelung von Innovationen in der biomedizinischen Forschung sei wichtig, um zu forschungsstarken Regionen in Deutschland zu kommen, betonen die Wissenschaftler. „Da ergeben sich tolle Interaktionen. Der Rhein-Main-Raum wartet mit ganz innovativen, pharmakologischen Strategien auf“, sagt Ruf.