Im Rodder-Maar-Prozess sind am Koblenzer Landgericht weitere Zeugen gehört worden. Sie beschrieben den 41-jährigen Angeklagten als gewalttätigen Trinker, der nach zu viel Alkohol nicht selten die Beherrschung verliere und die Fäuste fliegen lasse. Besonders auffällig sei dabei, dass die Ausbrüche meist unberechenbar, quasi von jetzt auf gleich passierten – als sei ein Schalter umgelegt worden.
„Wenn der getankt hat, war am besten nicht diskutieren angesagt“, sagte ein Zeuge am Landgericht. Und fügte an, dass der 41-Jährige manchmal akustische Halluzinationen gehabt habe. „Weil er auf einmal Sachen gehört hat, die nicht da waren.“ Ein Kneipier aus dem Raum Bad Breisig bestätigte als Zeuge, dass der Angeklagte für Gewaltausbrüche bekannt sei: „Man weiß ja, dass er früher mal zugelangt hat.“
Die Anklagevorwürfe
Die Staatsanwaltschaft wirft dem 41-Jährigen und einer 51-Jährigen am Landgericht gemeinschaftlichen Mord in zwei Fällen und gemeinschaftlichen Raub mit Todesfolge vor. Die Angeklagten sollen zur Tatzeit im Oktober 2024 ein Paar gewesen sein. Die Taten sollen unter anderem heimtückisch und aus Habgier begangen worden sein. Das 61-jährige Opfer aus der Pfalz soll an Schizophrenie erkrankt und davon überzeugt gewesen sein, vermögend zu sein. Dieser Irrglaube soll dem Mann laut Staatsanwaltschaft das Leben gekostet haben. Er soll der 51-jährigen Angeklagten von dem Geld berichtet – und die Frau später gemeinsam mit dem 41-Jährigen Pläne geschmiedet haben, wie sie an das Geld gelangen können. Sie sollen den Mann Mitte Oktober 2024 in Bad Breisig im Haus der 51-Jährigen mit einem Vorschlaghammer getötet haben.
Dem 28-jährigen Opfer aus dem Kreis Altenkirchen soll laut Staatsanwaltschaft eine Abmachung mit der 51-jährigen Angeklagten zum Verhängnis geworden sein. Demnach sollte er die Erdgeschosswohnung des Hauses der Frau in Bad Breisig sanieren – und diese im Gegenzug später übertragen bekommen. Die Angeklagten wollten dies laut Staatsanwaltschaft jedoch verhindern. Weshalb sie den 28-Jährigen – einige Tage nach der ersten Tötung – in Bad Breisig im Haus der 51-Jährigen erschlagen haben sollen. Die Tatwaffe soll dieses Mal ein Fäustel gewesen sein. Der 41-jährige Angeklagte behauptet im Prozess, die Männer allein getötet zu haben: Das 61-jährige Opfer habe ihn beleidigt, der 28-Jährige Pfusch betrieben. Die Leichen der zwei Männer waren am Morgen des 20. Oktober 2024 von einer Spaziergängerin am Rodder Maar gefunden worden – sie waren bis zur Unkenntlichkeit verbrannt.
„Ich würde dich von oben bis unten aufschlitzen – und dich ausbluten lassen.“
Das will ein Zeuge zu der Angeklagten gesagt haben
Ein Zeuge, der aufgrund einer persönlichen Krise eine Weile in dem Haus der 51-jährigen Angeklagten in Bad Breisig untergekommen war, sagte jetzt am Landgericht aus, dass die Frau die Gutmütigkeit des 28-jährigen Westerwälders ausgenutzt habe. Die 51-Jährige habe sich gegenüber dem jungen Handwerker unmöglich verhalten, sei für Notartermine nie greifbar gewesen – und habe im Grunde immer bloß Geld von dem 28-Jährigen gewollt.
Der Zeuge will die Frau später auch mit seinen Beobachtungen konfrontiert und ihr gesagt haben, dass er sich von ihr niemals so behandeln lassen würde. „Ich würde dich von oben bis unten aufschlitzen – und dich ausbluten lassen.“ Diesen Satz will der Zeuge damals so zu der 51-Jährigen gesagt haben. Er gab dies offen am Landgericht zu Protokoll. Das sei damals sein „O-Ton“ gewesen – und er stehe dazu.
Als Kind mit Wodka ruhiggestellt?
Der 41-jährige Angeklagte machte am Landgericht Angaben zu seiner Biografie. Er sei 1984 in Polen geboren und bereits als Kind mit Wodka ruhiggestellt worden. „Damit die Erwachsenen Spaß haben können, die Kinder schlafen.“ Mit 13 habe er wochenends mit dem Biertrinken angefangen, später sei Wodka hinzugekommen. Er und seine Mutter seien vom Vater grün und blau geschlagen worden, sagte der 41-Jährige. Seine Mutter habe sich umgebracht, was er nie verkraftet habe. Seine Trinkerei sei mit den Jahren immer schlimmer geworden, irgendwann habe er Schweißausbrüche und zitternde Hände bekommen.
Einer der Verteidiger des 41-jährigen Angeklagten, Gerhard Prengel, hatte einen Beweisantrag im Prozess gestellt: Ein Bausachverständigengutachten müsse eingeholt werden. Dieses könne aufzeigen, dass der 28-jährige Westerwälder in dem Haus in Bad Breisig gepfuscht habe, was zu dem tödlichen Streit geführt habe, hieß es sinngemäß. Dieser Antrag ist nun von der Kammer um Richter Rupert Stehlin zurückgewiesen worden. Das Beweisthema sei ohne Bedeutung, hieß es. In der Begründung erklärte Stehlin, dass die Strafkammer nach vorläufiger Würdigung eine spontane Impulsivität wegen Verärgerung des Angeklagten über Baumaßnahmen nicht als Motiv annehme.
Nach Ferienhäusern recherchiert
Die Kammer tendiere vielmehr zu der Annahme, dass es bei der Tötung des 28-Jährigen um die Beschaffung von materiellen und finanziellen Mitteln für eine Flucht gegangen sei. Denn für ein Abtauchen brauche man Geld und ein Auto, hieß es sinngemäß. Auch laut Staatsanwaltschaft sollen die Angeklagten es auf das Auto des 28-jährigen Westerwälders abgesehen haben. Was laut dem Richter die derzeitige Annahme der Kammer stütze: Die 51-jährige Angeklagte sei schon einmal mit dem 41-Jährigen auf der Flucht gewesen; die Angeklagten hätten den Pkw des 28-Jährigen nach dessen Tod wirklich genutzt; die 51-jährige Angeklagte habe als Katzenhalterin nach Tierheimen – und auch nach Ferienhäusern recherchiert.

Angeklagte beim Hieven der Leichen ins Auto beobachtet?
Der Vater des 28-jährigen Rodder-Maar-Opfers schafft es seit der Schreckensnachricht vom Tod seines Sohnes einfach nicht mehr, seine kreisenden Gedanken abzustellen. Psychologen halfen auch nicht, wie er jetzt im Landgericht Koblenz berichtete.