Südlohn/Berlin

Eine Rechnung für jedes Brötchen? Kassenbon-Pflicht lässt Bäckern den Kragen platzen

Bons ohne Ende: Ein Bäcker aus dem Münsterland hat es darauf ankommen lassen und zwei Tage sämtliche Bons ausgedruckt.  Foto: dpa
Bons ohne Ende: Ein Bäcker aus dem Münsterland hat es darauf ankommen lassen und zwei Tage sämtliche Bons ausgedruckt. Foto: dpa

Für jedes verkaufte Brötchen den Kassenbon ausdrucken? Wahnsinn, findet Bäckermeister Michael Tenk. Zwei Tage lang sammelte der Bäcker aus Südlohn im westlichen Münsterland die Kassenbons, die er – von 2020 an gesetzlich vorgeschrieben – an jeden Kunden ausgeben muss. Davon machte der 41-Jährige ein Foto und veröffentlichte es bei Facebook.

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„Ich dachte mir, ich lasse aus Spaß mal den Drucker laufen“, sagte Tenk. Am vergangenen Samstag brach er den Versuch allerdings bereits ab. „Wir hatten knapp 600 Zettel ausgedruckt. Es wurden einfach zu viele“, sagte der Bäcker.

Hintergrund der Aktion des Bäckers ist die Abgabenordnung. Das gesetzliche Regelwerk sieht ab 2020 die Pflicht vor, jedem Kunden einen Beleg auszuhändigen. Das Ganze ist Teil der Kassensicherungsverordnung, die Steuerbetrug an der Ladenkasse verhindern soll. Zur Bonpflicht kommt die Sicherheitseinrichtung TSE, die Kassen fälschungssicher machen soll. Ursprünglich sollten alle Kassen zu Jahresbeginn auch damit ausgestattet sein. Wegen Lieferschwierigkeiten gewährt das Finanzministerium nun aber einen Aufschub bis Ende September. Der Handel schäumt – kommen auf ihn doch 300 bis 500 Euro Kosten für das Aufrüsten pro Kasse zu. Und: Laut Handelsverband HDE kann die Umstellung der Kassen Steuerbetrug zwar eindämmen, die Bonpflicht trägt jedoch in keiner Weise dazu bei. Die Kassen zeichnen ohnehin alle Zahlvorgänge für die Finanzbehörden auf.

Auch Bäckermeister Tenk schätzt, dass nur rund 3 Prozent seiner Kunden überhaupt einen Kassenbon haben wollen. „Eine meiner Kundinnen führt ein Haushaltsbuch, die will den Bon als Beleg“, sagt der Bäcker. Damit ist sie aber die große Ausnahme. Ansonsten kann er den bürokratischen Aufwand („Bürokratiewahnsinn“) und die Belastung für die Umwelt nicht nachvollziehen. Er schätzt, dass die Vorgabe des Finanzministeriums aus Berlin ihn rund 1000 Euro im Jahr plus die Entsorgung kosten wird.

„Für die Bäckereien deuten sich derzeit keine neuen Lösungen an, auch aus dem Ministerium gibt es im Augenblick keine Hinweise, dass es unbürokratische Lösungen für die Branche geben wird, die den Bon- und Müllwahnsinn beenden. Das ist in Anbetracht der durchgängig in Politik, Gesellschaft und Medien geäußerten flächendeckenden Kritik völlig unverständlich“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Zentralverbandes des Deutschen Bäckerhandwerks, Daniel Schneider.

Der Verband hat deshalb einen Brief an Bundesfinanzminister Olaf Scholz geschrieben und ihn um eine Korrektur seines Anwendungserlasses gebeten. Gleichzeitig habe der Verband einen Antrag auf Befreiung von der Belegausgabepflicht für das Deutsche Bäckerhandwerks gestellt. dpa/ank

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