Rheinland-Pfalz

Trennungslinie verwässert

Gustav Herzog (SPD) wird der Papstrede fernbleiben.
Gustav Herzog (SPD) wird der Papstrede fernbleiben. Foto: Rena Lehmann

Ich freue mich, dass Papst Benedikt XVI. nach Deutschland kommt. Ich begrüße den Dialog des Oberhauptes der Katholiken mit der evangelischen Kirche und anderen Religionen und nehme zur Kenntnis, dass der Papst auf Einladung des Bundestagspräsidenten auch im Plenum des Deutschen Bundestages spricht.

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Rheinland-Pfalz – Ich freue mich, dass Papst Benedikt XVI. nach Deutschland kommt. Ich begrüße den Dialog des Oberhauptes der Katholiken mit der evangelischen Kirche und anderen Religionen und nehme zur Kenntnis, dass der Papst auf Einladung des Bundestagspräsidenten auch im Plenum des Deutschen Bundestages spricht.

Warum ich trotzdem der Rede fernbleibe? Jedem gewählten Abgeordneten steht es frei, ins Plenum zu gehen oder nicht. In der Vergangenheit bin ich auch nie danach gefragt worden, ob ich bei Debatten oder den Reden besonderer Gäste im Plenum war. Was ist besonders an dem Besuch von Papst Benedikt? Er ist der erste Religionsvertreter, der im Zentrum der staatlichen Demokratie der Bundesrepublik Deutschland spricht. Nach meiner Auffassung wird damit die staatliche Neutralitätspflicht in weltanschaulichen Fragen verletzt.

Im Plenum haben bereits einige Staatspräsidenten und Regierungschefs anderer Nationen gesprochen, und sie waren nicht alle in der Qualität ihrer demokratischen Legitimation über alle Zweifel erhaben. Sie kamen aber als Vertreter eines Staates, nicht als Vertreter einer religiösen Weltanschauung. Das Argument der Befürworter der Rede des Papstes, er sei das Staatsoberhaupt der Vatikanstadt, halte ich nur formal, nicht inhaltlich für ein haltbares Argument. Die weltweite Bedeutung des Papstes resultiert schließlich nicht aus der Tatsache, dass er, staatsrechtlich gesehen, der absolute Monarch einer Enklave von 0,44 Quadratkilometern auf römischem Gebiet ist.

In der bisherigen Berichterstattung wird oft behauptet, allein die Atheisten und die Laizisten würden der Rede fernbleiben. Ich bin als evangelischer Christ weder das eine noch das andere. Mein Fernbleiben ist also eine persönliche Positionierung. Unabhängig von den Inhalten der Rede oder der Politik des Papstes geht es mir um die besondere Symbolik dieser Rede im Plenum des Deutschen Bundestages: Die Trennungslinie zwischen Staat und Kirche wird verwässert. Bischof Robert Zollitsch hat in einem Interview mit dem „Focus“ behauptet: „Die demokratische Grundeinstellung unserer Abgeordneten wird sich an deren Präsenz im Bundestag während der Rede zeigen.“ Diesen Vorwurf weise ich als überzeugter Demokrat mit aller Vehemenz und Empörung zurück. In meiner demokratischen Grundhaltung brauche ich keine Belehrung durch Vertreter der katholischen Kirche.

Außerhalb des Plenums würde ich im Übrigen gern mit dem Papst über den Gebrauch von Kondomen zum Schutz vor HIV sprechen, nach der Barmherzigkeit für wieder verheiratete Geschiedene in Verbindung mit ihrem Arbeitsplatz bei kirchlichen Einrichtungen fragen und mehr Offenheit beim Aufarbeiten der Missbrauchsfälle einfordern.

Gustav Herzog ist Sprecher der SPD-Landesgruppe Rheinland-Pfalz im Bundestag