Bis zu 40 Grad am Mittwoch
RLP im Schwitzkasten – so gehen Firmen mit der Hitze um
Wenigstens ein bisschen Abkühlung: Viele Arbeitgeber in Rheinland-Pfalz stellen ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bei den aktuellen Temperaturen kostenloses Wasser zur Verfügung - wenn auch vor allem zum Trinken.
Thomas Warnack. picture alliance/dpa

Der Deutsche Wetterdienst warnt die Rheinland-Pfälzer vor extremer Hitze, am Mittwoch könnte es Temperaturen bis 40 Grad geben. Wie gehen Arbeitgeber, Kitas, Seniorenheime und die Straßenmeistereien damit um? Wir haben nachgefragt.

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36 Grad, und es wird noch heißer: Am Mittwoch soll die aktuelle Hitzewelle, die weite Teile von Rheinland-Pfalz im Griff hat, ihren Höhepunkt erreichen. Dann sollen örtlich sogar bis zu 40 Grad möglich sein. Selbst auf den Höhenlagen von Hunsrück, Westerwald und Eifel dürfte das Thermometer auf Werte um 33 Grad steigen. Glücklich, wer derzeit in einem klimatisierten Büro arbeiten kann. Für viele andere bringt die Witterung aber echte Herausforderungen mit sich? Wir haben in Firmen und bei Institutionen in RLP nachgefragt: Wie gehen Sie mit der Hitze um?

Kitas: Ausreichend Wasser zum Trinken – und Wasserspiele zum Abkühlen: Das sind zwei der Rezepte, mit denen die Leitungen der Kindertagesstätten der Kita gGmbH den Temperaturen begegnen. Natürlich werden auch Hitzewarnungen und UV-Werte beachtet, die Raumtemperaturen überprüft und aufgeheizte Räume gemieden. Das alles ist bestens erprobt, gesonderte Hinweise muss die gemeinnützige Trägergesellschaft, die für mehr als 150 Kitas in Rheinland-Pfalz zuständig ist, nicht geben, „da es hier bereits Hinweise und Erfahrungswerte aus der Praxis der Vergangenheit gibt, auf die zurückgegriffen wird“, wie eine Sprecherin erklärt: „Die Vorgesetzten weisen auf die Maßnahmen hin und überprüfen sie regelmäßig.“

Am Mittwoch werden in Teilen von Rheinland-Pfalz bis zu 40 Grad erwartet.
Thomas Warnack. picture alliance/dpa

Seniorenheime: In den kühlen Morgenstunden lüften und anschließend alle Rollläden runterlassen – das reicht in Seniorenheimen oftmals nicht aus, sagt Sven Lefkowitz, Pflege-Ombudsmann beim Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung. „Viele Einrichtungen sind baulich nicht für eine solche Hitze konzipiert.“ Problematisch sei das nicht nur für die Bewohner, sondern auch für hitzeempfindliche Medikamente. „Klimatisierte Medikamentenräume fehlen häufig, der Kühlschrank reicht nicht aus – und nicht jedes Mittel verträgt Kälte.“ Bei Einrichtungen, die neu gebaut werden, müsse ein Umdenken stattfinden: „Es sollte über Dachbegrünungen und eine Klimatisierung in den oberen Stockwerken nachgedacht werden.“ Lefkowitz, der selbst viele Jahre ein Altenheim in Neuwied leitete, weiß, wie groß die Belastung der Hitze auch für das Personal ist. „Die Pfleger müssen rund um die Uhr präsent sein. Vor allem im Spätdienst kommen sie bei der Versorgung stark ins Schwitzen.“ Und: Senioren trinken oft zu wenig, darauf müssten die Pfleger an heißen Tagen noch genauer achten, sagt Lefkowitz. „Deshalb braucht es mehr als nur Wasser oder Kaffee – Getränke, die wirklich gern getrunken werden.“

Gastronomie: Gern getrunken wird an den heißen Sommertagen zum Beispiel ein kühles Bier: Im Königsbacher Biergarten am Deutschen Eck in Koblenz fließt das derzeit vor allem am Abend. „Das hat sich etwas verschoben. Vorher hatten wir am Mittag mehr zu tun“, sagt Inhaber Dirk Zander. Deshalb hat er die Schichten anders eingeteilt: Tagsüber brauche er weniger Personal, abends dafür mehr. „Das kennen wir bereits, Hitzewellen gab es schon öfter. Das ist Routine über die Jahre.“ In seinem Biergarten – in dem es fast 1000 Sitzplätze gibt – seien die Platanen von Vorteil. Durch die Bäume gibt es einen großen Schattenbereich. Zander ist sich sicher: „Bier haben wir genügend kaltgestellt, das geht uns an den heißen Tagen definitiv nicht aus.“

Straßenmeisterei: Bei extremer Hitze steigt die Wahrscheinlichkeit von Schäden am Fahrbahnbelag – die Streckenwarte der Straßenmeistereien achten also noch mehr als sonst auf „ihre“ Straßen, berichtet ein Sprecher des Landesbetriebs Mobilität (LBM): „Der Streckenwart kann im Bedarfsfall Gefahrenstellen schnell absichern und eine Behebung des Schadens veranlassen.“ Aber auch auf sich und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter muss besonders Acht gegeben werden – Hautkrebs ist die zweithäufigste anerkannte Berufskrankheit, allein deshalb wird Sonnencreme mit hohem Lichtschutzfaktor zur Verfügung gestellt, und auch die Dienstkleidung erfüllt besondere Anforderungen beim UV-Schutz. Aber auch vor Überhitzung müssen die Mitarbeiter geschützt werden: „Bei den Straßenmeistereien darf zur Vermeidung beziehungsweise Reduzierung gesundheitlicher Beeinträchtigungen bei großer Hitze und hohen Ozonwerten die tägliche regelmäßige Arbeitszeit für das Straßenunterhaltungspersonal bis auf 5 Uhr vorverlegt werden. Die Arbeitszeit endet an diesen Tagen entsprechend bereits um 13.45 Uhr“, erklärt der LBM-Sprecher. Auch mit Vortragsreihen und Infomaterial werden die LBM-Leute versorgt – sowie natürlich mit Wasser.

