Berlin

Schwieriges Heimspiel für den Papst

"Wir sind Papst" - die mittlerweile legendäre Schlagzeile mag auf viele Deutsche zutreffen, aber längst nicht auf alle. Je nach Region können viele Deutsche gar nichts mit dem Besuch des Kirchenoberhaupts anfangen. Vor allem in Ostdeutschland sind Katholiken rar gesät.
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"Wir sind Papst" - die mittlerweile legendäre Schlagzeile mag auf viele Deutsche zutreffen, aber längst nicht auf alle. Je nach Region können viele Deutsche gar nichts mit dem Besuch des Kirchenoberhaupts anfangen. Vor allem in Ostdeutschland sind Katholiken rar gesät. Foto: dpa

Politische Rede im Bundestag – fromme Marienvesper im Eichsfeld. Christliche Minderheit in Ostdeutschland – traditionell katholische Region im Südwesten: Wenn Papst Benedikt XVI. heute zu seinem ersten offiziellen Besuch nach Deutschland kommt, trifft er auf ganz unterschiedliche gesellschaftliche und kirchliche Situationen.

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Berlin – Politische Rede im Bundestag – fromme Marienvesper im Eichsfeld. Christliche Minderheit in Ostdeutschland – traditionell katholische Region im Südwesten: Wenn Papst Benedikt XVI. heute zu seinem ersten offiziellen Besuch nach Deutschland kommt, trifft er auf ganz unterschiedliche gesellschaftliche und kirchliche Situationen.

Berlin gilt manchen als Hauptstadt des Atheismus; seine kirchenkritische Szene will dafür sorgen, dass der Besuch kein Heimspiel für den Papst wird. Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) betont dennoch, es sei ein Vorurteil, dass Berlin heidnisch und nicht christlich sei. Vertreter der katholischen Kirche bescheinigten dem rot-roten Senat zuletzt „ein gepflegtes Desinteresse“ an religiösen Fragen. Politische Turbulenzen gab es beim Volksentscheid „Pro Reli“ zur Gleichstellung des Religionsunterrichts, doch die Wogen haben sich wieder geglättet. Anfang 2011 startete der Senat eine Dialoginitiative mit Vertretern der 250 Religionsgemeinschaften. Auch Wowereit bescheinigte ihnen, viel zur Weltoffenheit der Metropole beizutragen.

Das Erzbistum umfasst aber viel mehr als Berlin, es erstreckt sich von Rügen im Norden bis an die Grenze Sachsens und ist flächenmäßig das zweitgrößte Bistum der Bundesrepublik. Vergleichsweise klein ist dagegen die Zahl der Katholiken: Es sind rund 390 000, davon 314 000 in Berlin. Intern machte das Hauptstadtbistum einen erheblichen Wandel durch. Nach der Wende musste der im Juni gestorbene Kardinal Georg Sterzinsky nicht nur Gemeinden und Mentalitäten zusammenführen. Es galt, das hoch verschuldete Erzbistum zu sanieren. Auch für Nachfolger Rainer Maria Woelki bleiben die finanziellen Spielräume eng. Das Erzbistum profitiert allerdings vom Zuzug Tausender Katholiken, den der Regierungsumzug mit sich brachte.

Auch im Bistum Erfurt sind die Katholiken zumeist nur eine kleine Minderheit. In der Landeshauptstadt selbst begegnet der Papst einem Christentum, das im Widerstand gegen das SED-Regime konfessionelle Grenzen überwand. Im Eichsfeld trifft er dagegen auf einen volkskirchlichen Katholizismus, wie es ihn sonst fast nur in den alten Bundesländern gibt. Bischof Joachim Wanke ermutigt die 156 000 Katholiken seines Bistums, auch als 8-Prozent-Minderheit die Chancen der freiheitlichen Gesellschaft für ein missionarisches Christsein anzunehmen. Wanke machte Erfurt zu einem pastoralen Experimentierfeld, dessen Modelle auch außerhalb aufgegriffen werden – etwa Christmetten, die auf „kirchenungewohnte“ Teilnehmer Rücksicht nehmen, oder christlich geprägte Feiern der Lebenswende als Alternative zur atheistischen Jugendweihe.

Das Erzbistum Freiburg zählt dagegen zu den stark christlich geprägten Regionen Deutschlands. Von 10,8 Millionen Baden-Württembergern gehören 3,9 Millionen zur katholischen und 3,5 Millionen zur evangelischen Kirche. Seit 2008 steht Freiburg besonders im innerkatholischen Rampenlicht, da Erzbischof Robert Zollitsch Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz ist. Seitdem ist der 73-Jährige einerseits Stimme der deutschen Katholiken. Andererseits steht er der zahlenmäßig zweitgrößten Diözese vor. Gewicht erhält Freiburg auch als Sitz des größten deutschen Sozialverbands: des Deutschen Caritasverbandes. Dabei ist auch im Südwesten ein Rückgang von Katholiken und Gottesdienstbesuchern zu beobachten. Darauf versucht das eher liberale Freiburg unter anderem mit größeren Seelsorgeeinheiten, neuen Aufgaben für Laientheologen und Nichtpriester zu reagieren.

Großes Gewicht legen die Kirchen im Südwesten auf ökumenische Kontakte: Nach den Worten von Badens evangelischem Landesbischof Ulrich Fischer ticken die ökumenischen Uhren dort anders – besser, harmonischer. Ein Sinnbild der ökumenischen Partnerschaft ist die vor wenigen Jahren gebaute Betonkirche in Freiburgs neuem Stadtteil Rieselfeld mit evangelischem und katholischem Gotteshaus unter einem Dach. Die mobilen Wände können für gemeinsame Gottesdienstfeiern geöffnet werden.

Von Heinrich Meier