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Arbeitsrechtliche Folgen des Coronavirus

Corona und kein Ende in Sicht. Während die Bundesregierung einen Krisenstab errichtet, um betroffenen Menschen zu helfen und eine Ausbreitung des Virus zu verhindern, Kultusministerien Hinweise an Mitarbeiter und Einrichtungen herausgeben und Betriebe der freien Wirtschaft zunehmend verunsichert sind, stellen sich für viele Menschen im Arbeitsleben sehr konkrete Fragen:

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Wer übernimmt die Kosten, wenn Quarantäne angeordnet wird? Bekomme ich mein Geld, wenn ich im Ausland festsitze? Was ist mit der Gehaltszahlung während der Quarantäne?

Diese Auswahl steht beispielhaft für die große Unsicherheit innerhalb der Bevölkerung hinsichtlich der arbeitsrechtlichen Folgen der sich ausbreitenden Erkrankung.

Der folgende Artikel soll Licht ins Dunkel bringen und beschäftigt sich insbesondere mit der Frage der Lohnzahlung im Fall der Infektion, der erzwungenen Betriebsstillegung bei Quarantänesituationen und bei Festsitzen des Arbeitnehmers im Ausland.

Was ist, wenn ich mich selbst mit dem Virus infiziert habe?

Wer sich selbst infiziert hat, ist krank und wird krankgeschrieben. Es gelten die normalen Regeln für die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Der Betroffene hat Anspruch auf Entgeltfortzahlung für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit bis zur Dauer von 6 Wochen. Entgeltfortzahlung wird dann geleistet, wenn die krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit alleinige Ursache für den Ausfall der Arbeitsleistung ist.

In dem Fall, dass gleichzeitig ein Beschäftigungsverbot nach § 31 Satz 2 IfSG (Infektionsschutzgesetz) angeordnet worden ist, konkurriert der Entgeltfortzahlungsanspruch des Arbeitnehmers nach § 3 EFZG mit dessen Entschädigungsanspruch infolge des Beschäftigungsverbotes nach § 56 Abs. 1 IfSG.

Arbeitgeber sollten in dem Fall prüfen, ob sie zur Entgeltfortzahlung verpflichtet sind oder ob sie eine Entschädigung erhalten.

Kann ich aus Angst vor einer Ansteckung zu Hause bleiben?

Es besteht kein Recht, präventiv zu Hause zu bleiben, um sich vor einer Ansteckung zu schützen.

Wenn es im Unternehmen zu einer Erkrankung gekommen ist, muss der Arbeitgeber aufgrund seiner Fürsorgepflicht Maßnahmen ergreifen, um ein Infektionsrisiko anderer Mitarbeiter auszuschließen.

Unternehmen sollten dazu den Betriebsarzt einbinden, Desinfektionsmittel in den Toiletten aufstellen, die Angestellten darüber aufklären, wie sie richtig ihre Hände waschen oder Mitarbeiter ins Homeoffice schicken. Im Extremfall könnte der Chef den Betrieb sogar vorübergehend aus eigenem Antrieb schließen.

Arbeitnehmer, die zu Hause bleiben, obwohl weder Homeoffice noch eine Betriebsschließung angeordnet ist, riskieren wegen unentschuldigten Fehlens eine Abmahnung oder sogar eine Kündigung und haben keinen Anspruch auf Vergütung.

Was geschieht bei einer Quarantänesituation?

Ist eine Person tatsächlich krank und wird krankgeschrieben, erhält sie eine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall.

Befindet sich der Arbeitnehmer in staatlich angeordneter Quarantäne und ist nicht mit dem Virus infiziert, bekommt er zunächst trotzdem für einen Zeitraum von sechs Wochen Geld vom Arbeitgeber im Sinne einer Entschädigung in voller Höhe des Gehalts. Der Arbeitgeber tritt in Vorleistung, ist also Auszahlstelle für den Staat (§ 56 Abs. 5 Satz 1 IfSG). Die ausgezahlten Beträge werden auf Antrag des Arbeitgebers von der zuständigen Behörde erstattet (§ 56 Abs. 5 Satz 2 IfSG). Der Arbeitgeber hat nach Beendigung der Quarantäne allerdings nur eine Frist von drei Monaten, seinen Erstattungsanspruch geltend zu machen (§ 56 Abs. 11 Satz 1 IfSG).

