Rheinland-Pfalz
Zahl der Aufnahmen in rheinland-pfälzische Psychiatrie steigt

Rheinland-Pfalz - Drogenabhängigkeit, Depressionen, Schizophrenie: Immer mehr Menschen werden in der Psychiatrie behandelt. Experten sehen unterschiedliche Ursachen für diese Entwicklung.

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Rheinland-Pfalz – Drogenabhängigkeit, Depressionen, Schizophrenie: Immer mehr Menschen werden in der Psychiatrie behandelt. Experten sehen unterschiedliche Ursachen für diese Entwicklung.

In Rheinland-Pfalz steigt die Zahl der Aufnahmen in psychiatrische Kliniken. Kamen 2001 rund 43 000 Patienten wegen psychischer Erkrankungen ins Krankenhaus, waren es 2009 bereits mehr als 55 000, wie ein Sprecher des Statistischen Landesamts in Bad Ems mitteilte. Vor allem in den Jahren 2004, 2006 und 2007 ist die Zahl der Aufnahmen stark gestiegen.

Experten sehen für diese Entwicklung verschiedene Gründe. Spätestens seit dem Tod des Fußballtorwarts Robert Enke sei das öffentliche Bewusstsein für psychische Erkrankungen wie Depressionen gestiegen. Dadurch seien mehr psychisch Kranke bereit, sich behandeln zu lassen.

Aber auch eine immer kürzer werdende Liegedauer der Patienten in der Klinik lasse die Zahlen steigen, erklärt Prof. Klaus Lieb, Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universitätsmedizin MAINZ. „Je kürzer die stationäre, psychische Behandlung, desto höher die Gefahr eines Rückfalls und damit die Notwendigkeit einer Wiederaufnahme.“

Das bedeute, dass zum Beispiel Suchtkranke zwar kürzer in der Klinik blieben, dafür aber häufiger wiederkämen. In diesen Fällen hält Lieb eine Langzeitbehandlung für sinnvoller, da das Rückfallrisiko so verringert werde. Als Hauptgründe für die Aufnahme in eine psychiatrische Klinik nannte er Alkohol- und Drogenabhängigkeit, Schizophrenie und Depressionen.

Zugenommen habe in den vergangenen Jahren vor allem die Zahl älterer Menschen, die wegen psychischer Krankheiten wie Demenz stationär behandelt werden mussten. Dies erklärt der Professor vor allem durch die allgemeine Alterung der Gesellschaft.

Eine steigende Nachfrage bei immer kürzerer Liegedauer: Diesen Trend sieht auch Prof. Reinhard Steinberg, ärztlicher Direktor des Pfalzklinikums in KLINGENMÜNSTER. Hauptgrund für die wachsenden Aufnahmezahlen sei aber ein anderer.

„Nicht die Krankheiten nehmen zu, sondern die Bereitschaft sich helfen zu lassen.“ Er führt diese positive Entwicklung vor allem auf die Arbeit des „Bündnisses gegen Depressionen“ zurück, in dem Ärzte und Betroffene über die Krankheit informieren.

Den zwischenzeitlich starken Anstieg der Fälle sieht er als statistische Schwankung an – selbst nach der Wirtschaftskrise seien die Zahlen nicht signifikant angestiegen, sagte Steinberg.

Insgesamt stellt er jedoch eine immer größere Nachfrage nach stationären Behandlungen fest, die die Kliniken langsam an ihre Grenzen brächten. „Wir haben eine ständige Überbelegung“, teilte er mit. Darum werde nun der Ausbau ambulanter Behandlungsangebote verstärkt. Hauptgrund für eine stationäre Behandlung sind nach den Worten von Steinberg Süchte und Abhängigkeiten, vor allem Alkoholabhängigkeit.

In MAINZ bestätigt sich der landesweite Trend, wie Sprecher Ralf Peterhanwahr mitteilte. Im Jahr 2008 musste das Ordnungsamt allein in der Landeshauptstadt 709 Menschen in die Psychiatrie einweisen. 2009 waren es schon 819 und auch 2010 werden die Zahl weiter steigen, wie der Sprecher erklärte.

„Damit befindet sich die Stadt Mainz generell auf einem hohen Niveau mit moderatem Anstieg.“ Er erklärt das hohe Niveau der Einweisungen damit, dass Mainz eine Studentenstadt sei und es häufiger zu Einweisungen wegen Drogen- oder Alkoholmissbrauchs komme. Trotzdem sei die Zahl der Einweisungen nicht besorgniserregend.

Die Kreisverwaltung ALZEY-WORMS teilte mit, dass es eine immer größere Nachfrage nach stationärer psychiatrischer Behandlung gebe. Im Kreis BAD KREUZNACH hingegen habe sich die Zahl der als auffällig psychisch krank gemeldeten Menschen nicht signifikant erhöht, wie Astrid Köhler von der Unterbringungsbehörde mitteilte. In den vier Jahren von 1995 bis 1999 waren 409 Menschen als auffällig psychisch krank beim Ordnungsamt gemeldet, im Zeitraum von 2000 bis 2003 waren es 493 Menschen – obwohl der Zeitraum nur drei Jahre beträgt.

„Diese Menschen landen allerdings nicht alle in der Psychiatrie“, sagte Köhler. Insgesamt könne sie keinen bemerkenswerten Anstieg der Fälle erkennen.

In TRIER gab es im vergangenen Jahr 501 Einsätze im Zusammenhang mit auffälligen psychisch kranken Menschen. Daran beteiligt waren der Kommunale Vollzugsdienst des Ordnungsamtes, die Polizei oder beide, teilte die Stadt Trier mit.

Die Fallzahl habe sich über die vergangenen Jahre nicht wesentlich geändert: 2009 waren es 583 Ereignisse, die erfasst wurden, 2008 standen 494 in der Statistik, ein Jahr zuvor waren es 512. Der Leiter des Kommunalen Vollzugsdienstes schätzt, dass es in Trier in den vergangenen Jahren zu keiner spürbaren Erhöhung der Fallzahlen kam.

Von Mathias Birsens

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