Warschau

Bronislaw Komorowski: Proeuropäischer Graf mit deutschen Kontakten

Bronislaw Komorowski
Bronislaw Komorowski Foto: dpa

Bronislaw Komorowski wollte eigentlich erst im Herbst das Präsidentenamt im Zweikampf gegen Lech Kaczynski erstreiten. Nach dem tragischen Tod seines Kontrahenten bei einem Flugzeugabsturz in Russland fiel dem rechtsliberalen Politiker das höchste Staatsamt zunächst aber kampflos in die Hände. Als Parlamentspräsident musste er kommissarisch die Geschäfte des Staatsoberhauptes übernehmen. Seit dem 10. April versucht Komorowski, die Pflichten des Parlamentschefs und des Interimspräsidenten mit dem Wahlkampf in Einklang zu bringen – nicht immer mit Erfolg.

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Warschau – Bronislaw Komorowski wollte eigentlich erst im Herbst das Präsidentenamt im Zweikampf gegen Lech Kaczynski erstreiten. Nach dem tragischen Tod seines Kontrahenten bei einem Flugzeugabsturz in Russland fiel dem rechtsliberalen Politiker das höchste Staatsamt zunächst aber kampflos in die Hände. Als Parlamentspräsident musste er kommissarisch die Geschäfte des Staatsoberhauptes übernehmen. Seit dem 10. April versucht Komorowski, die Pflichten des Parlamentschefs und des Interimspräsidenten mit dem Wahlkampf in Einklang zu bringen – nicht immer mit Erfolg.

Der bodenständige „Bronek“ gilt als ein Vertrauter von Ministerpräsident Donald Tusk. Dem Regierungschef verdankt der 58- Jährige übrigens seine Nominierung – nur weil Tusk auf die Bewerbung verzichtet hatte, bekam Komorowski die Chance, als Kandidat der Regierungspartei Bürgerplattform PO ins Rennen zu gehen. Wie Tusk sieht auch Komorowski den Schwerpunkt polnischer Außenpolitik nicht in Amerika, sondern in der EU. Deutschland und Frankreich spielen in diesem Konzept eine Schlüsselrolle. Seine erste Auslandsreise als Staatschef werde ihn nach Brüssel, Paris und Berlin führen, kündigte Komorowski an. In der Innenpolitik will er „versöhnen statt spalten“. Sein Wahlspruch lautet: „Eintracht baut auf.“

Ein baltischer Graf

Komorowski stammt aus einem aus Litauen vertriebenen Grafengeschlecht. Vielleicht deshalb bemühte er sich jüngst auch intensiv um die Beilegung des Streits mit Berlin über das Dokumentationszentrum gegen Vertreibungen. Die deutsch-polnische Annäherung gehört seit langer Zeit zu seinen politischen Schwerpunkten. Regelmäßige Kontakte zu Bundestagspräsident Norbert Lammert sind inzwischen für Komorowski Routine. Die Aussöhnung zwischen Polen und Deutschen halte er für die größte Errungenschaft der demokratischen Bewegung um die Gewerkschaft „Solidarnosc“, schrieb er in seiner Autobiografie.

Die politischen Wurzeln des am 4.6.1952 in Oborniki Slaskie bei Breslau geborenen Politikers liegen in der demokratischen Opposition gegen das kommunistische Regime. 1979 landete er nach einer illegalen patriotischen Demonstration erstmals im Gefängnis. Der streitbare Regimekritiker mit Historiker-Diplom engagierte sich 1980 in der Gewerkschaft „Solidarnosc“. Nach der Verhängung des Kriegsrechts durch General Wojciech Jaruzelski 1981 verbrachte er fast ein Jahr in einem Internierungslager. Danach belegten ihn die Kommunisten mit einem Berufsverbot. Den Unterhalt für seine Frau Anna und fünf Kinder verdiente er mit Vorlesungen am theologischen Seminar bei Warschau.

Radikaler Antikommunist

Als radikaler Antikommunist war Komorowski zunächst gegen den Dialog mit der Staatsmacht am „Runden Tisch“ 1989. Nach dem demokratischen Umbruch akzeptierte er aber den friedlichen Übergang. Seitdem baut er langsam aber konsequent seine Macht aus.

In den vergangenen 20 Jahren spezialisierte er sich unter anderem auf Sicherheits- und Verteidigungsfragen. Zwischen 1990 und 1993 war er als erster Zivilist Vize-Verteidigungsminister Polens, später stand er dem Verteidigungsausschuss im Parlament vor und leitete in den Jahren 2000-2001 das Verteidigungsressort. Seit Herbst 2007 war Komorowski Präsident des Abgeordnetenhauses.

Wegen seines Hobbys, der Jagd, wurde er von Tierschützern heftig angefeindet. Angesichts der Proteste wolle er nur noch mit einem Fotoapparat auf die Pirsch gehen, beruhigte Komorowski seine Kritiker. Prompt sprachen Jägervereine von „Verrat“.

Jacek Lepiarz (dpa)