Paketdienste: Schwere Pakete aus dem Lieferfahrzeug in den Hausflur wuchten – auch das wird bei Hitze sicher nicht leichter. Beim Branchenriesen DHL beginnt die Fürsorge für die Fahrerinnen und Fahrer bei der Berufsbekleidung, die etwa luftig-leichte Varianten und einen Zwiebellook ermöglicht, wie der für RLP zuständige Pressesprecher Heinz-Jürgen Thomeczek sagt: „Weiter verteilen wir Wasser und geben Verhaltenstipps im Vorfeld der Zustellung: viel Trinken, keine schwere Kost, Pause im Schattenbereich.“ Viele Fahrer sind in ihren „Revieren“ auch gut bekannt. „Daher hören wir immer wieder, dass Kunden den Zustellern Wasser oder sogar mal ein Eis oder Melone anbieten. Hier überlassen wir den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die Entscheidung“, sagt Thomeczek.

„Wir starten im Sommer zum Beispiel um 5.30 Uhr. Feierabend machen die Jungs dann, wenn es am Mittag heiß wird.“
Krautscheid, Präsident der Handwerkskammer Koblenz und Dachdeckermeister, über den Umgang mit der Hitze in seinem Betrieb

Dachdeckerhandwerk: Bei Temperaturen über 30 Grad wird das Dach schnell zur Hitzefalle – vor allem, wenn schwarze Ziegel sich in der Sonne aufheizen. „Bei den Temperaturen können die Arbeiter nicht mehr mit den Ziegel in Berührung kommen“, sagt Kurt Krautscheid, Präsident der Handwerkskammer Koblenz und Dachdeckermeister. In seinem Betrieb, der Krautscheid Bedachungen GmbH in Neustadt/Wied, gilt im Sommer: Arbeiten, solange es noch geht – aber eben nur am Morgen. „Wir starten im Sommer zum Beispiel um 5.30 Uhr. Feierabend machen die Jungs dann, wenn es am Mittag heiß wird. Das entscheiden sie selbst, da gehen wir pragmatisch vor.“ Seit 2020 greift im Dachdeckerhandwerk eine neue Regelung: Die Lohnausgleichskasse ist ganzjährig geöffnet, auch für Hitzetage im Sommer. Gibt es witterungsbedingte Ausfälle, springen die Sozialkassen des Dachdeckerhandwerks ein. Dazu kommt ein Sonnenschutz-Paket der Bau- und Berufsgenossenschaft mit Trinkflasche und Kopfbedeckung. „Früher standen die Jungs oberkörperfrei auf den Dächern, das geht bei der Hitze heute nicht mehr.“

Flughafen: Am Hahn hat die Hitze keine unmittelbaren Auswirkungen auf den Flugbetrieb, der läuft wie geplant, berichtet Airport-Chef Rüdiger Franke, der sich ausdrücklich bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bedankt, die unter anspruchsvollen Bedingungen ran müssen. Man kann sich vorstellen, wie heiß es auf dem schattenfreien Vorfeld ist, wo die Maschinen betankt und beladen werden. „Den Mitarbeitern stellen wir zusätzliche kostenlose Getränke zur Verfügung“, sagt Franke. 380.000 Passagiere erwartet der Hunsrück-Airport in den am 7. Juli beginnenden Sommerferien. Dafür sieht er sich gut gerüstet. 46 Warmwasser- und Städteziele finden sich im zuletzt ausgeweiteten Sommerflugplan. An diesem Hitze-Mittwoch könnte man übrigens auch beispielsweise mit Ryanair nach London fliegen (10 Uhr und 16.05 Uhr). In der britischen Hauptstadt werden nur Höchstwerte bis 24 Grad erwartet. Im Vergleich zu RLP geradezu kühl.

Gewitter und etwas Abkühlung: Die weiteren Aussichten

Mit der Hitze kommen auch Gewitter nach Rheinland-Pfalz, auch am Mittwoch ist die Gefahr noch recht hoch. Trotz überwiegend sonniger Bedingungen können sich ab dem späten Nachmittag über dem Bergland vereinzelt Schauer oder Hitzegewitter bilden. Der Wind kommt schwach bis mäßig aus Südost, bei Gewittern sind stürmische Böen möglich. In der Nacht zum Donnerstag ziehen vor allem im Norden gebietsweise Schauer und teils kräftige Gewitter ostwärts. Die Tiefstwerte liegen zwischen 22 und 17 Grad. Der Donnerstag bringt wechselhaftes Wetter mit Schauern und einzelnen Gewittern, die von Nordwesten her durchziehen. Dabei kann es erneut lokal zu Starkregen kommen. Die Temperaturen erreichen 26 bis 31 Grad, in den Hochlagen der Eifel und im Westerwald um 22 Grad. Der Wind weht schwach bis mäßig aus Nordwest, bei Gewittern sind Sturmböen möglich. Am Freitag beruhigt sich das Wetter. Es wird heiter bis sonnig und trocken bei 23 bis 28 Grad. dpa

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