Rhein-Hunsrück. Die CDU-Kreistagsfraktion fordert die Landesregierung auf, das Raumordnungsverfahren zur Realisierung der Mittelrheinbrücke zügig zu beginnen. „Der Königsweg ist aufgezeigt: Der gordische Knoten kann jetzt von Minister Wissing durchschlagen werden. Er kann die Planungen nun gesichtswahrend durch das Land auf den Weg bringen“, macht der Vorsitzende der CDU-Kreistagsfraktion, Wolfgang Wagner, deutlich.
Scharfe Kritik äußern die Christdemokraten an der jüngsten Aussage des Wirtschaftsstaatssekretärs Becht. „Wenn Wissings Staatssekretär jetzt plötzlich sagt, die Mittelrheinbrücke als Landesprojekt sei für die Landesregierung nur eines von 400 weiteren Projekten im Land, ist das ein Schlag ins Gesicht aller Menschen im Mittelrheintal. Offenbar ist dem Minister die Mittelrheinbrücke jetzt auf einmal nicht mehr wichtiger als jede x-beliebige Landesstraße“, kritisiert Wagner. Grund für diese deutlichen Aussagen sind die Ergebnisse des Gutachtens des Wissenschaftlichen Dienstes des Landtages. Danach ist ein Raumordnungsverfahren durch das Land auch ohne vorherige Festlegung des Trägers möglich. „Es ist schon merkwürdig: Warum tut Minister Wissing wirklich alle Ergebnisse aller unabhängiger Gutachter als Unsinn ab? Warum weigert er sich so beharrlich, die Mittelrheinbrücke selbst zu planen?“, fragt der stellvertretende CDU-Fraktionsvorsitzende, Wolfgang Spitz.
Union beharrt auf Landesprojekt
Denn nach Rechtsgutachten des Juristen Prof. Spannowsky und des eigens von Minister Wissing um Prüfung gebetenen Rechnungshofes handelt es sich bei der Mittelrheinbrücke um ein Landesprojekt. Und auch ein Raumordnungsverfahren durch das Land ohne vorherige Festlegung des Trägers ist nach rechtlicher Prüfung des Wissenschaftlichen Dienstes des Landtages möglich. Damit widerlegt nun insgesamt das dritte Gutachten unabhängiger Prüfer die Aussagen der Landesregierung. „Minister Wissing hat in den letzten Wochen immer wieder versucht, die Schuld anderen in die Schuhe zu schieben. Dabei zeigen die Gutachten eindeutig: SPD und FDP können den Menschen im Tal jetzt zeigen, dass es ihnen mit den jahrzehntelangen Bekenntnissen ernst ist. Sonst niemand“, so der stellvertretende CDU-Fraktionsvorsitzende, Thomas Bungert. „Jedenfalls ist klar: Rechtliche Aspekte stehen der Landesregierung nun nicht mehr entgegen.“ Nach den eindeutigen Ergebnissen auch des dritten Gutachtens weisen die Christdemokraten die Kritik aus dem Rhein-Lahn-Kreis zurück. „Wir verwahren uns gegen beleidigende Stellungnahmen und Leserbriefe aus dem Rhein-Lahn-Kreis“, zeigt sich Wolfgang Wagner unbeeindruckt. „Wir brauchen keine Belehrungen von der rechten Rheinseite, wenn es um das Geld des Rhein-Hunsrück-Kreises geht.“ Der CDU-Fraktionschef verweist dabei auf die desolate Finanzlage des Rhein-Lahn-Kreises. Dem rechtsrheinischen Kreis wurde trotz bester wirtschaftlicher Lage der Haushalt für das Jahr 2017 aufgrund massiver Verschuldung vom Land nicht genehmigt. „Der Rhein-Lahn-Kreis wäre bei einer kommunalen Brücke doch ohnehin finanziell heillos überfordert. Wenn wir für eine Landesbrücke kämpfen, kämpfen wir auch für den Rhein-Lahn-Kreis und den tatsächlichen Bau der Mittelrheinbrücke“, macht Wagner deutlich.
Mit Blick auf die drei Rechtsgutachten, wonach sich die Mittelrheinbrücke um eine Landesstraße handelt und eine ergebnisoffene Planung durch das Land möglich ist, sehen die Christdemokraten auch ein kommunales Raumordnungsverfahren als endgültig erledigt an. „Das Land ist nun in der Pflicht: Wir erwarten von der Landesregierung, dass sie die Planungen beginnt und die Realisierung der Mittelrheinbrücke mit höchster Priorität vorantreibt“, erklären Wagner und Bungert.
Landrat Marlon Bröhr kommentiert auf Anfrage auch den jüngsten Vorschlag des Europa-Abgeordneten Norbert Neuser, der angeregt hatte, das Land solle seine zugesagte finanzielle Förderung von 80 auf 90 Prozent aufstocken, damit Bröhr und die Rhein-Hunsrücker CDU doch noch auf ein kommunales Projekt einschwenken (wir berichteten). „Der Vorschlag von Herrn Neuser ändert nichts an der jetzigen Situation und lässt völlig außer Acht, dass die Gutachten von Professor Spannowsky und dem Landesrechnungshof festgestellt haben, dass es sich bei der Mittelrheinbrücke um eine Landesbrücke handelt. Darin wird auch festgestellt, dass es keine Kreisbrücke sein darf.“ Für Bröhr ist es nicht zielführend, sich weiterhin mit Förderquoten zu beschäftigen, die das Land den Kommunen gewährt. „Das Land ist selbst zuständig und muss einfach beginnen.“
Zuschusshöhe ohne Belang
Für Bröhr macht es keinen Unterschied, ob das Land 80 oder 99 Prozent der Kosten beisteuert. „Die Brücke wird für mich erst wieder zu einem kommunalen Projekt, wenn ein Planfeststellungsverfahren dies definiert. Natürlich würde ich dies akzeptieren, und dann wären 90 Prozent Förderung durch das Land eine Größenordnung, die für den Rhein-Hunsrück-Kreis den Bereich des Realisierbaren bedeuten würde. Aber mit einer solchen Entscheidung ist nach meiner Einschätzung frühestens in sieben Jahren zu rechnen“, will heißen: Wenn ein Gericht feststellen sollte, dass die Trägerschaft auf Seiten der Landkreise Rhein-Lahn und Rhein-Hunsrück liegen muss.
Der Landrat hält einen weiteren Aspekt des Gutachtens vom Wissenschaftlichen Dienst für interessant, nämlich „die Erkenntnis des Wissenschaftlichen Dienstes, dass die Mittelrheinbrücke offenbar keinen der Tatbestände, welche für ein Raumordnungsverfahren zwingend erforderlich sind und in Paragraf 1 RoV benannt sind, erfüllt“. Demnach sei ist für die Mittelrheinbrücke nur dann ein Raumordnungsverfahren durchzuführen, wenn die rheinland-pfälzische Landesplanungsbehörde dies für erforderlich hält. „Das kann sie nur, wenn Sie die Auffassung vertritt, dass die Mittelrheinbrücke ein raumbedeutsames Vorhaben ist und von überörtlicher Bedeutung! (Paragraf 15 Abs. 1 Satz 1 und 2, ROG bzw. Paragraf 17 Abs. 1 LPLG)“, schlussfolgert Bröhr und ergänzt: „Wenn das Raumordnungsverfahren also die überörtliche Bedeutung implizit bestätigt, stellt sich die Frage, warum immer der Eindruck erweckt wird, es handele sich bei der Mittelrheinbrücke um eine Querungshilfe zwischen St. Goar und St. Goarshausen.“ vb/tor