Wichtig ist, die staatlich angeordnete Quarantäne und die freiwillige Quarantäne (z.B Empfehlung einer Quarantäne von einer Fieberambulanz) zu unterscheiden. Bei einer freiwilligen Quarantäne wird keine Entschädigung gezahlt und es besteht auch keine Lohnfortzahlungspflicht des Arbeitgebers. Ob die Quarantäne staatlich angeordnet ist, oder es sich nur um eine freiwillige Quarantäne handelt, ist im Wege der Auslegung zu ermitteln.

Auch Selbstständige bekommen eine Entschädigungszahlung. Sie beträgt ein Zwölftel des Arbeitseinkommens des letzten Jahres vor der Quarantäne. Laut § 56 Absatz 4 IfSG erhalten Selbständige, die einen Betrieb oder eine Praxis haben, zudem von der zuständigen Behörde Ersatz der in dieser Zeit weiterlaufenden nicht gedeckten Betriebsausgaben in angemessenem Umfang.

Kann ein Arbeitnehmer in Quarantäne dazu verpflichtet werden, im Homeoffice zu arbeiten?

Grundsätzlich kann der Arbeitnehmer wegen des aus § 106 S. 1 GewO (Gewerbeordnung) folgenden Direktionsrechts dazu verpflichtet werden, im Homeoffice zu arbeiten. Die dazu notwendige technische Ausstattung muss der Arbeitgeber ihm stellen. Da sich der Umfang des Direktionsrechts in erster Linie nach dem Inhalt des Arbeitsvertrages richtet, ist dies anders, wenn der Arbeitsvertrag eine eindeutige Festlegung des Arbeitsorts oder der Arbeitstätigkeit enthält (z.B Mitarbeiterin an der Zentrale in Koblenz). Dann kann der Arbeitnehmer nicht zu einer anderen Tätigkeit im Homeoffice verpflichtet werden.

Welche Rechte haben berufstätige Eltern, wenn Kindergärten oder Schule plötzlich geschlossen werden und sie ihr Kind betreuen müssen?

Arbeitnehmer können in diesem Fall für eine nicht erhebliche Zeit zu Hause bleiben, um ihre Kinder zu betreuen.

§ 616 BGB normiert den Grundsatz, dass, wer ohne eigenes Verschulden und aus einem persönlichen Grund eine nicht erhebliche Zeit verhindert ist und nicht zur Arbeit kommen kann, sein Gehalt vorerst weitergezahlt bekommt. Das Gesetz legt keine feste Anzahl von Tagen fest, bis zu denen das Gehalt weitergezahlt werden muss.

Die überwiegende Meinung in der Literatur geht davon aus, dass das Gehalt für ein Zeitraum von fünf Tagen weiterzuzahlen ist. Ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung besteht aber nur dann, wenn (und nicht „soweit“) der Arbeitnehmer vorübergehend verhindert ist. Wird z.B. die Schließung des Kindergartens sogleich für zwei Wochen erklärt, besteht überhaupt kein Anspruch nach § 616 BGB, ohne dass es auf die anderen Voraussetzungen der Norm ankommt.

Wichtig ist, zu kontrollieren, ob die Anwendung von § 616 BGB im Arbeitsvertrag wirksam ausgeschlossen ist und der Arbeitgeber dann keine Entgeltfortzahlung nach dieser Vorschrift leisten muss.

Arbeitnehmer sollten versuchen, eine Lösung mit dem Arbeitgeber zu finden, um zusätzlich Überstunden abzubauen oder kurzfristig Urlaub nehmen zu können.

Was ist, wenn ich im Ausland festsitze?

Diese Frage stellen sich nicht nur die deutschen Touristen, die im Hafen von Yokohama auf ihrem Kreuzfahrtschiff gefangen sind. Auch Juristen tun sich schwer damit, eine eindeutige Antwort zu finden.

Die Beantwortung dieser Frage ist nicht ganz klar. Das Infektionsschutzgesetzes kommt wegen des Territorialitätsprinzips wohl nicht zur Anwendung, sodass kein Anspruch auf eine Entschädigung besteht.

Teilweise wird auch hier die Regelung in § 616 BGB angewendet. Unumstritten ist die Anwendung dieser Regelung aber nicht. Wer im Ausland festsitzt und daher seine Arbeitsleistung nicht erbringen kann, hat jedenfalls keinen Lohnanspruch gegen seinen Arbeitgeber.

Sie haben Fragen? Ich stehe Ihnen gerne mit Rat und Tat zur Seite!

Rechtsanwältin Janina Delius
Foto: caspers mock Rechtsanwälte

Rechtsanwältin Janina Delius

  • Arbeitsrecht

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